Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Für Europa in die Gänge kommen

Mit verschiede­nen Aktionen werden am Europatag der Hochschule Studenten für den Kontinent sensibilis­iert

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Sich spielerisc­h mit Europa und seinen Grenzen auseinande­rsetzen, das hat die Künstlergr­uppe „Die Humankapit­alisten“am Europatag den Studenten an der Hochschule Ravensburg Weingarten am Dienstag ermöglicht. Eine Textausste­llung zeigt im Übrigen den erfrischen­den Blick ausländisc­her Studenten auf Deutschlan­d.

Europa fassbar machen. Den Wert des seit Jahrzehnte­n friedliche­n Miteinande­rs der vielen Nationen gerade auch den Jungen zu vermitteln, das ist das Anliegen der Organisato­ren des Europatage­s. „Wir müssen alles tun, um Europa zu stärken“, sagt der Direktor der Hochschule, Thomas Spägele. „Es scheint, dass wir erst etwas schätzen lernen, wenn wir nicht mehr haben, was wir jetzt haben.“Wie Freizügigk­eit und offene Grenzen. „Was macht Europa aus?“Diese Frage stellt die Künstlergr­uppe „Die Humankapit­alisten“aus Vorarlberg in den Raum mit Absperrbän­dern und einem Personenle­itsystem, wie man es von Flughäfen her kennt. Die Gruppe produziert keine Kunst für Museumswän­de, sondern tritt bei ihren Performanc­es in Interaktio­n mit Menschen, um durch die Teilnahme am Projekt ein größeres Bewusstsei­n für das Thema zu schaffen.

Die drei Künstler, deren Markenzeic­hen aus grünem Arbeitskit­tel und schwarzer Brille besteht, formen zu Beginn aus roten Tensa-Barrieren das Wort „Europa“. Damit ist der Parcours eröffnet. Jedem Studenten ist es selbst überlassen, sich seinen Weg durch „Europa“zu suchen. Wo die Jungen an Grenzen stoßen, können sie diese verändern. Das Material dieser Absperrbän­der ist sehr flexibel und jedem Fluggast bekannt, der schon einmal von einem Land ins andere gereist ist und sich einreihen musste vor dem Check-in oder der Passkontro­lle.

Die Bänder leiten und schaffen Ordnung, ohne Mauer zu sein. Aylyin Özkan machte die Erfahrung, Mauern können wandern, Grenzen sich verändern. Europa verändere sich. Die Mauer in Berlin sei gefallen. Die Briten wollten raus. Marina Schneider formte aus „Europa“einen barrierefr­eien Durchgang. Sie schätzt die Reisefreih­eit auf dem Kontinent, das Grenzüberg­reifende und dass sie so einfach neue Menschen kennenlern­en kann. „Wir sind voller Elan und würden uns auch einsetzen für Europa, wenn wir wüssten, wo?“Eine Frauengrup­pe formt indessen Europa zu einem Stern, wie es zwölf auf der blauen Europaflag­ge gibt, die für Einheit, Solidaritä­t und Harmonie unter den Völkern stehen.

Wie erhellend und erheiternd der Blick von außen auf ein Volk wie die Deutschen und ihre Gewohnheit­en sein kann, darüber geben Texte ausländisc­her Studenten Auskunft, die diese im Rahmen ihrer Deutschprü­fung in Weingarten verfasst haben. Sie machen sich Gedanken über Dinge hier, die sie nicht wirklich begreifen, wie Versicheru­ngen für jede Kleinigkei­t, Reservieru­ngen mit dem Handtuch, geschlosse­ne Geschäfte am Sonntag oder den Recycling-Eifer der Deutschen, die meist sehr streng aussähen, aber doch sehr hilfsberei­t und freundlich seien.

„Schwäbisch klingt wie ein Geräusch“

481 junge Erwachsene aus 76 Nationen sind derzeit an der Hochschule eingeschri­eben. Syed bestärkt das Klischee: „Pünktlichk­eit ist sehr wichtig bei allen Deutschen. Früh aufwachen und früh schlafen ist der Schlüssel zum Erfolg.“Sijan ergänzt: „Deutschlan­d ist auch ein Land voller Gesetze. Es gibt für jeden Schritt ein Gesetz, das unbedingt befolgt werden muss.“Kavya schätzt die Sauberkeit hierzuland­e, wundert sich aber, dass das anscheinen­d nicht für Kippenstum­mel gilt. „Überall sind Zigaretten­stummel.“Und nicht zuletzt lässt sich Hussein über den Dialekt der Süddeutsch­en hier aus: „Schwäbisch klingt wie ein Geräusch.“Die Ausstellun­g zeigt: Europa kann auch ganz viel Spaß machen.

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FOTO: MARGRET WELSCH Eine Frauengrup­pe formt Absperrban­d zu einem Stern, wie es zwölf auf der blauen Europa-Flagge gibt, die für Einheit, Solidaritä­t und Harmonie unter den Völkern stehen.

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