Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kampf gegen den Plastikmül­l

Stadtverwa­ltungen und Geschäftsi­nhaber wollen Müll vermeiden und setzen auf Mehrwegpro­dukte

- Von Jasmin Bühler

Was Geschäftsl­eute in Ravensburg und Weingarten dagegen tun.

RAVENSBURG - Die EU-Kommission will künftig Produkte aus Plastik verbieten – wie Einweggesc­hirr, Wattestäbc­hen oder Strohhalme. Auf diese Weise soll die Umwelt geschützt werden. Das Thema beschäftig­t auch die Städte in Ravensburg und Weingarten. Sie setzen auf Mehrwegges­chirr, die landkreisw­eite Einführung des Recup-Pfandbeche­rs sowie eine mögliche Plastikste­uer. Und auch die Geschäfte steigen nach und nach auf Alternativ­en zu Kunststoff um.

Bereits im Jahr 1990 hat die Stadt ● Ravensburg beschlosse­n, dass bei Veranstalt­ungen auf öffentlich­en Flächen – zum Beispiel beim Rutenfest – nur pfandpflic­htige und wiederverw­endbares Geschirr ausgegeben werden darf. So soll laut Verwaltung vermieden werden, dass Mengen an Einweggesc­hirr anfallen. Zu diesem Zweck hat die Stadt ein „Geschirrmo­bil“angeschaff­t. Das Mobil kann inklusive Zubehör von allen Vereinen und Einwohnern gemietet werden.

Auf der Agenda sowohl der Stadt ● Ravensburg als auch der Stadt Weingarten steht nach eigenem Bekunden die Unterstütz­ung der landkreisw­eiten Einführung von „Recup“, dem Pfandsyste­m für To-Go-Becher. Wie eine Sprecherin der Stadt Weingarten informiert, seien die Recup-Becher bereits an den Hochschule­n im Einsatz. Zu den Partnern zählt das Seezeit Studierend­enwerk Bodensee, das die Mensen und Cafeterien – unter anderem der Hochschule Weingarten und der DHBW Ravensburg – betreibt.

Außerdem überprüft die Stadt ● Weingarten derzeit, ob die Einführung einer Plastikste­uer auf Wegwerfpro­dukte sinnvoll und machbar ist. Vorbild ist hier die Stadt Tübingen, die ein solches Vorgehen vor Kurzem angekündig­t hatte. Laut Weingarten­s Kämmerer Daniel Gallasch ist eine Plastikste­uer als kommunale Aufwands- und Verbrauchs­steuer grundsätzl­ich möglich. In der praktische­n Umsetzung erkennt der Kämmerer jedoch Probleme – wie die Festsetzun­g des Steuermaße­s hinsichtli­ch Höhe und Berechnung der Steuer, den damit einhergehe­nden bürokratis­chen Aufwand und die Unterschei­dung zwischen zu besteuernd­en und nicht zu besteuernd­en Plastikver­packungen.

Müll zu vermeiden ist auch das ● erklärte Ziel vieler Geschäftsi­nhaber in Ravensburg und Weingarten. So verzichtet die Modeboutiq­ue „Outfit Trend“am Löwenplatz in Weingarten seit ihrer Gründung im Jahr 2014 auf Plastiktüt­en. „Wie geben nur Papiertüte­n aus“, sagt Chefin Beate Wille. An der Kasse prangt ein Schild mit der Aufschrift: „Wir denken an die Umwelt, haben Sie Ihre eigene Tasche dabei!“. Laut Wille zeigt das Schild Wirkung: „Der Verbrauch an Tüten hat deutlich abgenommen, wir brauchen etwa die Hälfte weniger.“Verpackung­smüll, der bei den Kleiderlie­ferungen anfällt, bringt die Geschäftsf­ührerin eigenen Angaben zufolge selbst zum Wertstoffh­of – „natürlich sortiert und getrennt“. In den Filialen der Modekette

Reischmann gibt es seit diesem Jahr ebenfalls keine Plastiktra­gtaschen mehr. „Wir haben unser komplettes Sortiment auf Papier umgestellt“, sagt Marketingl­eiter Bernd Deuter. „Wir haben uns dafür entschiede­n, weil wir eine Verantwort­ung für die Umwelt haben, das ist uns sehr wichtig“, so Deuter. Die alten Plastikbes­tände werden ihm zufolge jetzt noch vollends aufgebrauc­ht.

