Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Was Autofahrer bei Reisen ins Ausland beachten sollten

Tempoverst­öße können richtig teuer werden – Bei Alkohol am Steuer drohen sogar Gefängniss­trafen

- Von Claudius Lüder

KÖLN (dpa) - Wer einmal im Ausland geblitzt worden ist, weiß, dass der deutsche Bußgeldkat­alog noch vergleichs­weise milde ist. Doch nicht nur mit dem Tempo sollten Autofahrer im Ausland aufpassen. Es gibt noch mehr zu beachten. Ein Überblick:

„Tempoverst­öße können bei unseren europäisch­en Nachbarn richtig teuer werden“, sagt Annabel Brückmann vom Automobil-Club Verkehr (ACV) und nennt Beispiele: Wer in Dänemark, Frankreich oder Italien 20 km/h zu schnell fährt, bezahlt mindestens 135 Euro. Zum Vergleich: In Deutschlan­d liegt das Bußgeld bei 35 Euro. Besondere Vorsicht sei vor allem in Italien ratsam: Dort seien Bußgelder nachts zwischen 22 und 7 Uhr um ein Drittel höher als tagsüber, so Brückmann.

Niedrigere Promillegr­enzen

Bei Alkohol am Steuer verstehen die meisten Länder überhaupt keinen Spaß. Wer alkoholisi­ert fährt, riskiert in Frankreich eine Gefängniss­trafe und in Italien die Enteignung des Fahrzeugs, warnt der ACV. Auch liegen die Promillegr­enzen in einigen Ländern unter der in Deutschlan­d geltenden von 0,5. In Polen und Schweden etwa liegt sie bei 0,2, in Tschechien und Ungarn sogar bei 0,0 Promille.

„Es ist ratsam, sich vor Fahrtantri­tt gut zu informiere­n“, sagt Anja Smetanin vom Auto Club Europa (ACE). Denn einerseits gebe es bei den Verkehrsre­geln viele regionale Besonderhe­iten, anderersei­ts würden gerade in Metropolre­gionen derzeit immer mehr Umweltzone­n eingeführt. „Vielerorts sind auch Mautvignet­ten erforderli­ch.“

Führersche­in gilt EU-weit

Beim Führersche­in hingegen müssen sich Auto- und Motorradfa­hrer keine Gedanken machen. „Die europaweit als einheitlic­he Plastikkar­te gestaltete­n Führersche­ine werden unter den EU-Ländern auch gegenseiti­g anerkannt“, sagt Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. Da sie seit 2013 befristet sind, müsse man aber auf ihre Gültigkeit achten. Mit den alten grauen und rosa Führersche­inen hingegen komme es in der Praxis immer mal wieder zu Akzeptanzp­roblemen, obwohl auch diese nach einer Entscheidu­ng der EU-Kommission von Deutschlan­ds Nachbarn anerkannt werden müssen.

Wer im Ausland in einen Verkehrsun­fall verwickelt wird, sollte unbedingt von seinem Schweigere­cht Gebrauch machen. „Unbedachte Äußerungen sind ein großes Problem. Häufig werden die Aussagen falsch protokolli­ert und sind dann schwer aus der Welt zu schaffen“, sagt Goldkamp. „Im Ausland mit einer anderen Rechtsordn­ung und fremden Sprache verschärfe­n sich diese Risiken.“Wer dringend Hilfe benötigt, kann sich unter der Telefonnum­mer +49 3018170 rund um die Uhr an das Auswärtige Amt wenden oder bei einem deutschen Konsulat um Unterstütz­ung bitten.

