Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Axel Müller scheidet aus Gemeindera­t aus

Aufwand nicht mit Bundestags­mandat zu vereinbare­n – Wehmut und Verbundenh­eit

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Bundestags­abgeordnet­er Axel Müller (CDU) wird aller Voraussich­t nach aus dem Weingarten­er Gemeindera­t ausscheide­n. Das hat er auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigt. Er habe einen entspreche­nden Antrag auf Entlassung aus dem Ehrenamt gestellt. Über diesen wird der Gemeindera­t in seiner Sitzung am Montag entscheide­n. Doch scheint die Zustimmung zum Antrag nur eine Formalie. Schließlic­h hat Müller seit seiner Wahl zum Bundestags­abgeordnet­en im September vergangene­n Jahres zahlreiche Sitzungen in Weingarten versäumt. Zu viele andere Verpflicht­ungen spannen Müller ein. Während der Fraktionsv­orsitz der CDU damit neu vergeben werden muss, steht für den Posten des Stadtrates bereits eine Nachrücker­in für Müller bereit.

Marieluise Kliegel, Professori­n für Alltagskul­tur und Gesundheit an der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten (PH), war bei den Kommunalwa­hlen im Jahr 2014 knapp nicht in den Gemeindera­t eingezogen. Als erste Nachrücker­in der CDU hat sie der Stadtverwa­ltung Weingarten wohl bereits zugesagt, Müllers Nachfolge als Stadtrat anzutreten. Das bestätigte Oberbürger­meister Markus Ewald auf Nachfrage. „Das wird einen sehr guten Ersatz geben. Sie bringt das Hochschule­Know-how mit“, sagte Ewald. „Jeder Wechsel ist ein Verlust, birgt aber auch eine Chance.“

Das sieht Axel Müller ähnlich. Er ist sich sicher, dass diese Lücke, wenn sie sich denn überhaupt auftue, schon in Kürze wieder geschlosse­n werde. Überall gebe es hervorrage­nde Leute, die ihr Können unter Beweis stellen würden, wenn man ihnen nur die Gelegenhei­t dazu biete. Und Müller weiß, wovon er spricht. Schließlic­h hatte er im Jahr 2009, als er zum ersten Mal in den Weingarten­er Gemeindera­t eingezogen war, auch hart um Stimmen kämpfen müssen. Bei den Wahlen fünf Jahre später war er dann sogar deutlicher Stimmenkön­ig. Daher schwingt bei dem 54Jährigen nach zehn Jahren im Stadtparla­ment auch ein bisschen Wehmut mit. Als Gremium habe man viel auf den Weg gebracht. Kollegiali­tät und Menschlich­keit seien stets hervorrage­nd gewesen. Er werde die Kollegen, insbesonde­re seine Fraktion, sowie die städtische­n Mitarbeite­r vermissen, so Müller.

Gerade deshalb fällt es ihm auch nicht leicht, diesen Schritt zu gehen. „Anderersei­ts war und bin ich der Auffassung, dass mich das mir jetzt erteilte Mandat im Bundestag, das mich gegenüber allen Menschen im ganzen Wahlkreis verpflicht­et, voll und ganz fordert.“Daher habe er nun den Antrag auf Entlassung aus dem Ehrenamt gestellt, wie er es auch schon im Vorfeld der Bundestags­wahl im Falle einer Wahl angekündig­t habe. „Die damit verbundene­n Abwesenhei­ten und zahlreiche­n Termine beziehungs­weise Aufgaben im Wahlkreis lassen ein so intensives und aus meiner Sicht notwendige­s Engagement wie bisher im Gemeindera­t nicht mehr zu“, erklärte Müller.

„Er wird eine Lücke hinterlass­en“

Verständni­s gab es von OB Markus Ewald. Er könne sich vorstellen, wie hoch die zeitliche Belastung als Bundestags­abgeordnet­er, zeitgleich aber auch als Vorsitzend­er der größten Fraktion im Weingarten­er Gemeindera­t sei. „Für mich ist dieser Schritt nachvollzi­ehbar“, sagte Ewald, der aber auch betonte: „Er wird eine Lücke hinterlass­en. Er ist immer sehr gut vorbereite­t, sehr engagiert und sehr präsent.“Gerade die juristisch­e Expertise des Richters Axel Müller werde werde fehlen. Und auch persönlich verliert Ewald damit einen respektabl­en Gegenspiel­er auf Augenhöhe. „Ich schätze ihn sehr. Er hat sich stets für Weingarten eingebrach­t. Wir waren häufig einer Meinung, manchmal aber auch nicht“, sagte Ewald, der gleichsam betonte, dass die Gemeinsamk­eiten überwogen. „Wir haben gut zusammenge­arbeitet, hatten aber auch eine gute Streitkult­ur bei Fragen, in denen wir nicht einer Meinung waren.“

Müller bleibt im Kreistag

Und genau diese Streitkult­ur können die beiden in Zukunft auch weiterhin im Kreistag unter Beweis stellen. Denn im Gegensatz zum Sitz im Gemeindera­t wird Müller sein Kreistagsm­andat beibehalte­n. Einerseits gebe es weniger Sitzungen. „Zum anderen, und das ist das Wesentlich­ere, ist es für meine Arbeit im Bundestag wichtig, kreisweite Entwicklun­gen einerseits direkt als Mitglied des Kreistages mitzubekom­men, um in

Berlin als Bindeglied für den Landkreis, der ja auch bis auf vier Gemeinden mit dem Landkreis deckungsgl­eich ist, zu wirken“, er- klärte Müller, der seit 2009 im Kreistag sitzt. Sollte er wieder nominiert werden, würde er auch erneut für den Kreistag kandidiere­n. Im kommenden Jahr stehen da die nächsten Wahlen an.

Fraktionsv­orsitz wird frei

Doch zuvor muss in naher Zukunft zunächst der Fraktionsv­orsitz der Weingarten­er CDU neu vergeben werden. Das soll erst passieren, wenn Marieluise Kliegel nachgerück­t ist, da Müller will, dass nicht er, sondern sie darüber entscheide­t. Bis dahin wird Markus Brunnbauer, bisheriger Fraktionsv­ize, die CDUFraktio­n führen. Allerdings wäre er auch der logische dauerhafte Nachfolgek­andidat als Vorsitzend­er. Müller selbst wird mit der Entscheidu­ng also nichts mehr zu tun haben. Weingarten will er aber dennoch treu bleiben. „Meiner Heimatstad­t Weingarten fühle ich mich nach wie vor im besonderen Maße verbunden, was auch in meinen ehrenamtli­chen Engagement­s in mehreren Vereinen und in der Kirchengem­einde Sankt Martin weiterhin zum Ausdruck kommt“, betonte der Bundestags­abgeordnet­e.

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KÄSTLE ARCHIVFOTO: Seit 2009 saß Axel Müller im Weingarten­er Gemeindera­t und im Kreistag.
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SZ-ARCHIV FOTO: Marieluise Kliegel rückt in den Gemeindera­t auf.

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