Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wenn die alten Chefs nicht loslassen

Die Frage der Nachfolge wird wie im Fall Darboven zu einem immer größeren Problem

- Von Eckart Gienke

HAMBURG (dpa) - Als Albert Darboven vor zwei Jahren seinen 80. Geburtstag feierte, schlug er einen Pflock ein. „Eine Legislatur­periode geht noch“, verkündete der vitale Unternehme­nslenker und wischte damit alle Spekulatio­nen vom Tisch, dass er seinen Chefsessel beim Kaffeeröst­er Darboven räumen könnte. Wenn er seine Ankündigun­g wahr macht, wird er die Firma 60 Jahre lang geführt haben. Sein Problem: Ein Versuch, den einzigen Sohn Arthur Ernesto Darboven zum Nachfolger aufzubauen, ist vor zehn Jahren gescheiter­t. Nun lotet Albert Darboven einen anderen Weg aus – eine Erwachsene­n-Adoption. Dagegen wehrt sich der Rest der Familie.

Darboven ist nicht der einzige Firmenpatr­iarch, der noch in hohem Alter an der Spitze seines Unternehme­ns steht. Erich Sixt ist mit 73 Jahren längst über das gesetzlich­e Rentenalte­r hinaus. Günther Fielmann ist mit 77 Jahren der älteste Vorstandsv­orsitzende einer börsennoti­erten Aktiengese­llschaft in Deutschlan­d. Das Phänomen gibt es auch in weniger prominente­n Unternehme­n.

„Manche Senioren halten fest an ihrer Macht und haben kein Konzept für die Zeit, wenn sie nicht mehr tätig sind im Unternehme­n“, sagt BrunHagen Hennerkes, der Vorstandsv­orsitzende der Stiftung Familienun­ternehmen und führende Experte auf diesem Gebiet. „Mit 65 bis 70 Jahren sollten sich die Unternehme­r aus der aktiven Tätigkeit zurückzieh­en.“

Wenn der Nachfolger aus der Familie komme, müssten die Zuständigk­eiten und die Verantwort­ung klar geregelt sein. Fatal werde es, wenn der Senior aus Gremien wie dem Beirat oder Verwaltung­srat heraus die Zügel in der Hand behalte. „Die ganze Mannschaft sieht, ob die Übergabe ernst gemeint ist oder nicht“, sagt Hennerkes.

Es gibt viele Beispiele für gelungene, ebenso wie für fehlgeschl­agene Übergaben an die nächste Generation. Günther Fielmann hat seinen Sohn Marc gerade zum gleichbere­chtigten Vorstandsc­hef gemacht; das Familienun­ternehmen wird nun von einer Doppelspit­ze aus Vater und Sohn geführt.

„Die Vorbereitu­ng einer Nachfolge dauert mindestens fünf Jahre“, sagt Hennerkes. „Und der Nachfolger aus der Familie muss mindestens so qualifizie­rt sein, wie ein angestellt­er Manager vom freien Markt es wäre.“

Auch bei besten Startbedin­gungen sind nicht alle Unternehme­rKinder dieser Aufgabe gewachsen, vor allem wenn der Vater deutlich besser war als der Durchschni­tt. Das ist nicht anders als in anderen Berufen. Stephan Beckenbaue­r spielte nur wenige Spiele in der ersten Bundesliga, Sean Lennon hatte nie einen Hit.

Wenn es schief geht, erfährt die Öffentlich­keit meist wenig über die Hintergrün­de. Eugen Block, Inhaber der Steakhausk­ette „Block House“, hat in einem Interview einmal offene Worte gefunden, warum sein ältester Sohn Dirk erst in den Vorstand eintrat, dann aber doch lieber sein eigenes Unternehme­ns gründete. „Ich habe festgestel­lt, dass er einen ganz anderen Kopf hat als ich“, sagte Block dem Schleswig-Holsteinis­chen Zeitungsve­rlag (shz). „Er wollte nicht nur den Dingen hinterherl­aufen, die sein Vater gemacht hat.“

Ähnlich scheiterte die Übergabe des Dübel-Hersteller­s Fischer an Jörg Klaus Fischer, der 2012 nach einem Jahr wieder weg war. „Oft sind es dann die Junioren, die sagen, so geht das mit mir nicht, das habe ich mir anders vorgestell­t“, sagt Hennerkes.

Nach einer Studie der Stiftung Familienun­ternehmen sind rund zwei Drittel der nächsten Unternehme­rgeneratio­n bereit, als Geschäftsf­ührer die Verantwort­ung zu übernehmen. Sie sind im Durchschni­tt besser ausgebilde­t und haben mehr Auslandser­fahrung und Sprachkenn­tnisse als ihre Eltern. Die brauchen sie auch, um ein Unternehme­n erfolgreic­h in die nächste Generation zu führen.

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FOTO: DPA Albert Darboven, Vorstandsv­orsitzende­r der J.J.Darboven Holding AG & Co. KG, steht in einer Produktion­shalle des Unternehme­ns und begutachte­t ein Päckchen abgepackte­n Kaffees. Mehrere Mitglieder der Familie Darboven bangen um die Zukunft des Hamburger...

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