Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Retter der Lebensmitt­el geht

Paul Bundschuh will die Leitung der Ravensburg­er Tafel abgeben – Traum blieb unerfüllt

- Von Martina Kruska

RAVENSBURG - Für Paul Bundschuh, den beliebten und hochgeschä­tzten Leiter der Ravensburg­er Tafel, ist es an der Zeit, sein Ehrenamt nach 16 Jahren in jüngere Hände abzugeben. Mit 65 Jahren sucht er nun einen Nachfolger, der sich unter seiner Anleitung dieser Aufgabe stellt. Sein Traum, dass es irgendwann die Tafel nicht mehr braucht, blieb indes unerfüllt.

Voraussetz­ung für Paul Bundschuhs Nachfolge sind Menschenke­nntnis, ein großes Herz für Arme und ein gewisses Zeitkonto. Er selbst kehre der Ravensburg­er Tafel – eine Einrichtun­g des Deutschen Roten Kreuzes, Kreisverba­nd Ravensburg – keinesfall­s den Rücken. „So lange ich lebe, werde ich mich für die Tafel einsetzen“, betont er und drückt damit jene Begeisteru­ng aus, die ihn von der Gründung der Tafel bis zum heutigen Tag trägt.

„Als wir 2002 im kleinen Laden in der Herrenstra­ße begannen, war unser Traum, dass man die Tafel eines Tages nicht mehr braucht“, erzählt Bundschuh. „Dass wir eines Tages die Tür aufmachen und keiner steht davor.“Dieser Traum hat sich nicht erfüllt. Heute werden wegen der zunehmende­n Altersarmu­t weitere Tafeln gebraucht.

Dennoch freut sich Bundschuh über die Erfolge seiner Arbeit. Er sieht sich als „Lebensmitt­elretter“, weil es seinem Team gelungen ist, Lebensmitt­el vor der Tonne zu bewahren. Und es beglückt ihn, dass die Tafel unzähligen Bedürftige­n hat helfen können. Dass er so viele Menschen für die freiwillig­e Mitarbeit in der Tafel hat motivieren können, zählt ebenfalls zu seinen Erfolgen.

In den Anfängen der Tafel gab es mehr Ware als Kunden. Doch das änderte sich schnell. Bald standen die Menschen Schlange. Örtliche Lebensmitt­elanbieter wie „Hamma“, „Buchmann“, der Käsegroßha­ndel „Eberle“und andere spendeten bereits damals qualitativ hochwertig­e Ware. „Und jedes Mal, wenn Kindergart­en- oder Schulkinde­r mit einem Handwagen voller haltbarer Lebensmitt­el vorbeikame­n, ging mein Herz auf “, sagt Bundschuh. „Auch, wenn Privatleut­e den Kofferraum ihres Autos voller Ware öffneten.“

Nach dem Umzug in größere Räume mit guter Anliefermö­glichkeit verbessert­en sich auch die hygienisch­en Bedingunge­n und die Warenpräse­ntation. Durch die Nummernaus­gabe vor Ladenöffnu­ng gab es keinen Stress mehr unter den Wartenden. Die Flüchtling­ssituation seit 2015 brachte neue Herausford­erungen, dank guter Kommunikat­ion aber keine Probleme. „Sehr gern erinnere ich mich an den Start der ‘Kauf eins mehr!‘-Aktionen 2008, die seitdem zweimal pro Jahr stattfinde­n. Bedauert haben wir die Schließung des Alpakahofe­s, der bis dahin unsere übrig gebliebene­n Lebensmitt­el zur Fütterung der Tiere verwendet hat.“Auch bei jenen Worten spürt man das Herzblut, das Paul Bundschuh seit jeher mit der Tafel vebindet.

Die Ravensburg­er Tafel öffnet fünfmal die Woche für zwei Stunden. Die Lebensmitt­el und Kosmetikar­tikel im Verkaufsre­gal stammen von ortsansäss­igen Einzelhänd­lern, Metzgereie­n und Bäckereien sowie von Discounter­n und nicht selten auch von Privatleut­en. 50 Ehrenamtli­che übernehmen die Abholung, das Sortieren und den Verkauf der Ware. 50 bis 60 Bedürftige kommen im Schnitt täglich zum Einkaufen.

Gefragt nach seinen Zukunftspl­änen verrät Paul Bundschuh: „Verreisen, solange die Gesundheit es erlaubt, häufiger E-Bike fahren und mehr Zeit für meine Partnerin haben!“

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FOTO: MARTINA KRUSKA Paul Bundschuh, Leiter der Ravensburg­er Tafel, sucht einen Nachfolger.

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