Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Endlich freie Nachmittage?
Es ist oft hilfreich, Ereignisse nach der simplen Frage zu bewerten: Schadet oder nützt mir das? Beeinträchtigt es meine Gesundheit, dass Deutschland aus der WM rausgeflogen ist? Nicht wirklich. Wenn überhaupt, dann eher positiv, denn die Nerven werden in den nächsten Wochen geschont:
Kein aufwühlendes Elfmeterschießen, keine vermeintlich ungerechten Schiedsrichterentscheidungen, keine besoffenen deutschen Fans auf den Straßen, für die man sich im Urlaub schämen muss.
Werde ich dadurch ärmer oder reicher? Weder noch, falls ich nicht um Geld gewettet habe. Hat es negative Auswirkungen auf meine Liebesbeziehung, Familie, Freunde, sonstige sozialen Kontakte, auf beruflichen Erfolg oder persönliches Ansehen? Natürlich nicht. Unterm Strich bleibt nur Positives. Zuvorderst ein Gewinn an Freizeit. Laue Sommerabende auf dem Balkon statt vor der Glotze, und das Wetter soll die nächsten Wochen laut Siebenschläfertag fantastisch bleiben. Wer Weltmeister wird? Völlig egal.
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Deutschland ist raus! Jetzt aber zu schmollen, den Fernseher auszuschalten und die Weltmeisterschaft zu ignorieren, kommt für mich nicht infrage. Vier Jahre lang habe ich mich auf das Großereignis gefreut: Vier Wochen voller Fußball. Und diese vier Wochen lasse ich mir nicht vermiesen, nur weil Deutschland nach zweieinhalb Wochen nicht mehr dabei ist.
Ich sage nicht, dass es mir völlig egal war, wie weit Deutschland im Turnier kommt. Denn natürlich hätte ich gerne mehr als drei Deutschlandspiele verfolgt. Doch für mich ist die Weltmeisterschaft mehr, als die Spiele der deutschen Mannschaft: Für mich geht es darum, guten Fußball zu sehen. Wer vor dem WM-Aus absolut euphorisch war, seine Wohnung und sich selbst mit unzähligen schwarz-rot-goldenen Fanartikeln dekoriert hat und jetzt beleidigt ist und plötzlich nicht mehr weiß, was da gerade in Russland vor sich geht, ist für mich ein schlechter Verlierer. Fußballfreie Nachmittage gibt es für mich erst wieder ab dem 16. Juli – dem Tag nach dem Finale.
Sommerabende auf dem Balkon statt vor der Glotze.
Von Annette Vincenz
Wer jetzt abschaltet, ist ein schlechter Verlierer. Von Corinna Konzett
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