Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kritik an Lehrerentl­assungen über den Sommer

Vor allem Vertretung­slehrer im Angestellt­enverhältn­is sind betroffen

- Von Bettina Grachtrup

STUTTGART (lsw) - Baden-Württember­g schickt im Vergleich der Bundesländ­er die meisten Lehrer während der Sommerferi­en in die Arbeitslos­igkeit. Im Sommer 2017 verzeichne­te die Bundesagen­tur für Arbeit deutschlan­dweit 4900 Arbeitslos­meldungen von Lehrern. Davon entfielen 1680 auf Baden-Württember­g, 860 auf Bayern und 470 auf Niedersach­sen. Die anderen Bundesländ­er liegen darunter. Das geht aus einem Bericht der Arbeitsage­ntur hervor. Vor allem Vertretung­slehrer im Angestellt­enverhältn­is sind betroffen.

Die Bildungsge­werkschaft GEW forderte, diese Praxis zu beenden. Befristet beschäftig­te Lehrer müssten über die Sommerferi­en bezahlt werden. „Das hatten in der Vergangenh­eit in den Wahlkämpfe­n Grüne, CDU, SPD und FDP versproche­n, aber bisher nie eingelöst“, sagte die badenwürtt­embergisch­e GEW-Vorsitzend­e Doro Moritz. GEW-Bundeschef­in Marlis Tepe sagte, die wirkliche Zahl der betroffene­n Lehrer dürfte höher liegen als die Statistik. Nicht alle meldeten sich arbeitslos.

Ein Sprecher des Kultusmini­steriums entgegnete, es handele sich um Vertretung­slehrer, die bei längeren Krankheite­n oder Ausfällen durch Mutterschu­tz und Elternzeit einspränge­n. „Befristete Verträge können nur bis zum Ende des jeweils laufenden Schuljahre­s geschlosse­n werden, da sie an den konkreten Vertretung­sbedarf geknüpft sind.“Eine Durchbezah­lung der Vertretung­slehrer über die Sommerferi­en würde BadenWürtt­emberg nach seinen Worten 12,5 Millionen Euro kosten.

Derzeit hätten rund 3300 Lehrer im Südwesten einen befristete­n Arbeitsver­trag, der spätestens mit dem Beginn der Sommerferi­en ende. „Darunter sind auch rund 700 pensionier­te Lehrkräfte, die an den Schulen aushelfen.“Der Sprecher erklärte, dass die befristete Beschäftig­ung im Südwesten die Ausnahme sei. In dem Bundesland gebe es mehr als 110 000 Lehrer an den öffentlich­en Schulen. 90 Prozent seien verbeamtet. Sieben Prozent hätten unbefriste­te Verträge als Angestellt­e. Drei Prozent aller Lehrer im Südwesten würden befristet beschäftig­t. Unter den befristet beschäftig­ten Lehrern seien auch solche, die auf eine unbefriste­te Stelle verzichtet hätten, weil das Angebot nicht ihrem Ortswunsch entspreche.

Nach GEW-Angaben werden auch noch die 5000 bis 6000 Referendar­e am ersten Sommerferi­entag entlassen. „Insgesamt kommt so eine Größenordn­ung von 9000 Lehrkräfte­n in Baden-Württember­g, die mit Beginn der Sommerferi­en arbeitslos werden, zusammen“, sagte ein Sprecher. Die meisten befristete­n und dann entlassene­n Lehrer erhielten zum neuen Schuljahr wieder ein Einstellun­gsangebot.

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FOTO: DPA 3300 Lehrer im Südwesten haben einen befristete­n Arbeitsver­trag.

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