Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Katholisches Schulwerk gestaltet seit 50 Jahren
Festredner Abt Notker Wolf legt Erziehern die Ehrfurcht vor den Kindern ans Herz
RAVENSBURG – Zahlreiche Besucher haben am Freitag in der Dr.Ludwig-und-Fanny-Erlanger-Halle am Ravensburger Bildungszentrum Sankt Konrad das 50-jährige Bestehen des Katholischen Schulwerks Ravensburg-Weingarten gefeiert. Mit Musik und einem geistlichen Impuls, Grußreden, Festreden und einem Stehempfang haben die Teilnehmer eine der größten Bildungseinrichtungen der Region gewürdigt.
Lebhafte Märsche und gefühlvolle Lieder umrahmten das üppige Fest und sorgten immer wieder für anregende Entspannung. Eine theologische Kommission las aus dem Paulus-Brief an die Philipper. Darin ermahnt der Apostel zur Eintracht: „In Demut schätze einer den anderen höher als sich selbst“. Pfarrer Hermann Riedle übersetzte die Erfahrungen der ersten christlichen Gemeinde im Jahr 55 in die Gegenwart der Schulgemeinde. In einer Gesellschaft, in der es vor allem um Leistung, Datentransfer und Technik gehe, komme es auf die Herzlichkeit in den einzelnen Beziehungen an. Liebe sei ja damals zum Markenzeichen der Christen geworden, sagte Pfarrer Riedle. „Die Liebe untereinander ist aber nur möglich, weil sie von der Liebe Jesu Christi getragen ist“, betonte er. Alle zusammen sangen darauf das Taizé-Lied „Laudate omnes gentes“, auf Deutsch „Alle Völker lobet (den Herrn)“.
Beginn mit 420 Schülern
Einen eindrucksvollen Überblick über die Geschichte des Schulwerks gab Vorstandsvorsitzender Franz Ehrat. Die 1960er-Jahre seien eine Zeit des Umbruchs gewesen, erinnerte er und nannte unter anderem die Beatles, den Mauerbau und die Studentenunruhen. In Baden-Württemberg wurden die öffentlichen Bekenntnisschulen abgeschafft. Neben Reutlingen, Spaichingen und Bad-Waldsee engagierten sich auch in Ravensburg und Weingarten im Jahr 1967 Eltern für eine staatlich geförderte private Bekenntnisschule. „Erwin Besenfelder und seine Mitstreiter gründeten 1967 das Schulwerk“, berichtete Franz Ehrat. „Am 15. September 1969 war mit 420 Schülern Schulbeginn. Ich war auch dabei!“, bekannte der Ehemalige stolz. Aus dem Provisorium ohne Licht und Kanalisation war nach sieben Jahren das Bildungszentrum St. Konrad mit Grund- und Hauptschule, Tagesheim, Kindergarten, Realschule und Gymnasium entstanden. 1976 eingeweiht entwickelte sich daraus eine der größten Bildungseinrichtungen der Region mit heute mehr als 2000 Kindern und Jugendlichen.
Nach Grußworten von Gerd Hruza, Leiter des Bildungszentrums, Harald Häupler, Stiftungsdirektor des Bischöflichen Schulamts der Diözese Rottenburg-Stuttgart, und Rainer Beck, Fachbereichsleiter der Stadt Weingarten, trat Benediktiner-Abt Notker Wolf in seinem langen, braunen Ordensgewand ans Rednerpult. Er gratulierte zu der „enormen Leistung“und erzählte entspannt, wie er mit Frühsport, Flötenspielen und Arabisch lernen seinen Tag beginne. „Der Mensch ist lernfähig“, folgerte er. Ihm sei die Freiheit gegeben Gutes zu tun, aber er könne sich auch selbst schaden, zum Beispiel essen, wenn er schon satt sei. Das rechte Maß sei die Mutter aller Tugenden. „Die Freiheit ist wie Wasser. Sie muss gefasst werden, braucht Begrenzung, sonst verliert sie sich“, erklärte er. Disziplin, Rhythmus und Struktur seien nötig, um „Nullbock-Phasen“zu überwinden.
Freiheit und Toleranz
Zur Freiheit gehöre aber auch Toleranz, räumte der Benediktinerpater ein. „Nach der Ehrfurcht vor Gott ist das Wichtigste in der Erziehung die Ehrfurcht vor dem anderen. Die Freiheit muss unser Motor und unsere Hoffnung bleiben“, mahnte er. Im Gespräch mit Schülern, Eltern und Lehrern erzählte der 1940 im Unterallgäu geborene Sohn eines Schneiders von seiner Schulzeit im Internat, als Zeit der größten Entfaltung. Schlechte Noten habe er auch geschrieben. „Überlegen, woran es liegt, aber nicht aufgeben!“war sein Rat bei schlechten Leistungen. Den Eltern empfahl Abt Notker Wolf: „Nehmen Sie sich viel Zeit, um als Familie miteinander ins Gespräch zu kommen!“Kinder, die spürten, dass die Eltern für sie da sind, würden Vertrauen entwickeln. Dankbar nahmen die Zuhörer nach einem „Vater unser“den Segen durch Abt Notker Wolf entgegen.