Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Edler Elektriker mit kleineren Macken
BMW stellt dem i3 eine sportlichere Version mit 14 zusätzlichen PS zur Seite
Der geht ja ab wie Schmitz Katze: Der erste Eindruck, den der neue BMW i3s dem Fahrer vermittelt, ist der beste und zugleich der nachhaltigste. Der rein elektrisch angetriebene Kleinwagen sieht zwar etwas pummelig aus, geht aber derart beherzt zur Sache, dass der Vergleich aus dem Tierreich naheliegt. Raubtierqualitäten wollen wir dem bayerischen Kätzchen zwar nicht bescheinigen – diese beansprucht traditionell ein britischer Autobauer –, aber mit seinen 184 Pferdestärken, die ohne Umwege auf die 20-Zöller gelenkt werden, lässt er sich äußerst geschmeidig bewegen und hat das Zeug zu atemberaubend schnellen Sprints. Lautlos und geradezu lässig zieht er an seinen Kraftstoff schluckenden Artgenossen vorbei.
Nach einer viel zu kurzen Testwoche könnten wir uns an diese Art der Fortbewegung gewöhnen. Der Wohlfühleffekt, gepaart mit einem gewissen Überlegenheitsgefühl, stellt sich bereits nach wenigen Kilometern ein. Startknopf drücken, am Lenkradschalthebel „D“wählen und das Fahrpedal treten sind noch gewohnte Aktionen. Ungewohnt wird’s erst, wenn die ganze Chose ins Rollen kommt. Man gleitet einfach so dahin, geräuschlos und ohne jede Vibration. Beim ersten Schachtdeckel poltert’s allerdings kräftig. Die erhöhte Sitzposition, verbunden mit einem tief liegenden Schwerpunkt, sowie die straffe Federung lassen jede Unebenheit spüren.
Extrem flotte und völlig lautlose Art der Fortbewegung, extravagante Anmutung
Richtig interessant wird’s erst bei Spurts. Geht es bereits aus dem Stand äußerst flott vom Fleck, stellt sich ab etwa 40 km/h ein Katapulteffekt ein. Die Passagiere werden wie bei einem Flugzeugstart in die Sitzschalen hineingedrückt. Doch keine Sorge, das knapp 1,3 Tonnen schwere Gefährt hebt nicht ab. Eine neue Traktionskontrolle sorgt dafür, dass die Räder stets den Kontakt zum Asphalt behalten. Schließlich wird ein maximales Drehmoment von BMW-Reichweitenmessungen bis zu 200 km, laut WLPT-Zyklus (Fahrmodus Comfort) 235-245 km Ladezeiten: ca. 11 Stunden an einer Haushaltssteckdose, ca. 3,5 Stunden an einer Wallbox (11 kWh/16 A) Versicherung: HP16/TK17/VK17 Gewicht: 1265 kg Leergewicht, zul. Gesamtgewicht 1700 kg Abmessungen: 4,01 m lang, 1,79 m breit, 1,59 m hoch Laderaum: 260 Liter, erweiterbar auf 1100 Liter Grundpreis: 41 150 Euro, Testwagen mit 42 Sonderausstattungen 52 300 Euro
Der Autor fuhr den von BMW zur Verfügung gestellten Testwagen eine Woche lang. 270Newtonmetern auf die Hinterachse geleitet, was für ein so kleines Auto außergewöhnlich ist. Die bayerischen Ingenieure haben dem mittlerweile vier Jahre alten i3 in der neuen s-Version zusätzliche zehn Kilowatt Leistung und ein zehn Millimeter tiefer liegendes Sportfahrwerk spendiert.
