Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Initiative fürs WG-Kennzeichen ist gegründet
25 Unterstützer versammeln sich – Aktionen geplant – Kreisräte müssen überzeugt werden
WANGEN - Die Befürworter zur Wiedereinführung des WG-Autokennzeichens haben sich formiert. Sie planen jetzt eine Reihe von Aktionen, um am Ende die – letztlich entscheidenden – Kreistagsmitglieder zu überzeugen. Dazu zählen unter anderem eine Online-Petition, die Entwicklung eines griffigen Slogans für die Kampagne und Unterschriftenlisten. Letztere sollen möglicherweise schon am Sonntag beim Oldtimer- und Klassikertreffen auf dem Festplatz beim Milchpilz ausliegen.
Es war eine rund 25-köpfige Schar, die sich am Donnerstagabend im Wangener Gasthaus Lamm eingefunden hatte. Zum einen, um sich ausnahmslos für das RetroSchild auszusprechen. Zum anderen, um das weitere, gemeinsame Vorgehen zu besprechen. Die Mehrheit bildeten Wangener. Rund ein Drittel der Anwesenden aber kam aus Argenbühl, und auch aus Kißlegg hatte jemand den Weg gefunden, der sich mit einem „WG“am Auto identifizieren kann. Unter all’ diesen Befürwortern waren auch Jüngere – und damit nicht nur Bürger, die sich noch an die Abschaffung des damaligen Landkreises Wangen samt des eigenen Kennzeichens im Jahr 1973 erinnern können.
Bekenntnis zum heutigen Kreis
Zur zweiten Gruppe zählt Hans Knöpfler. Der Vorsitzende des Heimatvereins Ratzenried hatte zusammen mit seinem Stellvertreter Berthold Büchele sowie Karl Stiefenhofer, bis vor kurzem noch Vorsitzender des Heimatvereins Eglofs, und dem früheren Wangener GOL-Stadtrat Gerold Fix das Treffen ins Leben gerufen. Knöpfler erinnerte an diese alten Zeiten: als sich viele Wangener gegen die Abschaffung des Kreises Wangen aussprachen und dies mit Aufklebern auf ihren Fahrzeugen kund taten. Der damalige Schüler Knöpfler zum Beispiel an seiner Vespa.
Am Donnerstag ging es aber nicht um eine Reaktivierung des Altkreises oder um Protestaufkleber. Nein: Die Runde bekannte sich mehrfach zum Landkreis Ravensburg als solchem. Büchele zog dabei den Vergleich zum Eherecht: „Da können
Mann oder Frau ihren Namen behalten – und die
Ehe klappt trotzdem.“Stattdessen pochten die Anwesenden lediglich auf das Recht, ihre Fahrzeugkennzeichen künftig mit den Anfangsbuchstaben „WG“statt „RV“ausstatten zu dürfen.
Dafür reihten sie eine Menge Argumente aneinander: etwa den Verweis auf die bundesweite Entwicklung. Seit 1. November 2012 möglich, hätten seither 315 von rund 400 Landkreisen einst abgeschaffte Altkennzeichen wieder zugelassen. Eine Karte verdeutlichte: Dies ist nahezu flächendeckend geschehen. Eine der wenigen geografischen Ausnahmen ist die hiesige Region mit den Landkreisen Ravensburg, Bodensee, Sigmaringen und Konstanz. Überhaupt hinke Baden-Württemberg hinterher: 15 Kreise haben gemäß der an dem Abend vorgelegten Statistiken die Retro-Kennzeichen zugelassen, 14 noch nicht. Anders Bayern, wo das Verhältnis bei 60:12 stehe.
Auch folge die generelle Entwicklung den Wünschen der Bürger, hieß es: Bundesweit sprächen sich laut einer Studie der Hochschule Heilbronn 72 Prozent von ihnen dafür aus. Zudem gebe es im Raum Wangen eine klare Mehrheit. Dabei zitierten die Organisatoren des Treffens zwei Online-Umfragen der „Schwäbischen Zeitung“: Vor einigen Jahren hatten sich da 66 Prozent positiv geäußert, zuletzt über Facebook rund 90 Prozent – bei Teilnehmerzahlen von mehr als 1700 beziehungsweise fast 500.
