Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kurt Dörr ist überraschend mit 72 Jahren gestorben
Der langjährige Vorstand des Bau- und Sparvereins Ravensburg hat viel bewegt und unter anderem den Rahlentreff aufgebaut
RAVENSBURG - Kurt Dörr ist tot. Die Nachricht traf seine Freunde und viele Bekannte und Weggefährten wie ein Schock. Umso mehr, als es so plötzlich und unerwartet geschah. Nur knapp über 72 Jahre ist Dörr geworden. Doch er hat tiefe Spuren hinterlassen: beim Bau- und Sparverein, bei dem er 16 Jahre lang als Vorstand amtierte, wie auch in seiner Gemeinde Dettenhausen nahe Tübingen, in der er ebenfalls 16 Jahre lang Bürgermeister war.
Überall wurden sein Rat, sein Humor und seine ansteckende Lebensfreude hoch geschätzt. Als Kurt Dörr, ein gebürtiger Tübinger, 1995 als Vorstand des Bau- und Sparvereins nach Ravensburg kam, hatte der Absolvent des gehobenen Verwaltungsdienstes schon 16 erfolgreiche Bürgermeister-Jahre in Dettenhausen hinter sich. Er machte das einst kleine, unbedeutende Bauerndorf am Rande des Schönbuchs zu einer Mustergemeinde, was bei seinem Abschied selbst das kritische Tübinger Tagblatt würdigte.
Beim Bau- und Sparverein fand der „Seiteneinsteiger“, der freilich ebenfalls 16 Jahre Aufsichtsrat der Tübinger Kreisbaugesellschaft gewesen war, ein reiches Betätigungsfeld. Konzentrierte sich die Genossenschaft vor Dörr hauptsächlich auf die Verwaltung ihrer rund 900 Mietwohnungen, so weiteten Dörr und sein Mitvorstand Bukowsky die Aktivitäten rasch aus.
25 Millionen in Sanierung gesteckt
25 Millionen Euro sind zwischen 1995 und 2010 in die Sanierung BSV-eigener Wohnungen investiert worden. Eine Rekordsumme.
Dörr, der im BSV-Vorstand als „Außenminister“fungierte, entdeckte eine Aufgabe, die es bei der Genossenschaft bis dato nicht gab: kommunale Dienstleistungen. Von 1998 bis 2000 wurden unter Federführung des Bau- und Sparvereins 300 städtische Wohnungen, vor allem im Ravensburger Süden, saniert. In enger Kooperation mit der Stiftung Liebenau machte der BSV seinen Mietern ein Service-Angebot, das unter anderem soziale Betreuung, umfangreiche medizinische und andere Dienstleistungen umfasst. Der Rahlentreff wurde etabliert und arbeitet bis heute sehr erfolgreich, eine Senioren-WG wurde gegründet. Der BSV schuf die beiden ersten Holzhackschnitzel-Anlagen im Landkreis und konzipierte den Ortsentwicklungsplan Taldorf samt Vermarktung von rund 100 Bauplätzen.
Die Liste der Projekte aufzuzählen, die unter Dörrs und Bukowskys Führung verwirklicht wurden, sprengt den Rahmen. „Die Jahre mit Dörr und Bukowsky waren meine besten Jahre beim Bau- und Sparverein“, stellte Ravensburgs Alt-OB Karl Wäschle, der 40 Jahre AufsichtsratsChef war, beim Abschied fest.
Kurt Dörr und seine Frau Angelika, früher Inhaberin einer Naturheilpraxis in Tettnang, blieben auch nach 2010, als der BSV-Vorstand in den Ruhestand ging, in Weingarten wohnen. Und sein Rat war auch danach stets gefragt, sein Humor und seine Lebensfreude geradezu ansteckend. Unvergesslich denen, die dabei waren, sein Auftritt im Ravensburger Gemeinderat, als es um die Sanierung der städtischen Wohnungen ging: Gleich zweimal erteilte Kurt Dörr dem Oberbürgermeister das Wort. So viel gelacht wie über seine Reden wurde in diesem Gremium selten. Einmal Bürgermeister – immer Bürgermeister, ulkte ein Stadtrat seinerzeit.
Umfangreiches Netzwerk
Kurt Dörr pflegte wie wenige Freundschaften und sein großes Netzwerk. Ja, er war geradezu ein Genie der Freundschaft. Und ein Familienmensch ist er auch gewesen: Einer seiner Enkel hat einmal gesagt: „Wenn ich groß bin, werd‘ ich ein Kurt.“Viele werden diesen ungewöhnlichen Menschen schmerzlich vermissen.