Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Pflegevate­r verteidigt Suche auf Facebook

Familie suchte Vermisste aus Ravensburg auf eigene Faust – Kritik der Polizei

- Von Jasmin Amend

RAVENSBURG - Nachdem die Polizei Eltern kritisiert hatte, die ihre vermissten Kinder öffentlich über Facebook suchen, hat nun ein betroffene­r Vater sein Vorgehen verteidigt.

Weil ein Teenager vergangene Woche aus dem Haus seiner Pflegeelte­rn in Ravensburg verschwund­en war, startete die Familie einen Suchaufruf über die Facebookse­ite eines Medienunte­rnehmens. Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“monierte die Polizei ein solches Vorgehen, es sei in ihren Augen nicht nötig gewesen, die Suche öffentlich zu machen. Zudem verstoße eine öffentlich­e Suche unter Umständen nicht nur gegen Persönlich­keitsrecht­e, sondern sie könne auch die Arbeit der Polizei konterkari­eren.

Das will der Pflegevate­r aus aktuellen Fall nicht auf sich sitzen lassen. Er erklärt, die Familie habe die 14-Jährige am Mittwoch, 30. Mai, bei der Polizei als vermisst gemeldet und dieser mitgeteilt, wo beziehungs­weise in welchen Kreisen sie sich eventuell aufhalten könnte. „Erst am darauffolg­enden Montag, nachdem immer noch keine Infos eingegange­n sind, haben wir in Absprache mit der Polizei einen Aufruf bei Facebook gemacht“, beteuert der Pflegevate­r. Einen Tag später seien Fotos dazugekomm­en – in Absprache mit dem Vormund des Mädchens, dem Jugendamt. Im Laufe des Dienstags seien durch den Beitrag einige Tipps eingegange­n – darunter der entscheide­nde Hinweis, welcher schließlic­h zum Erfolg führte: Die Polizei griff die 14-Jährige gegen Mitternach­t in der Wohnung eines Mannes auf.

„Eine unglaublic­he Belastung“

„In diesem Fall war Facebook ihr Segen“, sagt der Vater, den die ganze Geschichte mitnimmt. „Wenn der Hinweis, der über Facebook kam, nicht sofort an die Polizei weitergele­itet worden wäre, wer weiß, was dann passiert wäre.“Nicht zuletzt, da der Mann, bei dem man das Mädchen fand, 24 Jahre alt sei, also zehn Jahre älter als seine Tochter. Es habe sich bei diesem auch nicht, wie von der Schwester in einem Facebook-Kommentar beschriebe­n, um „einen ihrer älteren Freunde“gehandelt, sondern um einen Fremden, der das Mädchen zu sich mitgenomme­n hatte.

Das Vorgehen der Familie sei also keineswegs unüberlegt gewesen, sondern aus großer Not geboren, erklärt der Pflegevate­r. „Erst, nachdem wir kein Lebenszeic­hen von unserer Tochter gehört haben, haben wir den Entschluss getroffen.“Die Polizei, so kritisiert der Vater, habe seiner Meinung nach innerhalb der ersten vier Tage keine Hinweise zusammentr­agen können. Gerade angesichts aktueller Nachrichte­n wie über die vergewalti­gte und getötete 14-jährige Susanna aus Mainz sei es eine „unglaublic­he Belastung, nicht zu wissen, wo das Kind ist“.

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