Derlei Zustimmungsquoten begründeten Knöpfler, Büchele und Fix mit dem Nutzen, den die Retro-Kennzeichen landauf, landab stifteten: der Stärkung lokaler und regionaler
Identität sowie des Heimatgefühls. Berthold Büchele sprach von einem „Identifikationstüpfele“. Und Hans Knöpfler berichtete aus dem Landkreis Osnabrück. Im Niedersächsischen war erst in diesem Monat eine entsprechende Entscheidung gefallen – und ein Stadtsprecher wurde in der dortigen Lokalzeitung mit folgenden Worten zitiert: „Ich habe selten in der Verwaltung so viele glückliche Menschen gesehen.“Zudem habe es in den ersten Tagen einen regelrechten Run auf die neuen (alten) Kennzeichen gegeben.
Doch zurück nach Wangen und in den Landkreis Ravensburg: Für die Stadt sehen die Schilder-Initiatoren eine erhöhte Werbewirksamkeit: WG stärke die Marke Wangen, steigere ihren Bekanntheitsgrad – und sei deshalb auch in Zusammenhang mit der Landesgartenschau von Bedeutung. Dies lehre das Beispiel von Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis, wo es (neben AA) auch GD gibt – und wo 2016 die Gartenschau über die Bühne ging. Gerold Fix ergänzte mit Blick auf das Wangener Veranstaltungsjahr 2024: „Bis dahin sollten wir es spätestens schaffen.“
Kreisräten „Thema noch fremd“
Davon müssten allerdings die Ravensburger Kreisräte überzeugt werden. Diese waren vor einigen Jahren noch einmütig dem Vorschlag des Landratsamts gefolgt, es allein beim RV-Kennzeichen zu belassen. Dazu empfahl der Tettnanger Ralf Hoffmann, den Kreistagskandidaten im Vorfeld der im kommenden Frühjahr anstehenden Kommunalwahl auf die Finger zu klopfen. Hoffmann ist Kopf einer vergleichbaren Initiative im Bodenseekreis, die erst kürzlich (erneut) an einer – diesmal – denkbar knappen Kreistagsmehrheit gescheitert war, die dortigen Altkennzeichen TT (Tettnang) und ÜB (Überlingen) wieder einzuführen.
„Wir machen weiter“, kündigte Hoffmann bei seinem Besuch in Wangen an und riet, nach Personen und nicht nach Parteien zu wählen. Der frühere Kommunalpolitiker Gerold Fix konstatierte, dass Zuspruch und Ablehnung des WG-Kennzeichens quer durch die Parteien gehen. Karl Stiefenhofer hingegen glaubt, dass das Thema „noch fremd für die Kreisräte ist“. Deshalb gelte es, die RetroKennzeichen „salonfähig“zu machen. Dies könne über „Logik oder Emotionen“geschehen. Auf diese Weise solle
„Druck“erzeugt werden, wobei man den Kreisräten die Chance lassen müsse, „ihr Gesicht zu wahren“.
Überzeugungsarbeit anderer Art wollen die WG-Befürworter auch über Wangen hinaus leisten. Denn am Donnerstagabend wussten sie nicht einzuschätzen, wie das Meinungsbild der Bevölkerung in anderen Städten und Gemeinden des Altkreises ist, etwa in Leutkirch und Isny. Eine positive Stimmung vermuten sie in Weingarten, also jener Stadt, die sich in den 1970er-Jahren vehement (und erfolgreich) gegen eine Eingemeindung nach Ravensburg gewehrt hatte. Zum einen wegen dieser alten Geschichte, zum anderen, weil WG auch für Weingarten stehen könne.
Hinzu kommt, dass mit einer Wiedereinführung von Altkennzeichen nicht nur WG möglich würde, sondern auch SLG. Denn zu Beginn des Jahres 1973 wurde nicht nur das Württembergische Allgäu dem Landkreis Ravensburg zugeschlagen, sondern auch der Raum Altshausen. Er hatte bis dahin dem seinerzeit aufgelösten Landkreis Saulgau angehört. Das bedeutet: Entscheidet der Ravensburger Kreistag positiv im Sinne der Initiative, wäre fortan – neben WG – auch das Kennzeichen SLG auf den hiesigen Fahrzeugen möglich. Der Tettnanger Ralf Hoffmann führte dafür das Beispiel aus dem Bo- denseekreis an: „Ohne ÜB gibt es kein TT.“Und Gerold Fix schlussfolgerte: „Es ist ganz wichtig, nicht nur an Wangen zu denken.“