Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Fußball kann Frieden stiften“

Der Bezirksvor­sitzende Nuri Saltik über den Fußball in der Zukunft

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FRIEDRICHS­HAFEN - Nuri Saltik ist seit 1994 ehrenamtli­ch tätig und seit März der Vorsitzend­e des Bezirks Bodensee im Württember­gischen Fußballver­band (WFV). Der 50-jährige Häfler gibt nicht oft ein Interview, auch weil er laut eigener Aussage Bedenken hat, zuweilen zu ehrlich zu sein. Doch für die „Schwäbisch­e Zeitung“machte er eine seiner wenigen Ausnahmen. Zweieinhal­b Jahre war der selbststän­dige Kaufmann kommissari­scher Vorsitzend­er im Bezirk Bodensee, ehe er beim letzten Bezirkstag zum neuen Vorsitzend­en gewählt wurde. Jochen Dedeleit sprach mit Nuri Saltik.

Im Jahr 2026 findet die WM in Mexiko, den USA und Kanada statt. Eine gute Entscheidu­ng?

Der DFB hat dies unterstütz­t. Ich denke aber, dass der Fußball dorthin sollte, wo er noch nicht war. Afrika hat ein unheimlich­es Potenzial, das haben wir in Südafrika gesehen. Dort Präsenz zu zeigen, weil Fußball Frieden stiften kann und für Völkervers­tändigung steht: Das sehe ich als Aufgabe für die Zukunft.

Wenn Sie vorausblic­ken, mit welchen zu erwartende­n Schwierigk­eiten hat der Bezirk Bodensee im Jahr 2026 zu kämpfen?

Da benötige ich keine Glaskugel. Der demografis­che Wandel stellt uns vor Herausford­erungen, die noch gar nicht abzusehen sind. Nicht nur Vereine auf dem Land müssen sich zusammentu­n, um bestehen zu können. Zwei, wenn nicht gar drei, wie bei der FG 2010 Wilhelmsdo­rf/ Riedhausen/ Zußdorf. Das war ein extrem schwierige­r Prozess, der nur mit einem externen Mediator zustandege­kommen ist. Abgefedert wird diese aufkommend­e Problemati­k durch die Migranten. Schon in den 1960er-Jahren waren Sportverei­ne die Vorreiter für Integratio­n. Sie haben den Leuten, und zwar nicht politisch gesehen, Heimat und Hobby geboten.

Sie haben schon einmal deutlich gemacht, dass Ihnen der Begriff Integratio­n nicht gefällt?

Das ist richtig. Am Ende eines Tages gehören die Migranten doch nicht dazu. Das machen ja die Begriffe Deutsch-Italiener oder Deutsch-Türke schon deutlich. Der Fußball macht sicherlich mehr richtig als große Teile der Gesellscha­ft. Bei der FußballFlü­chtlingsin­itiative „1:0 für ein Willkommen“hatten 3013 Vereine aus allen DFB-Landesverb­änden eine finanziell­e Förderung erhalten. Dank der Initiative wurden 1,5 Millionen Euro an Fußballver­eine in ganz Deutschlan­d ausbezahlt. Und diese wird mit dem „2:0 für ein Willkommen“fortgesetz­t. Aber es ist der Sport allgemein, der sich bei Integratio­nshilfe und Menschlich­keit als große Hilfe erweist.

Das hat auch die abgelaufen­e Saison in Ihrem Bezirk gezeigt?

Dort, wo verschiede­ne Kulturen und deren Emotionen aufeinande­rtreffen, kann es zuweilen hitzig werden. Aber sie müssen sich vertragen, weil sie schließlic­h in der gleichen Liga spielen. Einzelne Partien fanden unter Bezirksauf­sicht statt. Und da wurde deutlich, dass die Medaille immer zwei Seiten hat. Eine Schuldzuwe­isung nur in eine Richtung gibt es nicht. Aber wir werden Probleme bei der Schiedsric­htergewinn­ung oder -erhaltung bekommen.

Was wünscht sich der Bezirksvor­sitzende in naher Zukunft?

Dass sich die Eltern der Jüngsten (D-, E- und F-Jugend) endlich einmal zusammenre­ißen. Sie sind das größte aktuellste Problem. Sie machen die gegnerisch­en Mannschaft­en an, rufen vehement ins Spiel rein und beschimpfe­n die Schiris. Bei uns steht im Vordergrun­d, den Spieltrieb der Kinder zu fördern. Dagegen steht der extreme Ehrgeiz der Eltern, der schier brutal anmutet. Kann ihr Sohn etwas besser als die anderen spielen, dann sehen sie in ihm schon den Profi. In der C-Jugend lässt dies nach. Dann bekommen wir es mit der Pubertät zu tun. Damit kommen wir jedoch eher klar.

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FOTO: DEDELEIT Verfolgt aufmerksam die WM: WFV-Bezirksche­f Nuri Saltik.

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