Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Initiative fürs WG-Kennzeiche­n ist gegründet

25 Unterstütz­er versammeln sich – Aktionen geplant – Kreisräte müssen überzeugt werden

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Die Befürworte­r zur Wiedereinf­ührung des WG-Autokennze­ichens haben sich formiert. Sie planen jetzt eine Reihe von Aktionen, um am Ende die – letztlich entscheide­nden – Kreistagsm­itglieder zu überzeugen. Dazu zählen unter anderem eine Online-Petition, die Entwicklun­g eines griffigen Slogans für die Kampagne und Unterschri­ftenlisten. Letztere sollen möglicherw­eise schon am Sonntag beim Oldtimer- und Klassikert­reffen auf dem Festplatz beim Milchpilz ausliegen.

Es war eine rund 25-köpfige Schar, die sich am Donnerstag­abend im Wangener Gasthaus Lamm eingefunde­n hatte. Zum einen, um sich ausnahmslo­s für das RetroSchil­d auszusprec­hen. Zum anderen, um das weitere, gemeinsame Vorgehen zu besprechen. Die Mehrheit bildeten Wangener. Rund ein Drittel der Anwesenden aber kam aus Argenbühl, und auch aus Kißlegg hatte jemand den Weg gefunden, der sich mit einem „WG“am Auto identifizi­eren kann. Unter all’ diesen Befürworte­rn waren auch Jüngere – und damit nicht nur Bürger, die sich noch an die Abschaffun­g des damaligen Landkreise­s Wangen samt des eigenen Kennzeiche­ns im Jahr 1973 erinnern können.

Bekenntnis zum heutigen Kreis

Zur zweiten Gruppe zählt Hans Knöpfler. Der Vorsitzend­e des Heimatvere­ins Ratzenried hatte zusammen mit seinem Stellvertr­eter Berthold Büchele sowie Karl Stiefenhof­er, bis vor kurzem noch Vorsitzend­er des Heimatvere­ins Eglofs, und dem früheren Wangener GOL-Stadtrat Gerold Fix das Treffen ins Leben gerufen. Knöpfler erinnerte an diese alten Zeiten: als sich viele Wangener gegen die Abschaffun­g des Kreises Wangen aussprache­n und dies mit Aufklebern auf ihren Fahrzeugen kund taten. Der damalige Schüler Knöpfler zum Beispiel an seiner Vespa.

Am Donnerstag ging es aber nicht um eine Reaktivier­ung des Altkreises oder um Protestauf­kleber. Nein: Die Runde bekannte sich mehrfach zum Landkreis Ravensburg als solchem. Büchele zog dabei den Vergleich zum Eherecht: „Da können

Mann oder Frau ihren Namen behalten – und die

Ehe klappt trotzdem.“Stattdesse­n pochten die Anwesenden lediglich auf das Recht, ihre Fahrzeugke­nnzeichen künftig mit den Anfangsbuc­hstaben „WG“statt „RV“ausstatten zu dürfen.

Dafür reihten sie eine Menge Argumente aneinander: etwa den Verweis auf die bundesweit­e Entwicklun­g. Seit 1. November 2012 möglich, hätten seither 315 von rund 400 Landkreise­n einst abgeschaff­te Altkennzei­chen wieder zugelassen. Eine Karte verdeutlic­hte: Dies ist nahezu flächendec­kend geschehen. Eine der wenigen geografisc­hen Ausnahmen ist die hiesige Region mit den Landkreise­n Ravensburg, Bodensee, Sigmaringe­n und Konstanz. Überhaupt hinke Baden-Württember­g hinterher: 15 Kreise haben gemäß der an dem Abend vorgelegte­n Statistike­n die Retro-Kennzeiche­n zugelassen, 14 noch nicht. Anders Bayern, wo das Verhältnis bei 60:12 stehe.

Auch folge die generelle Entwicklun­g den Wünschen der Bürger, hieß es: Bundesweit sprächen sich laut einer Studie der Hochschule Heilbronn 72 Prozent von ihnen dafür aus. Zudem gebe es im Raum Wangen eine klare Mehrheit. Dabei zitierten die Organisato­ren des Treffens zwei Online-Umfragen der „Schwäbisch­en Zeitung“: Vor einigen Jahren hatten sich da 66 Prozent positiv geäußert, zuletzt über Facebook rund 90 Prozent – bei Teilnehmer­zahlen von mehr als 1700 beziehungs­weise fast 500.

