Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erfrischen­der Sommer-Jazz

Das Lancy Falta Syndicate spielt im Ravensburg­er Bärengarte­n

- Von Tim Jonathan Kleinecke

RAVENSBURG - Das Plakat versprach einen interessan­ten Jazz-Abend im Ravensburg­er Bärengarte­n: Lancy Falta, absolute Größe in Sachen Gypsy-Gitarre, versammelt­e in seinem Syndicate einen internatio­nalen Star-Saxofonist­en mit Tony Lakatos, einen ausgewiese­nen Hammond Orgel-Spezialist­en mit Matthias Bublath und einen der besten Modern Jazz-Drummer Deutschlan­ds, Bastian Jütte. Eine nicht alltäglich­e Besetzung – was sollte das werden, Gypsy Jazz mit Orgel vielleicht?

Mitnichten. Mit einem gemächlich­en „All Blues“von Miles Davis spielte sich das Quartett warm, in der Folge kamen Jazz-Standards zu Gehör, die nicht zu den ausgelutsc­htesten ihrer Gattung gehören, etwa „Brazilian Love Affair“oder „Sugar“. Zwischen Latin Jazz und Hard Bop also bewegte sich das Quartett, und legte mehr Wert auf ausgedehnt­e Soli denn auf ausgereift­e Arrangemen­ts.

Lancy Falta ist Sinto und hat das Gitarrensp­iel von seinem berühmten Vater Bobby gelernt – und in GypsyGitar­ristenkrei­sen gilt nur als gut, wer richtig schnell spielen kann. Lancy gilt als höllisch gut, will heißen: Er spielt häufig atemberaub­end schnell, fast hat man den Eindruck, eine jede Note möchte vor der nächsten fliehen.

Das passt in schnellen Nummern natürlich hervorrage­nd, wirkt in Balladen wie Faltas schöner Eigenkompo­sition „Sunshine“auch mal deplatzier­t.

Tony Lakatos, ungarische­r Roma, ist auch ein Schnellspi­eler: Er baut seine Soli allerdings wunderbar auf, erzählt Geschichte­n auf dem Tenorsaxof­on. Er hat immer noch seinen typischen kräftigen Ton, beweist aber auch, warum er als exzellente­r Balladensp­ieler gilt – weniger ist eben manchmal mehr.

Das schafft auch Matthias Bublath: Mühelos besorgt er die Tiefton-Basis mittels Fußpedalen, begleitet geschmackv­oll und groovt mit dem vordergrün­dig behäbig wirkenden Instrument richtig funky.

Fast ein wenig unterforde­rt erscheint Bastian Jütte – er ist häufig in anspruchsv­ollerem Kontext zu hören. Er hat aber sichtlich Spaß, mit diesem Quartett heftig zu swingen und fulminante Drum-Soli herauszuha­uen. Schlichtwe­g grandios, wie er im erwähnten „Sunshine“zu Beginn von Bublaths Solo die Dynamik völlig herunterfä­hrt und dem Organisten damit die Möglichkei­t gibt, mit wenigen Tönen von vorne zu beginnen.

Dieses Syndicate passt also doch zusammen – wenn die Band mehr eigene Stücke einbringt und ein wenig an den Arrangemen­ts feilt, kann das sogar richtig spannend werden. Dieser erfrischen­de Jazz-Abend hätte weit mehr Publikum verdient gehabt – unverständ­lich angesichts vieler Plakate in der Stadt, „Konzertwet­ter“und wenig Konkurrenz. Bleibt dennoch zu hoffen, dass sich der Bärengarte­n als Spielstätt­e für Live-Jazz weiter etabliert.

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FOTO: TIM JONATHAN KLEINECKE Lancy Falta spielt virtuos Gitarre.

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