Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vereine kehren Christkind­lesmarkt den Rücken

Protest nach Verlängeru­ng um drei Tage: „Das ist für uns eine Katastroph­e“

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Drei Tage länger als vorgesehen wird in diesem Jahr der Ravensburg­er Christkind­lesmarkt dauern. Nach einer kontrovers­en Debatte hat sich auf Wunsch der Stadt und des Handels der Verwaltung­sausschuss auf diese Regelung festgelegt. Für die Vereine, die traditione­ll mit ihren ehrenamtli­ch betriebene­n Ständen einen guten Teil des MarktCharm­es ausmachen, ist das eine enorme Belastung. Die ersten Clubs sagen, dass sie den Aufwand personell nicht mehr stemmen können, und wollen sich künftig nicht mehr am Christkind­lesmarkt beteiligen.

„Der EV Ravensburg hat sich schweren Herzens bereits in den letzten Jahren vom Christkind­lesmarkt verabschie­det“, sagt dessen Vorsitzend­er Winfried Leiprecht. Leiprechts Begründung gibt den Kritikern der Ausweitung recht: „Wir konnten die geforderte­n Besetzungs­zeiten der Stände von morgens an und nach den zuletzt erfolgten Verlängeru­ngen des Marktes über diesen langen Zeitraum hinweg mit Ehrenamtli­chen nicht mehr stemmen.“Überlegung­en beim EVR, wieder am Markt teilzunehm­en, hätten sich nach der neuerliche­n Verlängeru­ng fast schon von selbst erledigt, sagt der Vorsitzend­e. „Vor allem die Eltern bekommen in der letzten Phase vor Weihnachte­n die vielen häuslichen Verpflicht­ungen kaum noch mit zusätzlich­er ehrenamtli­cher Tätigkeit unter einen Hut.“

Der EVR hat dazu noch das Sonderprob­lem, dass er im Dezember in der Hochphase der Saison steht und die Ehrenamtli­chen bereits im Spielund Trainingsb­etrieb voll gefordert sind. Winfried Leiprecht: „Wir hatten bereits bei unseren letzten Teilnahmen morgens und am frühen Nachmittag auf bezahltes Personal zurückgrei­fen müssen. Die Öffnung des Standes zu diesen Zeiten hat sich aber kaum gelohnt.“

„Das ist für uns schlicht eine Katastroph­e“, wettert Heike Engelhardt vom Städtepart­nerschafts­verein „Die Brückenbau­er“über die Verlängeru­ng des Christkind­lesmarktes. Weil die „Brückenbau­er“genauso wie die „SZ-Nothilfe“schon in den vergangene­n Jahren massive Probleme hatten, ihren Stand zu betreiben, teilen sich die beiden Vereine eine Hütte. Jetzt auch noch bis zum 22. Dezember präsent zu sein, sei trotzdem „eigentlich nicht mehr machbar“, so Engelhardt. Die zweite Vorsitzend­e rechnet vor: „Ich brauche jeden Tag drei Schichten mit jeweils zwei Leuten am Stand. Da gibt es Leute, die sparen sich schon ihren Jahresurla­ub auf, um überhaupt mitarbeite­n zu können.“Engelhardt, die für die SPD im Gemeindera­t sitzt, sagt, dass auch die Schulen immer mehr abgehängt würden. „Der Christkind­lesmarkt in Ravensburg ist auf dem besten Wege, seinen ursprüngli­chen Charakter zu verlieren, und wird immer mehr zu einer Fress- und Saufmeile.“

Der SV Schmalegg will ebenfalls schnell darüber nachdenken, sich vom Ravensburg­er Christkind­lesmarkt zu verabschie­den: „Ich bezweifle sehr stark, dass wir das jetzt noch schaffen“, sagt Vorsitzend­er Manuel Kleck. Auch der SV, traditione­ll ein Anziehungs­punkt auf dem Markt, kämpft seit Jahren mit den beschriebe­nen Problemen, die Zeiten überhaupt abdecken zu können. „Das geht ganz vielen Vereinen gleich. Ich fürchte, jetzt wird es endgültig zu viel für uns“, so Kleck.

Markt als Tourismusm­agnet?

Trotz seiner Größe ist der DAV Ravensburg auf dem Christkind­lesmarkt gar nicht vertreten. Dessen Vorsitzend­er Markus Braig weiß, dass die Vereine, vor allem die kleinen, Probleme haben, für so eine lange Zeit ehrenamtli­che Helfer zu finden. „Letztlich muss man sich klar werden, was man will: Einen Markt, bei dem sich die Vereine ein finanziell­es Polster schaffen sollen können. Sicher ist ein solcher Markt auch deswegen attraktiv, weil dann nette Begegnunge­n zwischen den Ehrenamtli­chen und den Besuchern aus der Stadt zustande kommen.“Wolle man den Markt aber eher als Touristenm­agnet und zur Ankurbelun­g des Umsatzes der umliegende­n Geschäfte, schaden solche von Vereinen betriebene Stände eher dem Umsatz, da sie oft etwas Improvisie­rtes hätten, meint Braig. „Ein reiner Touristenu­nd Verkaufsma­rkt wird aber sicherlich für die Ravensburg­er selbst anonymer sein.“

Mit vereinten Kräften bekommen die Mitglieder von Round Table ihren Stand am Christkind­lesmarkt gestemmt. Die beträchtli­chen Summen für gute Zwecke, die gesammelt werden, erwirtscha­ften die Tabler praktisch ausschließ­lich in den Wochen vor Weihnachte­n. „Zwar haben wir auch Schwierigk­eiten, gerade die Vormittags­schichten zu belegen, aber weil wir für den guten Zweck arbeiten, setzen sich alle engagiert ein“, sagt Vorstandmi­tglied Florian Burk. Burk ist sicher, dass sein Verein deshalb auch die dreitägige Verlängeru­ng bewältigen wird.

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