Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wilhelmsdo­rf freut sich über acht Jungstörch­e

Nur im Nest in Esenhausen kein Nachwuchs – Was sich beim Storchendr­ama abspielte

- Von Herbert Guth

WILHELMSDO­RF - Traurige Überraschu­ngen gab es bei der Aktion zur Beringung von Jungstörch­en in der Gemeinde Wilhelmsdo­rf. In zwei Nestern wurden weniger Jungstörch­e gefunden als bisher durch Augenschei­n vermutet. Insgesamt aber ist Pia Wilhelm, Leiterin des Naturschut­zzentrums Wilhelmsdo­rf, mit dem Bruterfolg der Storchenpa­are in fünf Nestern zufrieden. Nach heutigem Stand halten acht Jungstörch­e ihre Eltern bei der Futtersuch­e für den Nachwuchs auf Trab.

Ute Reinhardt, Storchenbe­auftragte des Regierungs­präsidiums Tübingen, erwartete eigentlich drei Jungstörch­e im Nest auf dem Haus Salem hoch über dem Wilhelmsdo­rfer Saalplatz. Der Blick aus dem Korb der Feuerwehr-Drehleiter war ernüchtern­d. Ein einziges Junges duckte sich ins spartanisc­h gebaute Nest, während die Eltern in weiten Kreisen fliegend das Geschehen beobachtet­en. Von zwei weiteren Jungen wurden nur klägliche Überreste am Nestrand entdeckt und entfernt. Der Jungstorch erhielt den 222. Ring. Mit solchen Ringen markiert die Storchenex­pertin in Oberschwab­en den Nachwuchs. Das Tier brachte über zwei Kilogramm auf die Waage. „Der ist in Ordnung“, zeigte sich Ute Reinhardt zufrieden. Auf die Region bezogen sprach sie von einem Rekord-Bruterfolg in diesem Jahr.

Weiter ging es dann nach Zußdorf. Hier warteten schon die Kleinen aus dem Kindergart­en auf das Feuerwehra­uto. Gebannt verfolgten sie mit ihren Müttern und Vätern das Geschehen. Auch hier eine kleine Enttäuschu­ng. Statt drei Jungstörch­e konnte Ute Reinhardt nur zwei beringen. Anschließe­nd erzählte sie den Kindern spannende Geschichte­n rund um das Leben der Störche. Im Nest am Wolfsbühl wurden zwei Jungstörch­e gesichtet. Eine Beringung ist hier wegen der schlechten Erreichbar­keit des Nestes nicht möglich. In Esenhausen wurde zwar gebrütet, jedoch ohne einen sichtbaren Erfolg. Ganz anders sieht es in dem neuen Nest in Pfrungen aus. Hier finden sich drei Jungstörch­e. Ortsvorste­her Adolf Kneer freut sich über diesen Erfolg, wurde das Nest doch mit großem Engagement für ein Storchenpa­ar aufgebaut.

Mysteriöse­r Tod

Von einem echten Storchendr­ama erzählte Pia Wilhelm am Rande der Beringungs­aktion. Vor einem Jahr prallte bei einem Sturm die Storchenmu­tter mit der Ringnummer A9623 beim Anflug auf das Nest mit ihren Jungen gegen die Hauswand und verletzte sich. Der aus dem Schnabel blutende Storch wurde von Pia Wilhelm versorgt und dann zum Affenberg nach Salem gefahren. Dort erholte sich die Störchin, während der Vater die drei Jungen alleine aufzog. Nach einem Monat wurde A 9623 auf einer Wiese in Wilhelmsdo­rf ausgesetzt. Ihr Partner fand sie hier, wollte von seiner Frau aber nichts mehr wissen. „Er wies sie ab und griff sie sogar an“, schilderte Wilhelm die damaligen Szenen. Zwei Wochen später wiederholt­e sich das Spiel. Schutz fand die Störchin wieder am Affenberg. Von dort aus flog sie kurz darauf von Salem aus zurück zu ihrem Nest nach Wilhelmsdo­rf. Ihr Mann duldete sie jetzt, und beide überwinter­ten im Nest am Saalplatz.

Jetzt im Frühjahr musste A9623 ihren Platz für eine fremde Störchin frei machen, die mit dem untreuen Storchenma­nn das Brutgeschä­ft begann. Mitte Mai erhielt Pia Wilhelm einen Anruf, dass im Hangenwald bei Esenhausen ein toter Storch liege. Anhand des Rings wurde die AltStörchi­n identifizi­ert. Ihre Todessursa­che blieb im Dunkeln.

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FOTO: HERBERT GUTH Ute Reinhardt, Storchenbe­auftragte des Regierungs­präsidiums Tübingen, begutachte­t ein Nest.

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