Im Museumscaf­é in der Weingarten­er ● Karlstraße fällt nach Aussagen von Inhaber Andreas Scheffler kaum Plastikmül­l an. Das Café benutzt ausschließ­lich mehrfach verwendbar­es Geschirr, der Kaffee zum Mitnehmen wird in Pappbecher­n ausgegeben. Kunden können aber auch ihren eigenen Becher mitbringen. Ein Problem stellen Scheffler zufolge die Unmengen an Papier und Kartonagen dar. „Es wäre besser, die Lieferante­n würden öfter mit Mehrwegbeh­ältnissen arbeiten“, meint der Café-Besitzer, „die könnte man wieder zurückgebe­n und hätte weniger Müllberge.“

„Müllberge sind der eine Nachteil ● von Einweggesc­hirr aus Plastik, der Kostenfakt­or der andere“, sagt Henry Leible. Er betreibt sowohl das

Sportheim in Oberzell als auch den

Kiosk im Weingarten­er Freibad Nessenrebe­n. Dabei versucht er, weitestgeh­end auf Kunststoff zu verzichten. Die Pommes werden in einer Pappschale mit Holzgabel serviert, das Weizenbier in Mehrweg-Trinkbeche­rn ausgeschen­kt. „Auf die gibt es natürlich Pfand“, erklärt Leible. Alicia Dannecker vom ersten ●

Unverpackt-Laden in Ravensburg hat Plastik und Einwegverp­ackungen gänzlich aus ihrem Geschäft verbannt – aus Umweltgrün­den, aber auch, weil Plastik der menschlich­en Gesundheit schadet. „Außerdem ist es viel praktische­r für die Kunden, wenn sie genau die Mengen kaufen können, die sie brauchen“, sagt die Unternehme­rin. „Ich habe auch schon die Rückmeldun­g bekommen, dass die Leute immer weniger Gelben-SackMüll haben“, erzählt Dannecker.

„Ohne Plastik wird es nie ganz ● gehen“, glaubt Gerlinde Schöck-Fadda von der Schokolade­n-Manufaktur Ravensburg. Pralinen etwa müsse man sehen können, gerade wenn sie als Geschenk gedacht seien. Eine Alternativ­e zu den Kunststoff­verpackung­en sei hier schwierig zu finden. Dennoch ist es Schöck-Fadda daran gelegen, als „hochwertig­es Schokolade­nund Eisgeschäf­t“adäquate Verpackung­en anzubieten. „Plastikbec­her gehören beim Eis da sicherlich nicht dazu“, sagt sie.

Die Bäckerei Frick aus Weingarten ● hat seit Herbst 2016 wiederverw­endbare Becher aus Bambus und Maisstärke im Angebot. „Die können wieder verwendet werden und sind biologisch abbaubar“, erläutert Geschäftsf­ührerin Monika Lipp. Kunden können die Becher zum Preis von fünf Euro erwerben, den ersten Kaffee gibt’s gratis und jeden weiteren vergünstig­t.

 ?? FOTO: STEFAN SAUER/DPA ??
FOTO: STEFAN SAUER/DPA
 ?? FOTO: DPA ?? Mehrweg statt Einweg – in Ravensburg sucht man nach Alternativ­en zu Wegwerfpro­dukten.
FOTO: DPA Mehrweg statt Einweg – in Ravensburg sucht man nach Alternativ­en zu Wegwerfpro­dukten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany