Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kultur leben
Der Kalender kennt keine Gnade. In manchen Wochen ballen sich allerorten die Veranstaltungen als gäbe es kein morgen mehr. So auch in den kommenden Tagen. Wer mag, kann von einem Stadtfest zum nächsten tingeln. Wangen, Lindau, Biberach, Leutkirch, Langenargen – überall wird gefeiert. In Ulm und Neu-Ulm ebenfalls. Das Konzept des Internationalen Donaufestes ist ein besonders reizvolles. Bildet doch ein länderverbindender Fluss die Klammer des ganzen Treibens und macht zehn Tage auf Gemeinsamkeiten oder interessante Unterschiede in den zehn Ländern entlang seines Ufers aufmerksam. „Das Donaufest ist Schaufenster der kulturellen Vielfalt im Donauraum, aber auch Gelegenheit zur Begegnung, des Neuen und des gesellschaftspolitischen Diskurses über aktuelle Themen. Es steht für ein Miteinander ohne Grenzen in Frieden und Freiheit. (…) Gerade in Zeiten, in denen Europa droht auseinander zu driften, ist dies von zentraler Bedeutung“, heißt es in der Begrüßung der beiden Oberbürgermeister.
Die Vielfalt bildet sich wahrlich im Programm ab: der „Markt der Donauländer“bietet neben Kulinarik aus den beteiligten Ländern allerhand Straßenkunst, es gibt eine Ausstellung zu den Sathmarer Schwaben in Rumänien, Rapper Marcelo aus Serbien trifft auf die Ulmer Hip-Hop Crew Lemmiwings. Eine Podiumsdiskussion untersucht den Untergang der Donaumonarchie 1918, die Bands des donau-pop-camp präsentieren gemeinsame Probenergebnisse, das Kindertheater Babelart aus Österreich spielt sein Stück „Der Koch, eine Wurst und das verrückte Huhn“. Künstler besuchen und unterhalten Bewohner von Seniorenheimen und Einrichtungen der Behindertenhilfe – überhaupt ist
der soziokulturelle Begegnungsgedanke stark vertreten. Eine Fachkonferenz zu nachhaltiger Mobilität an den Ufern des Flusses und eine Veranstaltung des Ulmer Bündnisses gegen Menschenhandel kann besucht werden:
„Rotlicht entlang der blauen
Donau“. Wer heute Abend ins Donaufest einsteigen möchte, dem sei das Konzert von Martin Spengler & die foischn Wiener auf der Bühne in Neu-Ulm empfohlen: die Lieder des Quartetts tanzen „ummi zu dia“, wie die aktuelle CD vermeldet. Sie jubilieren, schmeicheln und schimpfen. Und vor allem: Sie überraschen! Musik der Welt im Sound Wiens, soulige Songschreiberkunst, die zwischen Wienerlied, Blues, Jazz, Pop, Walzer und Bossa Nova keine Grenzen mehr aufbaut. Musik, die ihre Wurzeln, wie der Jazz und seine Kinder, tief im 19. Jahrhundert hat, beim Blues eines Franz Schubert etwa. Mal verletzlich, fast zerbrechlich, dann wieder mit einem großen Juhu das Leben und die Liebe feiernd. Das ist gelegentlich gar komödiantisch, nie derb und immer von einer ungeheuren Liebe zur Sprache, von einer Feinheit im Detail durchdrungene Wiener Weltmusik!