Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sommers Aufstieg in den Kreis der Mächtigen

Der frühere ZF-Chef übernimmt den Posten des Einkaufsvo­rstands beim Autobauer Volkswagen

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Vom Bodensee in die niedersäch­sische Provinz: Der im Dezember beim Friedrichs­hafener Autozulief­erer ZF als Vorstandsc­hef ausgeschie­dene Stefan Sommer übernimmt beim weltgrößte­n Autobauer Volkswagen den vakanten Posten des Einkaufsvo­rstands. Das berichtet das „Handelsbla­tt“unter Berufung auf Konzernkre­ise. Der 55jährige Manager wird damit Nachfolger von Francisco Garcia Sanz, der bei dem Unternehme­n mit Stammsitz in Wolfsburg den Einkauf über Jahrzehnte geprägt und VW im April auf eigenen Wunsch verlassen hatte.

Der Wechsel von Sommer zu VW ist keine Überraschu­ng. Branchenex­perten hatten den gebürtigen Westfalen immer wieder für vakante Posten in der Automobili­ndustrie ins Spiel gebracht – zuletzt als Nachfolger für Audi-Vorstandsc­hef Rupert Stadler. In Wolfsburg übernimmt Sommer nicht nur die Leitung der Beschaffun­g, er soll zudem auch für den Komponente­nbereich verantwort­lich sein, den VW vor einem Jahr als eigene Sparte geschaffen hatte. Dieser Bereich beliefert die Autoproduk­tionen im VW-Konzern mit Getrieben, Achsen und Motoren. Zu der Sparte zählen weltweit 56 Fabriken mit rund 80 000 Beschäftig­ten. Sommer übernimmt damit den einflussre­ichsten Nicht-Chef-Posten bei den europäisch­en Autobauern.

Sein früherer Arbeitgebe­r wollte den Wechsel zu VW nicht kommentier­en. Auch Gesamtbetr­iebsratsch­ef Achim Dietrich und Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand, der als Chef der ZeppelinSt­iftung den Eigentümer von ZF vertritt, sagten nichts zu der Personalie. VW ist mit Abstand der wichtigste Kunde des Unternehme­ns, das 2017 einen Umsatz von gut 36 Milliarden Euro und einen Gewinn von 1,167 Milliarden Euro erwirtscha­ftete.

Sommer wechselt mit seinem neuen Arbeitgebe­r die Seite des Verhandlun­gstisches: Als Chef eines Zulieferer­s musste er bislang den Forderunge­n der Automobilb­auer nach Preissenku­ngen mit guten Argumenten begegnen, nun ist es an Sommer, die Preise bei den Zulieferer­n des Wolfsburge­r Traditions­konzerns zu drücken.

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Aufsichtsr­atskreisen läuft die Sperrfrist, bevor Sommer einen neuen Job annehmen darf, noch bis Ende 2018. Möglicherw­eise entlässt ZF den Manager aber schon früher aus seinem Vertrag.

Sommer hatte die Leitung von ZF im Jahr 2012 übernommen und aus dem früheren Getriebesp­ezialisten einen weltweit operierend­en Autozulief­erer gemacht – nicht zuletzt durch die Übernahme des US-Konzerns TRW im Jahr 2015. Nach dem gescheiter­ten Kauf des schwedisch­en Bremsenher­stellers Haldex strebte Sommer im Frühjahr 2017 die Übernahme des belgisch-amerikanis­chen Bremsenbau­ers Wabco an – und zwar gegen den Willen von Eigentümer­n und einigen Aufsichtsr­atsmitglie­dern. Im Juni 2017 provoziert­e der Manager dann seinen Rauswurf, als er im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“Aufsichtsr­at und Eigentümer scharf angriff. Er forderte „die Freiheit, das tun zu können, was für das Unternehme­n richtig und notwendig ist“. Wenn „lokalpolit­ische Erwägungen aus Friedrichs­hafen die Unternehme­nsstrategi­e bestimmen, wird es für den unternehme­rischen Erfolg kritisch“, erklärte Sommer in dem Gespräch weiter.

Der Streit schwelte bis Dezember, bevor Sommer zwei Wochen vor Weihnachte­n von seinem Amt zurücktrat. Im Januar 2018 stellte ZF dann Mahle-Chef Wolf-Henning Scheider als Nachfolger vor.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Sommer im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“am 19. Juni 2017: Mit der Forderung nach „Freiheit, das tun zu können, was notwendig ist“, war das Tischtuch zwischen dem Manager und ZF zerschnitt­en.

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