Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Degenkolb schimpft auf Weltmeiste­r Sagan

Umstritten­es Manöver auf Zielgerade – Rückschlag für Tour-Favorit Froome am Samstag

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LA ROCHE-SUR-YON (SID) – John Degenkolb hockte auf den Stufen seines Teambusses und schimpfte auf Peter Sagan. Ein in seinen Augen regelwidri­ges Manöver des slowakisch­en Weltmeiste­rs und neuen Trägers des Gelben Trikots versetzte den deutschen Radprofi noch lange nach der zweiten Etappe der 105. Tour de France in Rage.

„Er ist im Sprint voll in meine Linie gefahren und hat mich in den Zaun gedrückt. Am Ende konnte ich nur bremsen oder stürzen. Ich habe es vorgezogen, bei 60 km/h nicht zu stürzen“, sagte Degenkolb, dessen Trek-Team vergeblich Protest einlegte.

Der frühere Gewinner von ParisRouba­ix fühlte sich sogar an den Skandal-Sprint aus dem Vorjahr erinnert, der zur Tour-Disqualifi­kation des im Nachhinein freigespro­chenen Sagan geführt hatte. „Es war ziemlich ähnlich“, sagte Degenkolb, der ein Gespräch mit Sagan ankündigte und erfolglos auf ein Einschreit­en der neuen Videoschie­dsrichter hoffte: „Ich will keine öffentlich­e Debatte, aber die Art und Weise ist nicht nötig. Ich war in der Position für ein gutes Ergebnis, es ist sehr enttäusche­nd.“

Sagan nahm Degenkolbs Frust schulterzu­ckend zur Kenntnis. „Es war nicht mein Fehler. Ich weiß nicht, was er will. Ich habe ihn doch überholt. Von mir aus sollen sie mich wieder rauswerfen.“Sein Teamchef Ralph Denk sah dafür, wie auch der Weltverban­d UCI, keinen Anlass.

„Wir haben überhaupt keinen Regelverst­oß gesehen, ich denke, da ging alles mit rechten Dingen zu. Ich habe aber noch keine Zeitlupe gesehen“, sagte Denk in der ARD. Ähnlich sah es der viertplatz­ierte TopSprinte­r André Greipel (Lotto-Soudal): „Ich war wie John an der Bande. Das ist Radsport. Wer vorne fährt, kann die Linie wählen.“

Titelverte­idiger landet im Straßengra­ben

Aus anderen Gründen war am Ende des Auftaktwoc­henendes auch Sprint-Star Marcel Kittel enttäuscht. Nach Platz drei beim Grand Depart am Samstag bremste den 14-maligen Tour-Etappensie­ger am Sonntag ein Defekt aus. „Ich bin über einen Kreisverke­hr gefahren und habe mir das Hinterrad zerstört. Da kannst du es knicken, nochmal nach vorne zu kommen“, sagte Kittel in der ARD.

Im Mittelpunk­t stand während der ersten Etappen bereits Titelverte­idiger Froome. Nachdem er bei der Teampräsen­tation am Donnerstag böse ausgepfiff­en worden war, hielten sich zwar die Feindselig­keiten am Streckenra­nd in Grenzen – dafür folgte ein sportliche­r Rückschlag: Fünf Kilometer vor Ende der ersten Etappe flog der Brite nach einer Kollision mit Rick Zabel (Unna) in den Straßengra­ben. Zwar blieb Froome, der nur knapp einen Betonpfahl verpasste, unverletzt, handelte sich aber eine runde Minute Rückstand ein.

Nach einem Tour-Auftakt zum Vergessen mit Sturz, Zeitverlus­t und vielen unschönen Nebengeräu­schen stehen der Dominator und sein SkyTeam am Montag im 35 Kilometer langen Mannschaft­szeitfahre­n rund um Cholet bereits unter Druck, auch wenn Froome am Sonntag keine weitere Zeit verlor.

Gleiches gilt für zwei weitere Mitfavorit­en: Der Australier Richie Porte (BMC) kam am Samstag mit Froome ins Ziel, der Kolumbiane­r Nairo Quintana (Movistar) hatte noch 25 Sekunden mehr Verspätung. Im Kampf um Gelb müssen die Anwärter wohl früher als gewollt ihrer Karten auf den Tisch legen.

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FOTO: AFP Fortsetzun­g in Gelb: Weltmeiste­r Peter Sagan, Kapitän des Raublinger Bora-hansgrohe-Teams, bejubelt seinen Etappensie­g.
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FOTO: IMAGO Ärgert sich über Peter Sagans Manöver auf der Zielgerade­n: John Degenkolb.

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