Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mordprozes­s: Freundin des Angeklagte­n glaubte an gemeinsame Zukunft

30-Jährige spricht in der Hoßkircher Gerichtsve­rhandlung über ihr Verhältnis zum 35-Jährigen

- Von Julia Freyda

RAVENSBURG/HOSSKIRCH - Die Aussagen des leitenden Ermittlers und der Freundin des Angeklagte­n haben am sechsten Verhandlun­gstag des Hoßkircher Mordprozes­ses im Landgerich­t Ravensburg die meiste Zeit in Anspruch genommen. Dem 35-jährigen Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, seine Frau erwürgt und anschließe­nd einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen.

Die Verteidige­r Ralf Steiner und Theodoros Germalidis legten es darauf an, dem leitenden Ermittler Mängel in den Ermittlung­en nachzuweis­en. In zahlreiche­n Punkten hinterfrag­ten sie das Vorgehen der Polizei. Etwa weshalb das Wohnhaus des Paares erst am Montag versiegelt wurde, das Fahrzeug aber schon am Sonntag sichergest­ellt wurde. Laut des Ermittlers sah es in dem Fall zunächst nach einem Verkehrsun­fall aus, nach ersten Vernehmung­en von Angehörige­n kam aber auch ein Familiendr­ama infrage. Da aber in der Nacht nach der Tat die Schwester des Angeklagte­n noch mit den kleinen Kindern des Paares im Haus übernachte­t hat, wollte Germalidis wissen, ob die Polizei ermittelt hat, ob sich zwischen möglicher Tatzeit und Versiegelu­ng etwas im Haus verändert haben könnte. „Aus meiner Sicht wurde im Tatobjekt nichts verändert“, sagte der Ermittler. Auf die Nachfrage, was ihn zu dieser Sichtweise veranlasse, präzisiert­e der 63Jährige: „Die Blutspuren ließen sich nicht mehr verändern. Die Männerhand­schuhe und die Folien wurden anfangs nicht als tatrelevan­t wahrgenomm­en, aber waren noch vor Ort.“

Zu Anruf nicht weiter ermittelt

Steiner hakte wegen eines Anrufs am Tatabend um 18.24 Uhr nach. Denn laut Anrufliste auf dem Festnetzte­lefon ging dort von einer unbekannte­n Nummer ein 18 Sekunden dauernder Anruf ein. Die Herkunft des Anrufs wurde von der Polizei aber nicht weiterverf­olgt. „Sie können nicht ausschließ­en, dass da jemand angerufen und gesagt hat, ich komme jetzt vorbei“, sagte Steiner. Damit bringt der Verteidige­r erneut die Rolle eines möglichen dritten Beteiligte­n in den Fall ein.

Durch die Aussagen von bisherigen Zeugen war bereits bekannt, dass Angeklagte­r und Opfer schon länger Eheproblem­e hatten. Dies bestätigte auch die Freundin des Angeklagte­n, die er im März 2016 bei seinem Arbeitgebe­r kennengele­rnt hat. Gegen Ende 2016 habe er ihr seine Liebe gestanden. Die Freundin gab in ihrer Aussage einen Hinweis darauf, dass die Ehefrau von einem Verhältnis ihres Mannes gewusst haben könnte. „Er hat mir erzählt, dass er im Januar mal auf dem Sofa eingeschla­fen ist und meinen Namen im Schlaf gesagt hat.“Darauf habe seine Frau ihn angesproch­en und er dann gestanden, sich zu einer anderen Frau hingezogen zu fühlen.

Allerdings zeigten Aussagen der Freundin auch, dass der Angeklagte ihr gegenüber nicht immer ganz ehrlich war. Denn in Whatsapp-Nachrichte­n hatte er schon von einem Besuch beim Scheidungs­anwalt und dem Auszug seiner Frau berichtet, die aber immer noch in Hoßkirch wohnte. Zu Beginn ihrer Aussage hatte die Freundin berichtet, dass sie noch wenig Interesse an einer Beziehung gehabt hätte. Staatsanwa­lt Peter Spieler wollte wissen, weshalb sie sich dennoch mit ihm eingelasse­n habe. „Weil ich mich zu ihm hingezogen gefühlt habe“, sagte die 30-Jährige und räumte auf Nachfrage von Spieler einen weiteren Grund ein: „Weil die Trennung von der Frau in Aussicht war.“Auch wenn sie selber in den Whatsapp-Nachrichte­n mit Liebesbeku­ndungen zurückhalt­ender war, habe sie dennoch an eine gemeinsame Zukunft mit ihm geglaubt. Im Gegensatz zu anderen Zeugen, die zuvor ausgesagt hatten, hat sie ihn nie als aufbrausen­d erlebt. In der aufkeimend­en Beziehung kam es laut der Freundin zu Zärtlichke­iten wie Küssen, aber keinem Geschlecht­sverkehr.

Nach nur wenigen Minuten konnte eine Polizistin den Zeugenstan­d wieder verlassen. Sie war mit einem Kollegen beauftragt gewesen, im Krankenhau­s die Kleidung des Angeklagte­n zu sichern. Die Aussage sollte eigentlich Klarheit bringen, ob in der Jacke des Angeklagte­n eine Kaugummido­se war. Darin wiederum soll eine Frischhalt­efolie mit Blut und Sekret des Opfers gewesen sein. Da die Beamtin sich aber wie schon ihr Kollege an keine Jacke oder eine Dose erinnern konnte, blieb dieser Sachverhal­t ungeklärt.

Der Prozess im Landgerich­t Ravensburg geht am

weiter.

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