Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vereine kehren Christkindlesmarkt den Rücken
Protest nach Verlängerung um drei Tage: „Das ist für uns eine Katastrophe“
RAVENSBURG - Drei Tage länger als vorgesehen wird in diesem Jahr der Ravensburger Christkindlesmarkt dauern. Nach einer kontroversen Debatte hat sich auf Wunsch der Stadt und des Handels der Verwaltungsausschuss auf diese Regelung festgelegt. Für die Vereine, die traditionell mit ihren ehrenamtlich betriebenen Ständen einen guten Teil des MarktCharmes ausmachen, ist das eine enorme Belastung. Die ersten Clubs sagen, dass sie den Aufwand personell nicht mehr stemmen können, und wollen sich künftig nicht mehr am Christkindlesmarkt beteiligen.
„Der EV Ravensburg hat sich schweren Herzens bereits in den letzten Jahren vom Christkindlesmarkt verabschiedet“, sagt dessen Vorsitzender Winfried Leiprecht. Leiprechts Begründung gibt den Kritikern der Ausweitung recht: „Wir konnten die geforderten Besetzungszeiten der Stände von morgens an und nach den zuletzt erfolgten Verlängerungen des Marktes über diesen langen Zeitraum hinweg mit Ehrenamtlichen nicht mehr stemmen.“Überlegungen beim EVR, wieder am Markt teilzunehmen, hätten sich nach der neuerlichen Verlängerung fast schon von selbst erledigt, sagt der Vorsitzende. „Vor allem die Eltern bekommen in der letzten Phase vor Weihnachten die vielen häuslichen Verpflichtungen kaum noch mit zusätzlicher ehrenamtlicher Tätigkeit unter einen Hut.“
Der EVR hat dazu noch das Sonderproblem, dass er im Dezember in der Hochphase der Saison steht und die Ehrenamtlichen bereits im Spielund Trainingsbetrieb voll gefordert sind. Winfried Leiprecht: „Wir hatten bereits bei unseren letzten Teilnahmen morgens und am frühen Nachmittag auf bezahltes Personal zurückgreifen müssen. Die Öffnung des Standes zu diesen Zeiten hat sich aber kaum gelohnt.“
„Das ist für uns schlicht eine Katastrophe“, wettert Heike Engelhardt vom Städtepartnerschaftsverein „Die Brückenbauer“über die Verlängerung des Christkindlesmarktes. Weil die „Brückenbauer“genauso wie die „SZ-Nothilfe“schon in den vergangenen Jahren massive Probleme hatten, ihren Stand zu betreiben, teilen sich die beiden Vereine eine Hütte. Jetzt auch noch bis zum 22. Dezember präsent zu sein, sei trotzdem „eigentlich nicht mehr machbar“, so Engelhardt. Die zweite Vorsitzende rechnet vor: „Ich brauche jeden Tag drei Schichten mit jeweils zwei Leuten am Stand. Da gibt es Leute, die sparen sich schon ihren Jahresurlaub auf, um überhaupt mitarbeiten zu können.“Engelhardt, die für die SPD im Gemeinderat sitzt, sagt, dass auch die Schulen immer mehr abgehängt würden. „Der Christkindlesmarkt in Ravensburg ist auf dem besten Wege, seinen ursprünglichen Charakter zu verlieren, und wird immer mehr zu einer Fress- und Saufmeile.“
Der SV Schmalegg will ebenfalls schnell darüber nachdenken, sich vom Ravensburger Christkindlesmarkt zu verabschieden: „Ich bezweifle sehr stark, dass wir das jetzt noch schaffen“, sagt Vorsitzender Manuel Kleck. Auch der SV, traditionell ein Anziehungspunkt auf dem Markt, kämpft seit Jahren mit den beschriebenen Problemen, die Zeiten überhaupt abdecken zu können. „Das geht ganz vielen Vereinen gleich. Ich fürchte, jetzt wird es endgültig zu viel für uns“, so Kleck.
Markt als Tourismusmagnet?
Trotz seiner Größe ist der DAV Ravensburg auf dem Christkindlesmarkt gar nicht vertreten. Dessen Vorsitzender Markus Braig weiß, dass die Vereine, vor allem die kleinen, Probleme haben, für so eine lange Zeit ehrenamtliche Helfer zu finden. „Letztlich muss man sich klar werden, was man will: Einen Markt, bei dem sich die Vereine ein finanzielles Polster schaffen sollen können. Sicher ist ein solcher Markt auch deswegen attraktiv, weil dann nette Begegnungen zwischen den Ehrenamtlichen und den Besuchern aus der Stadt zustande kommen.“Wolle man den Markt aber eher als Touristenmagnet und zur Ankurbelung des Umsatzes der umliegenden Geschäfte, schaden solche von Vereinen betriebene Stände eher dem Umsatz, da sie oft etwas Improvisiertes hätten, meint Braig. „Ein reiner Touristenund Verkaufsmarkt wird aber sicherlich für die Ravensburger selbst anonymer sein.“
Mit vereinten Kräften bekommen die Mitglieder von Round Table ihren Stand am Christkindlesmarkt gestemmt. Die beträchtlichen Summen für gute Zwecke, die gesammelt werden, erwirtschaften die Tabler praktisch ausschließlich in den Wochen vor Weihnachten. „Zwar haben wir auch Schwierigkeiten, gerade die Vormittagsschichten zu belegen, aber weil wir für den guten Zweck arbeiten, setzen sich alle engagiert ein“, sagt Vorstandmitglied Florian Burk. Burk ist sicher, dass sein Verein deshalb auch die dreitägige Verlängerung bewältigen wird.