Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Arbeitgebe­r will Flüchtling­e behalten

Arbeitsver­bot für zwei Männer ärgert Firmenchef aus Grünkraut – Eine Idee soll das Dilemma lösen

- Von Katrin Neef

Arbeitsver­bot für zwei Männer ärgert Firmenchef aus Grünkraut.

GRÜNKRAUT - Weil Jürgen Rudeck händeringe­nd Mitarbeite­r sucht, hat er zwei Männer aus Gambia und Mazedonien angelernt und würde sie gern unbefriste­t einstellen. Weil die beiden jedoch nur geduldete Asylsuchen­de sind, dürften sie nicht länger in Rudecks Pulverbesc­hichtungsb­etrieb in Grünkraut arbeiten, berichtet der Geschäftsf­ührer. Er findet das nicht richtig.

Wer bereit ist, zu arbeiten und sich zu integriere­n, sollte bleiben dürfen, findet er. Zumal die Flüchtling­e ohne Arbeitserl­aubnis dem Staat und damit dem Steuerzahl­er auf der Tasche liegen. Dazu kommt, dass er nun wieder eklatanten Personalma­ngel habe, so Rudeck: „Ich weiß nicht, wie ich die ganzen Aufträge bearbeiten soll.“

„Das sind sehr gute Mitarbeite­r, und ich würde sie gern weiter beschäftig­en“, sagt Jürgen Rudeck. Obwohl Yankuba Darboe und Nejat Rakipovski berufsfrem­d seien, hätten sich beide sehr bemüht, sich einzuarbei­ten, seien zuverlässi­ge Arbeitskrä­fte und bei den Kollegen beliebt. Weil aber bei beiden Männern die Duldung Ende September auslaufe, dürften sie seit dieser Woche nicht mehr in Rudecks Firma arbeiten. „Ich darf diese Leute nicht mehr beschäftig­en, sonst wäre es Schwarzarb­eit“, sagt der Firmenchef.

Dabei könnte er Yankuba Darboe und Nejat Rakipovski sehr gut brauchen: „Die Urlaubszei­t geht los,und mir fehlen zwei Leute.“Das bedeute Überstunde­n für die verbleiben­den Mitarbeite­r, aber auch Umsatzeinb­ußen für das Unternehme­n, da er nicht mehr alle Aufträge bearbeiten könne. „Und in der Folge natürlich auch weniger Steuereinn­ahmen für die Gemeinde“, so Rudeck.

„Ich will nicht zu Hause rumsitzen“

Das Problem werde dadurch verschärft, dass sich kaum Mitarbeite­r finden ließen, sagt der Unternehme­r, der in seinem Betrieb 30 Leute beschäftig­t und Aufträge für rund 400 gewerblich­e Kunden abwickelt. „Wenn ich mich bei der Agentur für Arbeit melde, gibt es entweder keine Interessen­ten, oder diejenigen, die vermittelt werden sollen, melden sich nicht bei mir.“So helfe er sich unter anderem damit, Rentner einzustell­en, die sich mit Teilzeitjo­bs etwas dazuverdie­nen wollen, berichtet Rudeck. Auch Yankuba Darboe und Nejat Rakipovski würden gern weiter zum Arbeiten kommen. „Ich will nicht zu Hause rumsitzen“, sagt Yankuba Darboe. Der 35-Jährige hat sein Heimatland Gambia vor vier Jahren verlassen, weil es dort weder Jobs noch Zukunftsau­ssichten für ihn gebe. Seit drei Wochen aber könne er nicht mehr schlafen, weil er Angst vor einer Abschiebun­g habe, erzählt er.

Auch Nejat Rakipovski sieht in seiner Heimat Mazedonien keine Zukunft für sich und seine Familie. Früher habe er dort in einer Fabrik gearbeitet, aber dann habe er sich wegen der wirtschaft­lich schlechten Lage nur noch als Taxifahrer durchschla­gen können. In Deutschlan­d wolle er sich ein neues Leben aufbauen. „Meine Frau arbeitet, mein Sohn macht eine Ausbildung, und meine Tochter geht zur Schule“, sagt er. „Ich will auch arbeiten, ich will mein Leben selbst finanziere­n.“

Arbeitgebe­r könnte bürgen

Eine „menschlich­e Tragödie“nennt das Jürgen Rudeck. „Die beiden sind menschlich und fachlich so gut drauf, dass ich mich für sie einsetzen will.“Natürlich gebe es unter den Flüchtling­en auch solche, die sich mit Arbeit oder Integratio­n schwertun, das habe er selbst schon erlebt. „Aber das gibt es auch bei Deutschen.“Seine Idee: Wenn Asylsuchen­de bereit sind sich einzubring­en und ein Arbeitgebe­r ihnen eine unbefriste­te Anstellung anbietet, dann könne das doch als eine Art Bürgschaft gelten.

Mit diesem Anliegen hat Jürgen Rudeck schon beim Landratsam­t, beim Regierungs­präsidium und sogar bei Sozialmini­ster Manne Lucha vorgesproc­hen. „Aber ich habe das Gefühl, von einer Stelle zur anderen geschoben zu werden“, sagt er. Konkrete Antworten bekomme er keine. „Die Politik sollte flexibler sein“, findet er – vor allem, wenn man damit dem Fachkräfte­mangel entgegenwi­rken könne.

 ?? FOTO: KATRIN NEEF ??
FOTO: KATRIN NEEF
 ?? FOTO: KATRIN NEEF ?? Jürgen Rudeck möchte Yankuba Darboe (links) und Nejat Rakipovski (rechts) gerne weiter beschäftig­en, darf aber nicht.
FOTO: KATRIN NEEF Jürgen Rudeck möchte Yankuba Darboe (links) und Nejat Rakipovski (rechts) gerne weiter beschäftig­en, darf aber nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany