Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Axel Müller scheidet aus Gemeinderat aus
Aufwand nicht mit Bundestagsmandat zu vereinbaren – Wehmut und Verbundenheit
WEINGARTEN - Bundestagsabgeordneter Axel Müller (CDU) wird aller Voraussicht nach aus dem Weingartener Gemeinderat ausscheiden. Das hat er auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“bestätigt. Er habe einen entsprechenden Antrag auf Entlassung aus dem Ehrenamt gestellt. Über diesen wird der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag entscheiden. Doch scheint die Zustimmung zum Antrag nur eine Formalie. Schließlich hat Müller seit seiner Wahl zum Bundestagsabgeordneten im September vergangenen Jahres zahlreiche Sitzungen in Weingarten versäumt. Zu viele andere Verpflichtungen spannen Müller ein. Während der Fraktionsvorsitz der CDU damit neu vergeben werden muss, steht für den Posten des Stadtrates bereits eine Nachrückerin für Müller bereit.
Marieluise Kliegel, Professorin für Alltagskultur und Gesundheit an der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH), war bei den Kommunalwahlen im Jahr 2014 knapp nicht in den Gemeinderat eingezogen. Als erste Nachrückerin der CDU hat sie der Stadtverwaltung Weingarten wohl bereits zugesagt, Müllers Nachfolge als Stadtrat anzutreten. Das bestätigte Oberbürgermeister Markus Ewald auf Nachfrage. „Das wird einen sehr guten Ersatz geben. Sie bringt das HochschuleKnow-how mit“, sagte Ewald. „Jeder Wechsel ist ein Verlust, birgt aber auch eine Chance.“
Das sieht Axel Müller ähnlich. Er ist sich sicher, dass diese Lücke, wenn sie sich denn überhaupt auftue, schon in Kürze wieder geschlossen werde. Überall gebe es hervorragende Leute, die ihr Können unter Beweis stellen würden, wenn man ihnen nur die Gelegenheit dazu biete. Und Müller weiß, wovon er spricht. Schließlich hatte er im Jahr 2009, als er zum ersten Mal in den Weingartener Gemeinderat eingezogen war, auch hart um Stimmen kämpfen müssen. Bei den Wahlen fünf Jahre später war er dann sogar deutlicher Stimmenkönig. Daher schwingt bei dem 54Jährigen nach zehn Jahren im Stadtparlament auch ein bisschen Wehmut mit. Als Gremium habe man viel auf den Weg gebracht. Kollegialität und Menschlichkeit seien stets hervorragend gewesen. Er werde die Kollegen, insbesondere seine Fraktion, sowie die städtischen Mitarbeiter vermissen, so Müller.
Gerade deshalb fällt es ihm auch nicht leicht, diesen Schritt zu gehen. „Andererseits war und bin ich der Auffassung, dass mich das mir jetzt erteilte Mandat im Bundestag, das mich gegenüber allen Menschen im ganzen Wahlkreis verpflichtet, voll und ganz fordert.“Daher habe er nun den Antrag auf Entlassung aus dem Ehrenamt gestellt, wie er es auch schon im Vorfeld der Bundestagswahl im Falle einer Wahl angekündigt habe. „Die damit verbundenen Abwesenheiten und zahlreichen Termine beziehungsweise Aufgaben im Wahlkreis lassen ein so intensives und aus meiner Sicht notwendiges Engagement wie bisher im Gemeinderat nicht mehr zu“, erklärte Müller.
„Er wird eine Lücke hinterlassen“
Verständnis gab es von OB Markus Ewald. Er könne sich vorstellen, wie hoch die zeitliche Belastung als Bundestagsabgeordneter, zeitgleich aber auch als Vorsitzender der größten Fraktion im Weingartener Gemeinderat sei. „Für mich ist dieser Schritt nachvollziehbar“, sagte Ewald, der aber auch betonte: „Er wird eine Lücke hinterlassen. Er ist immer sehr gut vorbereitet, sehr engagiert und sehr präsent.“Gerade die juristische Expertise des Richters Axel Müller werde werde fehlen. Und auch persönlich verliert Ewald damit einen respektablen Gegenspieler auf Augenhöhe. „Ich schätze ihn sehr. Er hat sich stets für Weingarten eingebracht. Wir waren häufig einer Meinung, manchmal aber auch nicht“, sagte Ewald, der gleichsam betonte, dass die Gemeinsamkeiten überwogen. „Wir haben gut zusammengearbeitet, hatten aber auch eine gute Streitkultur bei Fragen, in denen wir nicht einer Meinung waren.“
Müller bleibt im Kreistag
Und genau diese Streitkultur können die beiden in Zukunft auch weiterhin im Kreistag unter Beweis stellen. Denn im Gegensatz zum Sitz im Gemeinderat wird Müller sein Kreistagsmandat beibehalten. Einerseits gebe es weniger Sitzungen. „Zum anderen, und das ist das Wesentlichere, ist es für meine Arbeit im Bundestag wichtig, kreisweite Entwicklungen einerseits direkt als Mitglied des Kreistages mitzubekommen, um in
Berlin als Bindeglied für den Landkreis, der ja auch bis auf vier Gemeinden mit dem Landkreis deckungsgleich ist, zu wirken“, er- klärte Müller, der seit 2009 im Kreistag sitzt. Sollte er wieder nominiert werden, würde er auch erneut für den Kreistag kandidieren. Im kommenden Jahr stehen da die nächsten Wahlen an.
Fraktionsvorsitz wird frei
Doch zuvor muss in naher Zukunft zunächst der Fraktionsvorsitz der Weingartener CDU neu vergeben werden. Das soll erst passieren, wenn Marieluise Kliegel nachgerückt ist, da Müller will, dass nicht er, sondern sie darüber entscheidet. Bis dahin wird Markus Brunnbauer, bisheriger Fraktionsvize, die CDUFraktion führen. Allerdings wäre er auch der logische dauerhafte Nachfolgekandidat als Vorsitzender. Müller selbst wird mit der Entscheidung also nichts mehr zu tun haben. Weingarten will er aber dennoch treu bleiben. „Meiner Heimatstadt Weingarten fühle ich mich nach wie vor im besonderen Maße verbunden, was auch in meinen ehrenamtlichen Engagements in mehreren Vereinen und in der Kirchengemeinde Sankt Martin weiterhin zum Ausdruck kommt“, betonte der Bundestagsabgeordnete.