Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Arbeitgeber will Flüchtlinge behalten
Arbeitsverbot für zwei Männer ärgert Firmenchef aus Grünkraut – Eine Idee soll das Dilemma lösen
Arbeitsverbot für zwei Männer ärgert Firmenchef aus Grünkraut.
GRÜNKRAUT - Weil Jürgen Rudeck händeringend Mitarbeiter sucht, hat er zwei Männer aus Gambia und Mazedonien angelernt und würde sie gern unbefristet einstellen. Weil die beiden jedoch nur geduldete Asylsuchende sind, dürften sie nicht länger in Rudecks Pulverbeschichtungsbetrieb in Grünkraut arbeiten, berichtet der Geschäftsführer. Er findet das nicht richtig.
Wer bereit ist, zu arbeiten und sich zu integrieren, sollte bleiben dürfen, findet er. Zumal die Flüchtlinge ohne Arbeitserlaubnis dem Staat und damit dem Steuerzahler auf der Tasche liegen. Dazu kommt, dass er nun wieder eklatanten Personalmangel habe, so Rudeck: „Ich weiß nicht, wie ich die ganzen Aufträge bearbeiten soll.“
„Das sind sehr gute Mitarbeiter, und ich würde sie gern weiter beschäftigen“, sagt Jürgen Rudeck. Obwohl Yankuba Darboe und Nejat Rakipovski berufsfremd seien, hätten sich beide sehr bemüht, sich einzuarbeiten, seien zuverlässige Arbeitskräfte und bei den Kollegen beliebt. Weil aber bei beiden Männern die Duldung Ende September auslaufe, dürften sie seit dieser Woche nicht mehr in Rudecks Firma arbeiten. „Ich darf diese Leute nicht mehr beschäftigen, sonst wäre es Schwarzarbeit“, sagt der Firmenchef.
Dabei könnte er Yankuba Darboe und Nejat Rakipovski sehr gut brauchen: „Die Urlaubszeit geht los,und mir fehlen zwei Leute.“Das bedeute Überstunden für die verbleibenden Mitarbeiter, aber auch Umsatzeinbußen für das Unternehmen, da er nicht mehr alle Aufträge bearbeiten könne. „Und in der Folge natürlich auch weniger Steuereinnahmen für die Gemeinde“, so Rudeck.
„Ich will nicht zu Hause rumsitzen“
Das Problem werde dadurch verschärft, dass sich kaum Mitarbeiter finden ließen, sagt der Unternehmer, der in seinem Betrieb 30 Leute beschäftigt und Aufträge für rund 400 gewerbliche Kunden abwickelt. „Wenn ich mich bei der Agentur für Arbeit melde, gibt es entweder keine Interessenten, oder diejenigen, die vermittelt werden sollen, melden sich nicht bei mir.“So helfe er sich unter anderem damit, Rentner einzustellen, die sich mit Teilzeitjobs etwas dazuverdienen wollen, berichtet Rudeck. Auch Yankuba Darboe und Nejat Rakipovski würden gern weiter zum Arbeiten kommen. „Ich will nicht zu Hause rumsitzen“, sagt Yankuba Darboe. Der 35-Jährige hat sein Heimatland Gambia vor vier Jahren verlassen, weil es dort weder Jobs noch Zukunftsaussichten für ihn gebe. Seit drei Wochen aber könne er nicht mehr schlafen, weil er Angst vor einer Abschiebung habe, erzählt er.
Auch Nejat Rakipovski sieht in seiner Heimat Mazedonien keine Zukunft für sich und seine Familie. Früher habe er dort in einer Fabrik gearbeitet, aber dann habe er sich wegen der wirtschaftlich schlechten Lage nur noch als Taxifahrer durchschlagen können. In Deutschland wolle er sich ein neues Leben aufbauen. „Meine Frau arbeitet, mein Sohn macht eine Ausbildung, und meine Tochter geht zur Schule“, sagt er. „Ich will auch arbeiten, ich will mein Leben selbst finanzieren.“
Arbeitgeber könnte bürgen
Eine „menschliche Tragödie“nennt das Jürgen Rudeck. „Die beiden sind menschlich und fachlich so gut drauf, dass ich mich für sie einsetzen will.“Natürlich gebe es unter den Flüchtlingen auch solche, die sich mit Arbeit oder Integration schwertun, das habe er selbst schon erlebt. „Aber das gibt es auch bei Deutschen.“Seine Idee: Wenn Asylsuchende bereit sind sich einzubringen und ein Arbeitgeber ihnen eine unbefristete Anstellung anbietet, dann könne das doch als eine Art Bürgschaft gelten.
Mit diesem Anliegen hat Jürgen Rudeck schon beim Landratsamt, beim Regierungspräsidium und sogar bei Sozialminister Manne Lucha vorgesprochen. „Aber ich habe das Gefühl, von einer Stelle zur anderen geschoben zu werden“, sagt er. Konkrete Antworten bekomme er keine. „Die Politik sollte flexibler sein“, findet er – vor allem, wenn man damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken könne.