Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Opposition will Klinikskandal im Landtag debattieren
Ministerpräsident Kretschmanns rechte Hand Klaus-Peter Murawski kommt zunehmend unter Druck
STUTTGART (lsw) - Der Stuttgarter Klinikskandal und damit verbundene Vorwürfe gegen einen Vertrauten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) soll bald Thema im Landtag sein. Die Oppositionsfraktionen FDP und SPD streben dem Vernehmen nach an, den Skandal in einer aktuellen Debatte zu diskutieren. Mehrere Medien berichteten am Wochenende über neue Belege für Vorwürfe gegen den heutigen Staatsminister und früheren Stuttgarter Krankenhaus-Bürgermeister KlausPeter Murawski (Grüne).
Eine Frage ist, ob Murawski von Unregelmäßigkeiten in der früheren internationalen Abteilung des Stuttgarter Klinikums wusste. Er hatte beteuert, er habe mit Andreas Braun, der damals für das Geschäft vor allem mit Patienten aus arabischen Staaten zuständig war, nie über Unregelmäßigkeiten gesprochen. „Von dem Zeitpunkt an, an dem ich erfahren habe, dass die Staatsanwaltschaft gegen Andreas Braun ermittelt, hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihm.“
Mit „Unregelmäßigkeiten“habe er dabei die strafrechtlichen Vorwürfe gegen Braun und die dahinterliegenden Sachverhalte gemeint, ergänzte er später. Braun war Leiter der internationalen Abteilung der Klinik. Murawksi war als Erster Bürgermeister in seiner Amtszeit auch für die Kliniken in der Landeshauptstadt zu- ständig.
Laut Medienberichten gibt es SMS und vertrauliche Mails, die nahelegten, dass Murawski nicht die ganze Wahrheit gesagt habe bei der Frage, wie lange er mit der Aufarbeitung der Vorgänge am Klinikum zu tun gehabt habe. Mails von 2015 und 2016 nährten den Verdacht, dass Murawski ins Krisenmanagement zu Vorgängen am Klinikum eingebunden gewesen sein könnte. Braun, der bis 2006 Landeschef der Grünen war, sitzt in Untersuchungshaft.
Der SPD-Abgeordnete Sascha Binder forderte Konsequenzen. „Wir sehen, dass Herr Murawski jetzt ein drittes Mal nicht ganz die Wahrheit gesagt hat“, sagte Binder am Sonntag. „Die Behauptung, Murawski habe nichts gewusst und sei nicht im Gespräch mit den damals handelnden Personen gewesen, ist nach allem, was wir jetzt wissen, falsch.“Die SPD habe eine Anfrage eingebracht und warte nun auf die Antworten. Murawski werde dann im Ständigen Ausschuss dazu Stellung nehmen müssen. „Wir werden dann hören, wie oft er die Unwahrheit sagen darf.“
Ein Regierungssprecher erklärte, Murawski habe sich nicht mit Braun über strafrechtliche Verdachtsmomente ausgetauscht. „Sehr wohl hat Herr Braun ihm in den Zeiten davor über verschiedene Probleme in der IU (Internationalen Abteilung) berichtet.“In der Zeit hätten beide Kontakt zueinander gehabt. „Dies waren persönliche Gespräche, in denen es oft über familiäre Dinge ging, aber Herr Braun immer mal wieder auch über seine Arbeit sprach.“Man müsse aber Fragen wie etwa die Zahlungsbereitschaft in Libyen oder Kuwait trennen von den strafrechtlichen Vorwürfen, die jetzt Gegenstand von Ermittlungen seien. Mit diesen Vorwürfen habe Murawski nichts zu tun.
FDP verlangt Aufklärung
Hans-Ulrich Rülke sagte, seine FDPFraktion verlange Aufklärung durch den Ministerpräsidenten zu seinem engsten Mitarbeiter. Vom Verlauf der Landtagsdebatte am Mittwoch machte Rülke am Wochenende weitere Konsequenzen wie mögliche Rücktrittsforderungen oder die Erwägung eines Untersuchungsausschusses im Landtag abhängig.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen Untreue, Betrug und Bestechlichkeit gegen 21 frühere Mitarbeiter des Klinikums und Vermittler von Gesundheitsdienstleistungen. Unter anderem geht es um überhöhte Provisionen.