Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lasst ihn mal machen
Sie hat schon wieder begonnen, die Zeit des Nörgelns, Quengelns und Motzens. Schon bevor der erste Ball berührt, das erste Bier getrunken oder das erste Tor geschossen wurde, haben wir wieder 80 Millionen Bundestrainer. Der echte Jogi hat da ganz schön was losgetreten mit seiner Nichtnominierung von Leroy Sane für die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft.
Nun will ich mich gar nicht über das Für und Wider dieser Entscheidung auslassen. Vielmehr möchte ich den großen Bogen spannen und all den Besserwissern sagen: Lasst den Jogi mal machen. Und zwar nicht, weil er die deutsche Mannschaft bei den letzten sechs Turnieren (inklusive Confed-Cup) jeweils mindestens ins Halbfinale geführt hat.
Vielmehr ist es eine Frage des Respektes und des Anstandes. In unserer heutigen Zeit weiß jeder alles besser. Gefährliches Halbwissen aus dem Internet wird rezipiert, wenn man beim Arzt auf dem Stuhl sitzt. Etablierten Politikern wird mit populistischen Parolen gar jedwede Kompetenz abgesprochen. Und von uns Journalisten, der sogenannten Lügen-Presse, ganz zu schweigen.
Natürlich ist es wichtig, dass nicht alles teilnahmslos hingenommen wird. Doch letztlich hat dann doch jeder seinen Beruf über viele Jahre erlernt. Ärzte, Politiker, Journalisten. Und natürlich auch Bundestrainer – solange sie Jogi Löw heißen.