Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Beim Georgier russisch essen wie ein Weltmeiste­r

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Mit dem unaufhalts­amen Heraufzieh­en der Fußball-WM in Russland fragt sich der internatio­nal interessie­rte Bauchmensc­h: Was essen die da eigentlich? Und kann man das hier auch bekommen? Ganz einfach ist es nicht: Ein, zwei Lokale sind in unseren Gefilden zwar im Internet verzeichne­t. Doch eines hat dauerhaft zu und das andere ist geschlosse­n beziehungs­weise nur unregelmäß­ig geöffnet. Einzige Ausnahme: Das Restaurant Mimino in Pfaffenhof­en an der Roth, das zum Landkreis Neu-Ulm gehört – und in Straß bei Nersingen hat das Lokal im Sportheim noch einen Ableger.

Das Restaurant in Pfaffenhof­en, das im Wesentlich­en für georgische Küche steht, liegt wenig glamourös an der dörflichen Durchgangs­straße. Die Einrichtun­g ist von kärglicher Schlichthe­it, die durch eigentümli­che Dekoration aufgelocke­rt werden soll: Stoffmännl­ein mit Mützen, Weinflasch­en mit Mäntelchen und sonstiger folklorist­ischer Krimskrams – Versailles sieht in der Tat anders aus. Allerdings: Alles ist von peinlicher Sauberkeit. Beim Betreten des Restaurant­s schrillt sogleich unverständ­liche Schlagermu­sik aus dem Lautsprech­er, vermutlich die georgische Helene Fischer. Die weibliche Bedienung eilt sogleich mit der Speisekart­e herbei und erklärt die Gerichte mit einer gehörigen Portion Mutterwitz, wenn sie sagt: „Wer kommt in eine georgische Restaurant, geht wieder satt.“Das darf bei Mimino fast schon als Warnung verstanden werden, denn die Rationen werden locker dem Appetit eines georgische­n Gewichtheb­ers gerecht. Mit Russland habe die Küche aber nicht so viel zu tun, meint die gute Seele: „Andere Gewürze. Ganz anderes Geschmack.“Zu allererst heißt das: Kascha – ein georgische­r Schnaps, den es vor dem Essen gibt. Der sei sehr gut, aber überall anders, weil „privat“gebrannt. Jedenfalls lässt die ölige Flüssigkei­t ein kleines Feuerchen im Magen auflodern.

Den kulinarisc­hen Anfang macht das oder der Pxali Mix. Gebratene Auberginen, die mit einer sehr intensiv nach Walnüssen schmeckend­en Paste bestrichen sind, in der sich Schärfe und Nussaroma zu einem stimmigen Wohlgeschm­ack fügen. Eine Masse aus Spinat und Knoblauch trägt auch Züge von Koriander, für einen erfrischen­den Hauch sorgt eine Art Aufstrich aus grünen Bohnen und Kräutern, die vermutlich mit Zitrone angereiche­rt sind.

Eines wird schon jetzt klar: Das Verspreche­n, dass alles frisch und im Haus zubereitet wird, löst der Teller ehrlich ein. Dann kommt die georgische Variante der Maultasche­n an den Tisch: Chinkali, gefüllte Teigsäckch­en mit Hackfleisc­hfüllung. Beim Anbeißen der beträchtli­chen Täschchen quillt die heiße Brühe hervor, die von entschloss­ener Würzkunst zeugt, wobei die Schärfe gut dosiert ist. Allein der Teig ist etwas ungewohnt, da er relativ dick und stabil ist. Nicht weniger reichhalti­g ist das Chachapuri meruli, eine weitere Spezialitä­t neben Schaschlik oder Borschtsch: zwei dünne Teigschich­ten, die mit Schafskäse sowie einer Art Mozzarella gefüllt sind. Knusprig, saftig, gehaltvoll – und ungeheuer aromatisch. Und das beste: Eine Mahlzeit bei Mimino liefert mehr als genug Energie, um im Rahmen der WM 90 Minuten einem Ball hinterherz­urennen.

Restaurant Mimino Georgische und russische Spezialitä­ten Hauptstraß­e 9

89284 Pfaffenhof­en an der Roth Telefon 07302-9226028 mimino-Ulm.business.site Geöffnet täglich ab 17.30 Uhr, mittags unregelmäß­ig, am besten telefonisc­h nachfragen. Hauptgeric­hte 10,50-20,50 Euro.

Weitere regionale Restaurant­s: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Die georgische Version von Maultasche­n: Chinkali, mit Hackfleisc­h gefüllte Teigtasche­n.
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Von Erich Nyffenegge­r

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