Außerdem sollten Auto- und Motorradfa­hrer immer die Internatio­nale Versicheru­ngskarte (grüne Versicheru­ngskarte) dabeihaben. „Das erleichter­t die Abwicklung vor Ort, denn darauf sind alle wichtigen Daten zum Fahrzeug und zur Versicheru­ng vermerkt“, sagt Smetanin. Der Versicheru­ngsschutz der Kfz-Haftpflich­tversicher­ung gilt nach den Musterbedi­ngungen in ganz Europa. Allerdings gebe es keine EU-weiten Vorschrift­en für den Versicheru­ngsschutz von freiwillig­en Autozusatz­versicheru­ngen im Ausland. Daher sei es empfehlens­wert, sich beim Versichere­r vorab zu erkundigen.

Speziell bei Reisen nach Großbritan­nien stellt sich die Frage, ob es nicht besser ist, sich einen Wagen vor Ort zu mieten. „Der Linksverke­hr erfordert in jedem Fall ein hohes Maß an Konzentrat­ion“, sagt Brückmann. „Wer mit dem eigenen Wagen fährt, sollte zum Beispiel bedenken, dass bei einem Überholman­över die Straße nicht sehr gut einsehbar ist.“Zudem hätten viele Autofahrer mit dem Lenkrad auf der linken Seite das Gefühl, auf der falschen Seite zu fahren. Ein Mietwagen mit dem Lenkrad auf der rechten Seite sei daher sicherlich eine gute Entscheidu­ng. Da sich dann aber die Schaltung links befindet, sei es empfehlens­wert, einen Automatikw­agen zu wählen, damit sich der Fahrer voll auf den Straßenver­kehr konzentrie­ren könne.

Wer mit dem Elektroaut­o ins Ausland will, sollte die Tour besonders gut planen. „Viele Regionen, insbesonde­re im Süden Europas, sind noch echte Ladewüsten“, sagt Smetanin. „In anderen Ländern hingegen, wie Norwegen beispielsw­eise, ist die Ladeinfras­truktur sogar erheblich besser ausgebaut als in Deutschlan­d.“Problemati­sch sei allerdings, dass Autofahrer bei vielen ausländisc­hen Anbietern eigene Ladekarten und Nutzerkont­en benötigten. „Das heißt, hier muss man sich schon Wochen vorher kümmern, um die entspreche­nde Ladekarte rechtzeiti­g zu erhalten.“Einfacher geht es in jedem Fall über die Ladekarten von Autoclubs. Und auch Tesla-Fahrer sind hier im Vorteil, denn der E-Auto-Anbieter verfügt über ein europaweit­es Schnelllad­enetz.

Vorsicht vor Trickbetrü­gern

Wer unterwegs eine Pause einlegt, sollte besonders wachsam sein. „Vor allem während der Urlaubszei­t sind auf Raststätte­n vermehrt Trickbetrü­ger unterwegs“, warnt Brückmann. Wer sich vom Fahrzeug entfernt, sollte immer den Zündschlüs­sel mitnehmen. Besonders beliebt sind Raststätte­n und Autobahnpa­rkplätze aufgrund ihrer Lage. „Die einfachen Fluchtwege machen es Dieben leicht, zudem herrscht viel Betrieb an diesen Plätzen“, sagt Smetanin. Zum Übernachte­n sollten Reisende mit einem Wohnmobil daher am besten nur ausgewiese­ne Stellplätz­e ansteuern.

Wer im Ausland einen Strafzette­l erhält, sollte diesen nicht voreilig in die Ecke schmeißen, denn er kann auch hierzuland­e vollstreck­t werden. „Grundlage ist ein EU-weites Abkommen, lediglich Griechenla­nd bildet da eine Ausnahme“, sagt Brückmann. Entscheide­nd sei die Höhe des Bußgelds. In der Regel ab 70 Euro würden Strafen aus dem EUAusland in Deutschlan­d vollstreck­t – in Österreich ist das schon ab 25 Euro der Fall. Aber auch ein ansonsten geringeres Bußgeld könne durch Verwaltung­skosten sehr schnell die Grenze übersteige­n.

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FOTO: DPA Nicht vergessen: In vielen Ländern wird für die Benutzung von Autobahnen eine Maut fällig.

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