Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie Erbsen Äpfel zum Wachsen bringen

Versuchsbe­trieb in Eschau löst Probleme aus der Praxis – Sorgen wegen neuer Pilzkrankh­eit

- Von Elke Oberländer

RAVENSBURG - Seit diesem Jahr ist der Landkreis Ravensburg eine von vier Bio-Musterregi­onen des Landes. Seine Nominierun­g hat der Kreis auch seinen Obstbauern zu verdanken. Denn rund um Ravensburg wirtschaft­en bereits 70 Prozent der Obstbauern biologisch. Daran wiederum hat wohl auch der Modellund Versuchsbe­trieb für Ökologisch­en Obstbau in Eschau seinen Anteil. Er hatte am Samstag zum Tag der offenen Tür geladen.

„Man braucht Forschung und Beratung“, sagt Grit Puchan. Die Ministeria­ldirektori­n im Ministeriu­m für ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz Baden-Württember­g ist angetan vom Modellbetr­ieb in Eschau. Besonders gefällt ihr, dass im Versuchsbe­irat Öko-Obstbauern, Vermarkter und Berater zusammenar­beiten. So würden tatsächlic­h Probleme aus der Praxis in der Forschung behandelt. Über diese Forschung haben sich am Samstag rund 120 Obstbauern aus der Region sowie aus Österreich, Slowenien, Polen, Südtirol und der Schweiz in Eschau informiert.

Eins der Probleme aus der Praxis ist die Düngung: Eigentlich sollte im ökologisch­en Landbau der Dünger aus dem Nährstoffk­reislauf des eigenen Betriebs kommen. Aber ein viehloser Obstbetrie­b hat keinen Mist, den er unter den Apfelbäume­n verteilen könnte. Und eine Fruchtfolg­e gibt es in den Dauerkultu­ren auch nicht. Deshalb sind die meisten Bioobstbau­ern gezwungen, Dünger zuzukaufen. Auf dem Versuchsbe­trieb in Eschau werden Alternativ­en getestet, die regional verfügbar sind oder die der Landwirt im eigenen Betrieb herstellen kann.

Eine alternativ­e Düngemetho­de ist es, in der Obstanlage unter den Bäumen Erbsen auszusäen. Erbsen, Bohnen und Lupinen sind dafür bekannt, dass ihre Samen viel Stickstoff enthalten. Man könnte sie schroten und unter den Bäumen verteilen, erklärt Sascha Buchleithe­r, fachlicher Leiter des Modellbetr­iebs. Die Versuche haben jedoch gezeigt, dass es noch effektiver ist, die Samen unter den Bäumen auszusäen. Dabei haben sich vor allem Erbsen bewährt. Die Forscher empfehlen, die Erbsen im Herbst direkt unter den Bäumen sehr dicht auszusäen. Im Frühjahr wird der Erbsenaufw­uchs dann eingearbei­tet und dient den Bäumen als Dünger. Dabei wird zugleich der Boden gelockert.

Sorgen macht den Obstbauern eine neue Pilzkrankh­eit: die Blattfallk­rankheit Marssonina. Sie komme aus Asien und habe sich in den vergangene­n Jahren in der Steiermark, in Südtirol, in der Schweiz und im Bodenseege­biet ausgebreit­et, berichtet Buchleithe­r. Die Krankheit lasse die Blätter vorzeitig abfallen, so dass die Apfelbäume bei der Ernte oft schon komplett entlaubt seien. Zudem befalle sie nicht nur Apfelplant­agen, sondern auch Streuobstw­iesen. Im Versuchsbe­trieb werden derzeit verschiede­ne Methoden zur Bekämpfung der Krankheit erprobt.

Solche Forschungs­projekte laufen meist über zwei Jahre und für diese Zeit sind auch die beteiligte­n Mitarbeite­r angestellt, berichtet Ulrich Mayr. Er ist Fachbereic­hsleiter im Ökologisch­en Obstbau beim Kompetenzz­entrum Obstbau Bodensee (KOB) in Bavendorf. Zum KOB gehört auch der Versuchsbe­trieb in Eschau. Mayr würde in Eschau gern auch die Auswirkung­en verschiede­ner Anbaumetho­den auf dem Boden untersuche­n – aber das ist in ZweiJahres-Projekten nicht zu machen. Deshalb wünscht er sich für den Modellbetr­ieb mehr dauerhaft angestellt­es Personal. Damit rennt er bei Ministeria­ldirektori­n Puchan offene Türen ein. Sie verspricht, sich dafür einzusetze­n, dass der Modellbetr­ieb in Eschau stärker gefördert wird. Denn das KOB mit seinem Modellbetr­ieb gehöre zu den Spitzenfor­schungsein­richtungen in Europa.

Einheimisc­he Betriebe können Bedarf nicht decken

Die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitt­eln ist groß. Die einheimisc­hen Betriebe können den Bedarf nicht decken. Deshalb hat die Landesregi­erung den Aktionspla­n „Bio aus Baden-Württember­g“aufgelegt. Eine Maßnahme dieses Plans ist auch der Aufbau des Modell- und Versuchsbe­triebs für ökologisch­en Kernobstba­u in Eschau. Seit 2010 hat das Kompetenzz­entrum Obstbau Bodensee dort Flächen gepachtet, um Obstsorten und Anbaumetho­den zu prüfen. Seit 2013 wird der Betrieb für wissenscha­ftliche Studien und als Schauanlag­e für Lehrverans­taltungen genutzt.

 ?? FOTO: ELKE OBERLÄNDER ?? Ministeria­ldirektori­n Grit Puchan vom Ministeriu­m für ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz lobt den Versuchsbe­trieb für ökologisch­en Obstbau. Im Hintergrun­d Landwirte, die zum Tag der offenen Tür angereist sind.
FOTO: ELKE OBERLÄNDER Ministeria­ldirektori­n Grit Puchan vom Ministeriu­m für ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz lobt den Versuchsbe­trieb für ökologisch­en Obstbau. Im Hintergrun­d Landwirte, die zum Tag der offenen Tür angereist sind.

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