Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
RTL spottet über Ravensburger Müllsystem
Inhaltlicher Fehler zeigt, dass der Sender das Konzept nicht verstanden hat
RAVENSBURG (jam) - „Mit dem Plastikmüll quer durch Ravensburg“. So süffisant titelt der Sender RTL einen aktuellen Fernsehbeitrag und macht sich damit über das langjährige Bringsystem lustig, wonach Verpackungsmüll nicht von der Müllabfuhr abgeholt wird, sondern persönlich zu den Wertstoffhöfen oder den Sammelstellen gebracht werden muss. Was der Sender allerdings nicht verstanden zu haben scheint: Dieses Müllsystem besteht kreisweit – und nicht nur in der Stadt Ravensburg.
Unzählige Ravensburger Bürger werden rund um den Marienplatz (im RTL-Beitrag Marktplatz genannt) gezeigt, die sehr zu bemitleiden sind, weil sie ihre scheinbar zentnerschweren, stinkenden Plastikmüllbeutel hinter sich herschleifen – und das jeden Samstag. „Die Einwohner müssen ihren Gelben Sack dort teils kilometerweit durch die Stadt schleppen“, heißt es im Infotext. „Und an den Sammel-Containern angekommen, dann auch noch am ,Müll-Inspektor’ vorbei.“Im Bild zu sehen ist ein freundlicher Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe, ein sogenannter Müllkoordinator, der prüft, ob die Wertstoffe korrekt getrennt sind. Nach diversem Lob und Tadel händigt er den Bürgern neue Gelbe Säcke aus. „Seit 2002 müssen die Ravensburger dieses Spielchen mitmachen“, so RTL.Dabei zeigt eine anschließende stichprobenartige Umfrage unter Ravensburgern, dass einige von ihnen diese Regelung gar nicht schlimm finden. Es sei halt Tradition. Zu Wort kommt auch Franz Baur, Kämmerer und Abfalldezernent des Landkreises Ravensburg, der das Bringsystem verteidigt.
Schließlich die „Erlösung“: „Mittlerweile hat auch der Landkreis ein Einsehen mit den Ravensburgern und entschieden: Ab kommendem Jahr werden die Gelben Säcke dann von zu Hause abgeholt.“Das stimmt nicht so ganz: Seit 1. Januar 2016 sind im Kreis Ravensburg nicht mehr die Kommunen für die Müllabfuhr zuständig, sondern das Landratsamt. Der Landkreis hat seitdem ein weitgehend einheitliches Müllsystem. Unterschiede gibt es vor allem beim Restmüll – hier haben die Städte Wangen und Isny andere Regelungen.
Der Kreistag beschloss im Oktober 2017 tatsächlich Reformen bei der Abfallentsorgung, darunter die Abschaffung des Bringsystems beim Gelben Sack zum 1. Januar 2019. Sogenannte Leichtverpackungen werden seitdem an der Haustür abgeholt – entweder gesammelt im Gelben Sack oder in der leeren Altpapiertonne. facebook.com/ schwaebische.oberschwaben schwaebische.de/ whatsapp
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