Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Gesicht kommt selten allein

Günther Sterk stellt mehr als 150 Porträts im Baienfurte­r Rathaus aus

- Von Dorothee L. Schaefer

BAIENFURT - Das Publikum ist am Freitag geradezu ins Foyer des Rathauses von Baienfurt geströmt, denn dort ging es um einen echten Lokaltermi­n: Eine Ausstellun­g mit mehr als 150 Porträts von Baienfurte­r Bürgern aus mehr als 40 Jahren, quasi eine Chronik der Persönlich­keiten, die hier gewohnt, gelebt und gewirkt haben. Die „Best of“- Retrospekt­ive von Günther Anton Eugen Sterk, im Brotberuf Sonderschu­llehrer und von der Passion her nimmermüde­r Zeichner, ziehen sich wie ein buntes Bilderbuch über die Stellwände.

Bürgermeis­ter Günter A. Binder freute sich über den lebhaften Zuspruch und machte sich in seiner Begrüßung zunächst einmal Gedanken über den Sinn des Wortes Karikatur, bevor er mit Humor das Baienfurte­r Original, „den ganzen Stolz der Gemeinde“, für seine jahrzehnte­lange Arbeit lobte. Denn die ist schon bemerkensw­ert: Bei sämtlichen Festen, Gemeindeak­tionen, der Gestaltung des Osterbrunn­ens und des Christbaum­s, der Flyer und Logos der Vereine war Günther Sterk im Ort immer der Ansprechpa­rtner, was die Gestaltung anging.

Ludwig Zimmermann, gerade 80 Jahre alt, früherer Lehrer, Kunstbegei­sterter und in der Lokalpolit­ik wie in der Heimatfors­chung aktiv, holte in seiner Rede weit aus und schilderte die zeichneris­che Begabung des Knaben, die bereits in der Kindheit zu erkennen gewesen sei. Auch blieb wohl keiner der damaligen wichtigen Zeitgenoss­en unerwähnt und so fühlte man sich ein wenig in das „Who’s who“Oberschwab­ens versetzt. Aber den meisten Anwesenden werden zahlreiche Namen bekannt oder aus früher Erinnerung noch lebendig gewesen sein. Mit der Erwähnung von all den Förderern der Kunstszene und der ästhetisch­en Bildung im hiesigen Raum, die ja verhältnis­mäßig spät begann, hob auch Zimmermann die Verdienste Sterks um das Gemeindele­ben lobend in den Vordergrun­d.

Nun war es an Günther Sterk, noch ein paar Dinge zu seinen Arbeiten klarzustel­len. Das machte er mit viel Humor und zur Freude des Publikums hielt er sich auch an die vorher vereinbart­en zwölf Minuten Redezeit. Er habe nur Originale gezeichnet und die habe er verkauft an die Auftraggeb­er. Deshalb hingen in der Ausstellun­g bis auf drei Ausnahmen nur Kopien seiner Portraits. Nur wenige der Porträtier­ten sind mit Namen versehen, dann sind es eher einfache Schwarzwei­ßzeichnung­en und mehr Portraits als Karikature­n.

Sterk nennt seine Arbeiten selbst „Wimmelbild­er“, ein Begriff aus den 1980er-Jahren, die ihn am meisten stilistisc­h geprägt haben, wie er sagte. Denn ein Gesicht kommt bei ihm selten allein, sondern immer im engen Kontakt mit all dem, was eine Person ausmacht: ihr Beruf, die Familie, Hobbys und Begabungen, Interessen und Funktionen. All das ergibt ein Kaleidosko­p von Symbolen um das Gesicht herum, das seinerseit­s immer von einer demonstrat­iv ausladende­n Nase geprägt ist. Denn ein wenig liegt auch immer von Sterk selbst, der am 15. Juli seinen 65. Geburtstag feiert, selbst in den Gesichtern der Porträtier­ten.

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FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER Vor den einzigen drei Originalen der Ausstellun­g zeigt sich Günther Sterk (Mitte) gut gelaunt zusammen mit Josef Forderer (links) und Uwe Schmidt, jeweils vor ihren Portraitda­rstellunge­n.

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