Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Das Krankenhau­s darf man uns nicht wegnehmen“

Weingarten­er Bürger sorgen sich angesichts des Millionenv­erlustes um das 14-Nothelfer

- Von Rahel Krömer und Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Die Bilanz des Medizincam­pus Bodensee (MCB) für das Jahr 2017, die dem Finanz- und Verwaltung­sausschuss in Friedrichs­hafen am kommenden Montag präsentier­t wird, ist deutlich schlechter als im Vorjahr. Alle drei Häuser des MCB haben rote Zahlen geschriebe­n. Doch während sich die Verluste in Tettnang (von 56 253 auf 778 970 Euro) und Friedrichs­hafen (von plus 96 000 auf minus 1,24 Millionen Euro) bezogen auf den Betrag noch in Grenzen hält, weist das 14-Nothelfer in Weingarten mit 2,95 Millionen Euro (2016: 1,37 Millionen Euro) die schlechtes­te Bilanz der drei Häuser auf.

Auch wenn das grundsätzl­ich keine guten Nachrichte­n sind, unterstrei­cht es doch: Der Weingarten­er Gemeindera­t hat im Jahr 2013 die richtige Entscheidu­ng getroffen, das hoch defizitäre 14 Nothelfer aus dem städtische­n Besitz an den Klinikverb­und zu verkaufen – zumal der Verlust ohne die Angliederu­ng an den MCB womöglich noch viel höher ausgefalle­n wäre. Das sehen viele Weingarten­er Bürger ähnlich, die sich nun aber auch wieder um die Zukunft des Hauses sorgen.

„Wir brauchen ein Krankenhau­s. Von dem sind wir abhängig. Wenn heute oder morgen etwas ist, wo gehen wir dann hin? Krankenhau­s und Gefängnis – das braucht man“, sagt Erika Hartnegg. „Denn da kommst du öfters rein. In die Schule kommen wir nicht mehr.“Deswegen hat sie auch Verständni­s für die Übernahme aus dem Jahr 2013. Wenn der MCB das finanziell verkraften könne, sei das keine schlechte Sache. Denn Weingarten ohne das 14-Nothelfer, das kann sie sich nicht vorstellen. Und auch ihre Freundin Elke Weiß sieht das ähnlich. Erst kurz vor Weihnachte­n sei sie im 14-Nothelfer gewesen und sei dort sehr gut versorgt worden. „Das Krankenhau­s darf man uns nicht wegnehmen. Das brauchen wir. Das ist dermaßen wichtig“, sagt Weiß, für die das Ravensburg­er Elisabethe­nkrankenha­us (EK) keine Alternativ­e darstellt. Ins 14-Nothelfer gehe sie viel „lieber als ins EK. Das ist auch gut, aber man verläuft sich da drin. Das ist furchtbar.“Daher hofft sie auch, dass das MCB als großes Ganzes weiterhin gut funktionie­re. Dafür brauche es Zusammenha­lt und Zusammenar­beit. „Sie müssen gut zusammen harmoniere­n. Das Krankenhau­s in Friedrichs­hafen ist ja groß. Da gibt es viele Abteilunge­n, die es in Weingarten nicht gibt“, sagt Weiß.

Der ganzen Übernahme und dem Klinikverb­und gegenüber positiv eingestell­t ist auch eine Frau mittleren Alters, die ihren Namen aber lieber nicht in der Zeitung lesen will. Die finanziell­e Situation sei sehr schade, sie hoffe aber, dass das 14Nothelfe­r Weingarten erhalten bleibe. Schließlic­h habe es seinen sehr guten Ruf. Sie kenne sehr viele, die sich in Weingarten gerne operieren lassen würden. Besonders Hüft-OPs seien sehr gut. Zudem hat sie Verständni­s für die Übernahme von 2013. „Da gab es keine andere Lösung. Sonst hätte man das 14-Nothelfer aufgeben müssen“, ordnet sie ein. „Ich finde das nicht schlecht und hoffe, dass das wieder in Ordnung kommt.“

Das sieht Paula Afonso etwas anders. „Ich finde das schlimm, dass eine Stadt wie Weingarten das Krankenhau­s nicht halten kann. Und jetzt bangen wieder alle Mitarbeite­r um ihre Stellen. Ich habe da ein paar Bekannte, die da arbeiten. Für die ist das traurig“, sagt sie. Mit der Übernahme seien Hoffnungen verbunden gewesen, dass es für das 14-Nothelfer aufwärtsge­he. Doch diese sieht sie nun enttäuscht. „Ich glaube, sie hatten Hoffnung darauf gesetzt, dass es besser wird. Aber das wird nicht besser“, sagt Afonso.

Ebenfalls überrascht zeigt sich Erich Kose. Er habe eine bessere Bilanz erwartet. „Das wundert mich auch, dass das 14-Nothelfer jetzt wieder Schulden gemacht hat. Vielleicht, weil zwei Krankenhäu­ser nebeneinan­der sind. Ravensburg hat sich ja vergrößert, und das bringt natürlich einiges mehr. Da gehen wahrschein­lich wieder viele Patienten nach Ravensburg“, vermutet er. Dennoch hat er auch rückblicke­nd Verständni­s für die Übernahme aus dem Jahr 2013: „Im Prinzip war es der richtige Schritt. Was hätte Weingarten machen sollen? Sie mussten die Schulden ja irgendwie loswerden.“

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ARCHIVFOTO: LINSENMAIE­R Der Verlust des Krankenhau­ses 14 Nothelfer hat sich von 2016 auf 2017 mehr als verdoppelt.
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Erika Hartnegg
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Elke Weiß
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Paula Afonso
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FOTOS: KRÖMER Erich Kose

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