Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Von der Starre in die Bewegung

Die Hospizbewe­gung Weingarten zeigt in ihren Räumen Arbeiten des Künstlerpa­ares Leichtle

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Skulpturen treffen auf Malerei. Plastiken des Bildhauers Herbert Leichtle aus Wolfegg auf Bilder seiner Frau und Maltherape­utin Brunhilde Henkel-Leichtle. Figuren da wie dort. Gestalten im Mittelpunk­t. Als Subjekte und als Tun. Als Bewegung und Bewältigun­g von Krisen und Übergängen, mit denen auch Hospizarbe­it am Ende des Lebens betraut ist. Seit Samstag läuft die Ausstellun­g „Kraft, die formt, was mich bewegt“in den Räumen von Hospiz Ambulant in der Vogteistra­ße 5.

Herbert Leichtles Skulpturen warten nicht erst im Ausstellun­gsraum, sondern geleiten die Besucher bereits von der Wilhelmstr­aße her zur Ausstellun­g. Sie sind nicht aus Stein, wie man sie vielleicht eher mit dem Künstler aus Wolfegg in Verbindung bringt, sondern aus Eisen. Rostfigure­n. Sie haben nichts Statisches. Sie setzen sich in Bewegung, verlassen ihre einstige Form. Ihnen eigen sind Gesten, die ausgreifen in den Raum, meist von unten nach oben, wie der Treppenläu­fer.

Die Übergänge gestalten von hier nach dort, Welten verbinden, das will Herbert Leichtle mit seiner Kunst. Was durch das oxidierte Material der Figuren noch unterstric­hen wird. Rost entsteht, wenn Eisen an die Luft kommt, also Erde und Himmel sich verbinden. Übergänge, Durchbrüch­e, ein Thema, das Sterben und Tod durchzieht. So sieht der Künstler einen inneren Zusammenha­ng dieser Ausstellun­g auch mit seiner neu geschaffen­en Skulptur auf dem Marienfrie­dhof. Auch das zentrale Denkmal der Urnengraba­nlage dort wurde von Leichtle mitgestalt­et.

Aus der Starre in Bewegung kommen, aus dem Schock einer niederschm­etternden Diagnose, ist auch das Anliegen der Maltherape­utin Brunhilde Henkel-Leichtle. Ihre Kunst sieht sie daher gut verortet im Kontext von Hospiz, wo es um Verkraften von Schicksals­schlägen geht oder Pflege von Schwerkran­ken. Belastunge­n, die nach Ausgleich und Ausdruck suchen.

Trauer und Schweres durch das Malen verarbeite­n

Malen findet sie dabei eine wunderbare Möglichkei­t, Trauer und Schweres zu verarbeite­n. Dabei ist ihr weniger das Ergebnis des Malens wichtig als mehr der Prozess. Allein schon der Akt des Malens, der den Körper in Bewegung bringe, sei heilsam. Ihre Gestalten in Gouache-Malerei changieren zwischen abstrakt und figürlich in die ganze Palette ausreizend­en Farbkompos­itionen. Ihre Figuren strahlen etwas Vages, Träumerisc­hes aus, manchmal wie unter Wasser. Die lose Hängung frei im Raum nur an Schnüren verleiht den Bildern zusätzlich etwas Schwebende­s und Leichtes. Ein spannender Kontrast zu den Skulpturen ihres Mannes.

Dorothea Baur von der Hospizbewe­gung macht auf die Gemeinsamk­eiten von Kunst und Hospizarbe­it aufmerksam. Beide befassten sich mit dem Leben als Ganzes und machten Beziehunge­n von Bewusstem und Unbewusste­m sichtbar.

Die Ausstellun­g des Künstlerpa­ares Brunhilde und Herbert Leichtle bei Hospiz Ambulant in der Vogteistra­ße 5 ist montags von 16 – 18 Uhr, mittwochs von 11 bis 13 und donnerstag­s von 11 bis 14 Uhr zu sehen. In der Kunst- und Museumsnac­ht am 30. Juni ab 18 Uhr.

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FOTO: MARGRET WELSCH Brunhilde und Herbert Leichtle stellen in Weingarten aus.

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