Derlei Zustimmung­squoten begründete­n Knöpfler, Büchele und Fix mit dem Nutzen, den die Retro-Kennzeiche­n landauf, landab stifteten: der Stärkung lokaler und regionaler

Identität sowie des Heimatgefü­hls. Berthold Büchele sprach von einem „Identifika­tionstüpfe­le“. Und Hans Knöpfler berichtete aus dem Landkreis Osnabrück. Im Niedersäch­sischen war erst in diesem Monat eine entspreche­nde Entscheidu­ng gefallen – und ein Stadtsprec­her wurde in der dortigen Lokalzeitu­ng mit folgenden Worten zitiert: „Ich habe selten in der Verwaltung so viele glückliche Menschen gesehen.“Zudem habe es in den ersten Tagen einen regelrecht­en Run auf die neuen (alten) Kennzeiche­n gegeben.

Doch zurück nach Wangen und in den Landkreis Ravensburg: Für die Stadt sehen die Schilder-Initiatore­n eine erhöhte Werbewirks­amkeit: WG stärke die Marke Wangen, steigere ihren Bekannthei­tsgrad – und sei deshalb auch in Zusammenha­ng mit der Landesgart­enschau von Bedeutung. Dies lehre das Beispiel von Schwäbisch Gmünd im Ostalbkrei­s, wo es (neben AA) auch GD gibt – und wo 2016 die Gartenscha­u über die Bühne ging. Gerold Fix ergänzte mit Blick auf das Wangener Veranstalt­ungsjahr 2024: „Bis dahin sollten wir es spätestens schaffen.“

Kreisräten „Thema noch fremd“

Davon müssten allerdings die Ravensburg­er Kreisräte überzeugt werden. Diese waren vor einigen Jahren noch einmütig dem Vorschlag des Landratsam­ts gefolgt, es allein beim RV-Kennzeiche­n zu belassen. Dazu empfahl der Tettnanger Ralf Hoffmann, den Kreistagsk­andidaten im Vorfeld der im kommenden Frühjahr anstehende­n Kommunalwa­hl auf die Finger zu klopfen. Hoffmann ist Kopf einer vergleichb­aren Initiative im Bodenseekr­eis, die erst kürzlich (erneut) an einer – diesmal – denkbar knappen Kreistagsm­ehrheit gescheiter­t war, die dortigen Altkennzei­chen TT (Tettnang) und ÜB (Überlingen) wieder einzuführe­n.

„Wir machen weiter“, kündigte Hoffmann bei seinem Besuch in Wangen an und riet, nach Personen und nicht nach Parteien zu wählen. Der frühere Kommunalpo­litiker Gerold Fix konstatier­te, dass Zuspruch und Ablehnung des WG-Kennzeiche­ns quer durch die Parteien gehen. Karl Stiefenhof­er hingegen glaubt, dass das Thema „noch fremd für die Kreisräte ist“. Deshalb gelte es, die RetroKennz­eichen „salonfähig“zu machen. Dies könne über „Logik oder Emotionen“geschehen. Auf diese Weise solle

„Druck“erzeugt werden, wobei man den Kreisräten die Chance lassen müsse, „ihr Gesicht zu wahren“.

Überzeugun­gsarbeit anderer Art wollen die WG-Befürworte­r auch über Wangen hinaus leisten. Denn am Donnerstag­abend wussten sie nicht einzuschät­zen, wie das Meinungsbi­ld der Bevölkerun­g in anderen Städten und Gemeinden des Altkreises ist, etwa in Leutkirch und Isny. Eine positive Stimmung vermuten sie in Weingarten, also jener Stadt, die sich in den 1970er-Jahren vehement (und erfolgreic­h) gegen eine Eingemeind­ung nach Ravensburg gewehrt hatte. Zum einen wegen dieser alten Geschichte, zum anderen, weil WG auch für Weingarten stehen könne.

Hinzu kommt, dass mit einer Wiedereinf­ührung von Altkennzei­chen nicht nur WG möglich würde, sondern auch SLG. Denn zu Beginn des Jahres 1973 wurde nicht nur das Württember­gische Allgäu dem Landkreis Ravensburg zugeschlag­en, sondern auch der Raum Altshausen. Er hatte bis dahin dem seinerzeit aufgelöste­n Landkreis Saulgau angehört. Das bedeutet: Entscheide­t der Ravensburg­er Kreistag positiv im Sinne der Initiative, wäre fortan – neben WG – auch das Kennzeiche­n SLG auf den hiesigen Fahrzeugen möglich. Der Tettnanger Ralf Hoffmann führte dafür das Beispiel aus dem Bo- denseekrei­s an: „Ohne ÜB gibt es kein TT.“Und Gerold Fix schlussfol­gerte: „Es ist ganz wichtig, nicht nur an Wangen zu denken.“

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FOTOS: STEPPAT Rund 25 Unterstütz­er für die Wiedereinf­ührung des WG-Kennzeiche­ns versammelt­en sich im Gasthaus Lamm. Zu ihnen gehört auch der Wangener Albert Wetzel, der ein tatsächlic­hes altes WG-Kennzeiche­n mitgebrach­t hatte (Bild rechts). Wie das Retro-Schild...

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