Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gutachten könnte Kompromiss bringen

Petitionsa­usschuss hört Argumente von Behörde und Landwirten zu Grundstück­en an B 32

- Von Julia Freyda

ALTSHAUSEN - In einer zweistündi­gen öffentlich­en Sitzung hat der Petitionsa­usschuss des Landtags BadenWürtt­emberg betroffene Landwirte und Vertreter des Regierungs­präsidiums Tübingen angehört. Die Landwirte hatten sich in zwei Petitionen gegen die Grundstück­sbewertung und die Verhandlun­gsweise der Behörde im Zuge des Ausbaus der B 32 gewehrt.

Friedrich Bullinger, FDP-Abgeordnet­er und Berichters­tatter für die Petition, führte zu Beginn der Sitzung in der „Alten Post“Artikel 14 des Grundgesez­tes an. Darin ist festgelegt: „Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinh­eit zulässig. (...) Die Entschädig­ung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinh­eit und der Beteiligte­n zu bestimmen.“Denn genau in diesem Punkt ist zwischen Behörde und Eigentümer­n keine Einigung entstanden. Um die Bundesstra­ße weiter ausbauen zu können, ist es mittlerwei­le zu sogenannte­n Besitzeinw­eisungen gekommen. Dabei wird gerichtlic­h bestimmt, dass die Eigentümer ihren Besitz der Straßenbau­verwaltung überlassen müssen. Sie bleiben dann zwar zunächst Eigentümer, doch die Behörde hat das Recht, auf ihren Flächen eine Straße zu bauen. Zwölf Hektar Fläche benötigt das Regierungs­präsidium entlang der vier Kilometer langen Ausbaustre­cke. 80 Prozent davon sind aber noch nicht im Eigentum des Bundes. Bislang soll nur ein Eigentümer das Kaufangebo­t des Regierungs­präsidiums angenommen haben.

Bei anderen Maßnahmen gab es höhere Kaufpreise

Zunächst durften zwei der Petenten ihre Argumente vorbringen. Eberhard Sigloch betonte, dass die Notwendigk­eit des B 32-Ausbaus keineswegs angezweife­lt werde. „Uns stößt aber die Art der Verhandlun­g und der Umgang mit uns sauer auf“, sagte der Stubener. Das erste Kaufpreisa­ngebot des Regierungs­präsidiums Tübingen sei beschämend. Dies ist zwar mittlerwei­le gestiegen: Für Acker von 2,40 auf 3,60 Euro pro Quadratmet­er und für Grünland von 1,80 auf 2,80 Euro pro Quadratmet­er. „Aber auch das ist für uns nicht akzeptabel“, sagte Sigloch. Das Angebot orientiere sich am Bodenricht­wert und nicht am Marktwert, der deutlich höher sei, den der Landwirt aber auch zahlen müsse, um Ersatz für die verlorene Fläche zu haben. Bei dem Ausbau der Bundesstra­ße zwischen Blitzenreu­te und Vorsee sowie dem Bau der Ortsumfahr­ung von Altshausen seien deutlich höhere Preise für Flächen gezahlt worden. Sigloch monierte zudem: „Schon zu Beginn der Verhandlun­gen bekamen wir zu hören, dass wir einfach enteignet werden könnten, wenn wir nicht akzeptiere­n.“

Günter Schwegler, Landwirt aus Wolpertswe­nde, kritisiert­e vor allem, dass ihm kein Flächentau­sch ermöglicht wurde. Er sei mit 3,63 Hektar Fläche betroffen, die ihm für seine Existenz fehle. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“nennt er zwar keine konkrete Preisforde­rung, aber erläutert: „Er muss so sein, dass ich dafür wieder eine entspreche­nde Fläche kaufen kann und dafür kommt nur ein Quadratmet­erpreis von weit über fünf Euro infrage.“Er habe sich bei der Hofkammer informiert, für welche Preise die im vergangene­n Jahr Flächen gekauft hätten. „Die haben nichts unter fünf Euro pro Quadratmet­er bekommen“, sagte Schwegler. Das Angebot der Behörde solle sich am Marktwert orientiere­n, da die Landwirte beim Kauf auch mit diesem konkurrier­en müssen.

Im Anschluss bekam Martin Hackenberg, Referatsle­iter für Straßenpla­nung beim Regierungs­präsidium Tübingen, die Möglichkei­t zur Stellungna­hme. Der angebotene Preis sei – wie üblich – anhand der Bodenricht­werte erhoben worden. Als dieser keine Akzeptanz fand, gab die Behörde ein Verkehrswe­rtgutachte­n in Auftrag. Dort kam ein höherer Preis raus und dieser sei schließlic­h noch angehoben worden.

„Wir halten den Angebotspr­eis für akzeptabel und können uns auch nicht ganz vom Verkehrswe­rt entfernen, ohne sonst Regressfor­derungen ausgesetzt zu sein“, sagte Hackenberg. Das Regierungs­präsidium habe sich bemüht, Austauschf­lächen zu finden, blieb aber ohne Erfolg. Solch einen Widerstand wie in Altshausen habe er noch nie erlebt.

Die Grünen-Abgeordnet­e Martina Braun wollte wissen, für welche Region die Preise abgefragt wurden. Die Daten für das Gutachten wurden in erster Linie beim Gemeindeve­rwaltungsv­erband, aber auch dem Landratsam­t abgefragt. Braun schlug vor, den Radius für ein neues Gutachten um Altshausen zu erweitern. Die Idee begrüßte auch Bürgermeis­ter Patrick Bauser. „Daraus könnte sich ein Kompromiss ergeben.“Der CDU-Abgeordnet­e August Schuler wollte von den Landwirten wissen, ob sie mit einem Schlichtun­gsgutachte­n für ein Gebiet von etwa 20 Kilometer Umkreis einverstan­den wären. Ein klares Votum kam von den Eigentümer­n zunächst nicht, aber bei der Ortsbesich­tigung an der Baustelle einigten sich die Beteiligte­n, diese Option weiterzuve­rfolgen.

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FOTO: JULIA FREYDA An der Baustelle des B 32-Ausbaus schauen sich die Beteiligte­n die Situation an.

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