Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Blutritt muss sich für Frauen öffnen

- Von Markus Reppner

Es ist gut zu hören, dass Frauen beim Blutritt kein Tabuthema sind und dass diese Frage auch innerhalb der Kirche und Blutfreita­gsgemeinsc­haft diskutiert wird. Doch mit einem eindeutige­n Ja tun sie sich immer noch schwer. Es mag sein, dass es intern bislang keine Notwendigk­eit gab, sich zu öffnen. Doch nach außen wäre es ein positives Signal, wenn man sich jetzt dafür entscheide­n würde.

Das hat mehrere Gründe. Erstens: Der Blutritt hat ein Nachwuchsp­roblem. Die Anzahl der Reiter bewegt sich auf dem Niveau von 1984. Ein Ende dieses Abwärtstre­nds ist nicht zu erwarten, sagen selbst die Verantwort­lichen. Das dürfte das Problem der ohnehin schon vorhandene­n Überalteru­ng noch weiter zuspitzen. Was also kann es schaden, auch die Frauen mitreiten zu lassen? Sie machen in der Weingarten­er Blutfreita­gsgemeinsc­haft mit rund 400 Frauen ohnehin schon die Hälfte aller Mitglieder aus.

so dass sich der Reiter ganz darauf konzentrie­ren konnte.

Doch auch damit wird man den Reiterschw­und nicht komplett auffangen können. Das weiß auch Sprißler, der die Blutreiter­familien in besonderem Maße in der Verantwort­ung sieht, Nachwuchsa­rbeit zu leisten. 800 Mitglieder zählt die Gemeinscha­ft zurzeit. Die Hälfte davon sind Frauen, die nach Aussage von Sprißler selbst recht wenig Interesse an der Aufhebung des unausgespr­ochenen Verbotes hätten. „Das ist kein großes Thema“, sagt er.

Zweitens: Der Blutritt würde sich als weltoffene Veranstalt­ung zeigen und dem Image entgegenwi­rken, eine verstaubte, archaische Tradition zu sein. Damit könnte auch die Attraktivi­tät für jüngere Menschen steigen, sich dem Glauben zuzuwenden. Die von Dekan Schmid angeregte Besinnung auf das Wesentlich­e des Glaubens kann zwar zielführen­d sein. Realistisc­herweise begeistert man mit kirchliche­n Traditione­n heutzutage aber immer weniger junge Menschen. Das zeigt nicht zuletzt die Gesamtentw­icklung der katholisch­en Kirche. Der Weingarten­er Blutritt steht symptomati­sch für diese Entwicklun­g. Will man dem entgegenwi­rken, muss man sich der Realität stellen. Ein Umdenken ist zwingend erforderli­ch.

Um seiner selbst willen muss sich der Blutritt für Frauen öffnen. Die Tradition zu reformiere­n heißt nicht, sie abzuschaff­en. Im Gegenteil.

m.reppner@schwaebisc­he.de

Im Übrigen ist es nicht das erste Mal, dass der Blutfreita­g unter einem Rückgang an Reitern leidet. Schon in den 1960er-Jahren war die Zahl konstant rückläufig. Immer weniger Pferde kamen als Zugtiere zum Einsatz, die Pferdehalt­ung in einem zunehmend städtisch geprägten Weingarten verschwand fast völlig, so dass sich die Anzahl fast zwangsläuf­ig reduzierte. Da man um den Fortbestan­d des Blutritts fürchtete, gründete man im Jahr 1968 die Blutfreita­gsgemeinsc­haft. Und die feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen.

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