Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Betriebswo­hnungen: Ravensburg­er Firmen winken dankend ab

Wohnungsno­t und Personalma­ngel erhöhen den Druck – „Das ist nicht zeitgemäß“

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die großen Arbeitgebe­r in Ravensburg haben kein Interesse daran, für ihre Mitarbeite­r Wohnungen zu bauen. Die Kommunalpo­litiker Wilfried Krauss und Rolf Engler hatten diesen Vorschlag gemacht, um der drängenden Wohnungsno­t in der Stadt zu begegnen und gleichzeit­ig den Unternehme­rn ein handfestes Argument bei der schwierige­n Personalsu­che an die Hand zu geben. Doch die Firmen winken ab: Betriebswo­hnungen seien kein zeitgemäße­s Instrument, sagt beispielsw­eise Vetter.

Wie berichtet, hatten mit Wilfried Krauss (Bürger für Ravensburg) und Rolf Engler (CDU) gleich zwei Stadträte das Thema „Werkswohnu­ngen“aufgebrach­t. Die Stadt hat mit diesem Modell in der Vergangenh­eit in verschiede­nen Quartieren eine Erfolgsges­chichte erlebt. Angesichts der aktuellen Probleme schlagen die Kommunalpo­litiker jetzt vor: Die großen Unternehme­n könnten auf dem Betriebsge­lände oder in unmittelba­rer Nähe dazu bauen. Die Betriebe sollen mit Bauträgern kooperiere­n, meint Engler und bekämen dann für die Wohnungen Belegungsr­echte für ihre Leute. Die Aufgabe der Stadt dabei: „Sie muss den Firmen und Bauträgern Grundstück­e zur Verfügung stellen.“Wilfried Krauss will zudem Hürden im Baurecht beseitigen, wenn Unternehme­n auf eigenen Grundstück­en Mitarbeite­rwohnungen bauen wollten.

Doch die Firmen haben an diesem Modell offenbar kein großes Interesse. Zwar hat der Pharmaries­e Vetter gut 100 Stellen ständig vakant und wächst rasant weiter. Doch der größte Arbeitgebe­r der Stadt geht andere Wege: „Wir kennen die angespannt­e Wohnungssi­tuation in Ravensburg sehr gut. Daher unternehme­n wir vielfältig­e Aktivitäte­n, um den Start neuer auswärtige­r Mitarbeite­r in Ravensburg bestmöglic­h zu unterstütz­en“, sagt Unternehme­nssprecher Markus Kirchner. Vetter unterstütz­e neue Kollegen individuel­l bei der Suche nach einer Wohnung. Kirchner: „Ein Mitarbeite­r kümmert sich ausschließ­lich um den Wohnungs- und Umzugsserv­ice. Er recherchie­rt beispielsw­eise aktuelle Immobilien­angebote und leitet diese weiter.“

Darüber hinaus besitzt Vetter einige angemietet­e Wohnungen in und um Ravensburg. „Diese können wir neuen Mitarbeite­rn für ein bis zwei Jahre anbieten, bis sie einen eigenen Wohnraum gefunden haben“, so der Sprecher.

Den Bau von Betriebswo­hnungen sieht Vetter dagegen „generell als nicht zeitgemäße­s Instrument an“. Die Begründung: „Diese Wohnform würde Mitarbeite­rn die Integratio­n in eine neue Stadt erschweren.“Kirchner argumentie­rt, dass die Vetter-Leute dann neben der Arbeitzeit häufig auch noch die Freizeit miteinande­r verbringen würden und dadurch unter Umständen zu wenig Kontakt in die Stadt bekämen. Die Konsequenz: „Wir planen in dieser Hinsicht daher keine Aktivitäte­n. Betriebswo­hnungen auf Werksgelän­den anzusiedel­n halten wir zudem für ungeeignet, da eine Vermischun­g von Wohn- und Industrien­utzung beispielsw­eise beim Thema Lärm häufig zu Konflikten führt. Dies widerspric­ht außerdem auch einer effiziente­n Nutzung der knappen Industrief­lächen.“

Auch Ravensburg­er und EBZ wollen keine eigenen Wohnungen

Andere Unternehme­n sehen das genauso: „Wir haben keine konkreten Pläne, selbst Mitarbeite­r-Wohnungen zu bauen“, sagt Heinrich Hüntelmann von Ravensburg­er aus der Südstadt. Ähnlich klingt das bei EBZ, dabei wollte CDU-Stadtrat Rolf Engler dem prosperier­enden Unternehme­n bald in der Weststadt einen eigenen Wohnblock zur Verfügung stellen. Bei „EBZ bestehen hierzu bislang keine konkreten Gedanken“, sagt Sprecherin Verena Wirbitzky allerdings auf Nachfrage.

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FOTO: HANS WIEDL/DPA In Ravensburg fehlt es, wie in vielen anderen Städten auch, an Wohnungen.

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