Seine Straßenlage lässt nichts zu wünschen übrig. Wie auf Schienen gleitet der Wagen durch Kurven. Doch die Lenkung bedarf stetiger Aufmerksamkeit. Mit einem Radstand von knapp 2,6 Metern ist der i3s zwar äußerst wendig, doch seine Geradeauslaufeigenschaften sind nicht sonderlich ausgeprägt. Lenkkorrekturen sind trotz Spurhalteassistent auf unebener Fahrbahn häufig nötig. Jeder andere BMW macht das besser. Auch an den Sitzkomfort
Geringe Reichweite, lange Ladezeiten, hoher Preis, teure Sonderausstattungen
darf man keine zu hohen Ansprüche stellen. Die Schalen sind zwar gut geformt, doch die Sitzflächen sind schmal, hart und wenig belüftet. Bei hochsommerlichen Temperaturen klebt man am Polster fest.
Optisch fehlen dem schnellen Elektriker klare Linien. Alles sieht recht klobig aus. Die LED-Scheinwerfer und die BMW-Nieren haben Stil, hinterlassen aber einen gequetschten Eindruck, und beim Überstand der Karosserie an der Heckklappe scheint sich jemand verrechnet zu haben. Über solche Kleinigkeiten sieht der Elektromobilist aber großzügig hinweg. Außerdem: Ein i3 ist ja schließlich kein i8.
Der Innenraum macht einen BMW-typisch hochwertigen Eindruck. Leder, das mit Olivenbaumblättern gegerbt ist, Verkleidungen aus Pflanzenfasern und Kunststoffe aus recycelten Materialien unterstreichen den Anspruch, edel und umweltfreundlich unterwegs zu sein. Rundinstrumente sucht man vergeblich. Im Blickfeld des Fahrers liegt ein kleines Zentraldisplay, ein zweites, größeres Display thront über der Mittelkonsole. Das serienmäßig verbaute Audiosystem klingt etwas dünn, sodass die Investition in die optionale Harman Kardon Anlage (800 Euro) sehr zu empfehlen ist. Auf der Rückbank, die durch zwei gegenläufig öffnende Türen zu besteigen ist, haben zwei Passagiere leidlich Platz. Wie bei anderen Kleinwagen auch, müssen Knie gebeugt und Rücken gekrümmt werden.
Langstrecken sind im BMW i3s – zumindest in der getesteten Version ohne Range Extender – nicht vorgesehen. Spätestens nach 200 Kilometern muss der Akku geladen werden. Das Auftanken gelingt an einer Wallbox mit ordentlich Power in zirka drei Stunden. An der heimischen Steckdose dauert es viermal länger. Diese Zeit muss man sich nehmen und seine Fahrten zudem so planen, dass ständig genug Saft vorhanden ist. Dass wir uns daran gewöhnen würden, erscheint eher zweifelhaft. Unsere Stammteststrecke, von Friedrichshafen nach Betzenweiler und zurück (130 Kilometer), schafft der Testwagen bei zivilisierter Fahrweise und aktiviertem Eco-pro-Modus (ohne Klimaanlage und auf Tempo 90 abgeregelt) zwar locker ohne nachzuladen. Wer dem Kleinen jedoch die Sporen gibt und längere Zeit im Sport-Modus heizt, der kommt nicht weit. Auf der Autobahn mit 130 km/h schmilzen die Kilowattstunden wie Butter dahin.
Für 90 Prozent der im Alltag gefahrenen Strecken ist die Reichweite jedoch völlig ausreichend. Doch rein elektrisch auf vier Rädern unterwegs zu sein, hat immer noch Tücken – Stichwort Ladeinfrastruktur – vor allem aber seinen Preis. Auch wenn das Laden an den Emma-Zapfsäulen im Bodenseekreis gratis ist, Steuerfreiheit und eine Anschaffungsprämie von 4000 Euro winken, sind die Mehrkosten im Vergleich zu konventionellen Autos nie und nimmer hereinzuholen. Mit 41 150 Euro liegt der Grundpreis des sportlichen Stromers nochmals 3600 Euro über dem des normalen i3. Der ist 14 PS schwächer, hat dünnere Reifen und einen niedrigeren Verbrauch, dennoch ist seine Reichweite exakt gleich.