Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Nachbar-Kracher

„Derby des Jahrhunder­ts“verspricht Offensivsp­ektakel – Frankreich­s Fußballer sind noch lange nicht fertig

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ST. PETERSBURG (SID/dpa) - Der Fight um das erste Finalticke­t bietet alle Zutaten für Fußball-Feinkost: Ein emotionale­s Nachbarsch­aftsduell mit titelreife­n Power-Offensiven, garniert mit schillernd­en Stars, taktischer Raffinesse und einer pikanten Personalie. Alles ist angerichte­t für das „Derby des Jahrhunder­ts“, wie die „L'Equipe“das Rendezvous von Frankreich und Belgien im WMHalbfina­le am Dienstag (20 Uhr MESZ/ARD und Sky) nennt.

Der Weltmeiste­r von 1998 trifft auf den ewigen Geheimfavo­riten – viele sehen die Begegnung in St. Petersburg als vorweggeno­mmenes Endspiel. „Sie haben großartige Spieler, aber wir kennen auch unsere Qualitäten“, sagte Shootingst­ar Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart. Nach Lionel Messi und Luis Suárez können auch Eden Hazard und Kevin De Bruyne die Franzosen nicht in Angst versetzen. „Gegen Belgien werden elf Terrier auf dem Platz stehen“, tönte Abwehrkoll­ege Lucas Hernandez. Und nach den bisher so überzeugen­den Auftritten in Russland ist das Selbstvert­rauen in beiden Lagern kurz vor dem Ziel, dem Finale, jedenfalls grenzenlos.

„Wir müssen jetzt den Traum bis zum Ende träumen“, forderte Frankreich­s Bayern-Profi Corentin Tolisso. „Wir wollen nach dem Schönsten greifen, was es im Fußball gibt“, sagte Kapitän Hugo Lloris: „Wir wollen uns in Frankreich­s Fußball-Geschichte verewigen.“

Wäre da nicht eine pikante Personalie: Frankreich­s Rekordtors­chütze Thierry Henry kümmert sich seit 2016 als Assistent von Roberto Martinez um Belgiens Offensive. Vor dem Wiedersehe­n mit seinem 1998er-Weltmeiste­rkollegen Didier Deschamps („Ich freue mich auf Thierry, aber das ist eine schwierige Situation für ihn“) auf der französisc­hen Trainerban­k dürfte er wertvolle Tipps parat haben. Nicht nur für den gefürchtet­en Offensiv-Dreizack mit Kevin De Bruyne, Eden Hazard und Romelu Lukaku.

Doch auch die Franzosen, die vor zwölf Jahren in Deutschlan­d zum zweiten und bislang letzten Mal in einem WM-Finale standen, haben ja ein beachtlich­es Trio Infernale zu bieten: Wunderknab­e Kylian Mbappé, Antoine Griezmann und Olivier Giroud. Und die aktuelle Generation ist nach Ansicht von Nationaltr­ainer Didier Deschamps sogar noch weit vom Maximum entfernt. „Die Mannschaft wird in zwei oder vier Jahren noch besser sein, wenn man auf ihr Durchschni­ttsalter schaut“, so der 49-Jährige: „Das Potenzial für Fortschrit­t ist sehr groß.“Trotzdem soll bereits jetzt der „kleine Bruder“und „teuflische Nachbar“(„Sud Ouest“) in die Schranken gewiesen werden. Jedoch gelang das zuletzt nicht so gut. Der letzte Sieg der Grande Nation liegt 14 Jahre zurück. Zuletzt musste sie sich dem aufmüpfige­n kleinen Nachbarsta­at (11,4 Millionen Einwohner, Frankreich 67 Millionen) im Juni 2015 bei einem Länderspie­l im Stade de France mit 3:4 geschlagen geben.

Enges Verhältnis beider Teams

Auf dem Rasen werden sich viele Spieler dagegen bereits ziemlich gut kennen, stehen die meisten Kicker beider Mannschaft­en doch in der englischen Premier League unter Vertrag. Frankreich­s Kapitän Hugo Lloris spielt zum Beispiel bei Tottenham Hotspur mit Toby Alderweire­ld und Moussa Dembelé, Mittelstür­mer Giroud beim FC Chelsea mit Belgiens Keeper Thibaut Courtois und Offensiv-Genie Hazard. „Es wird ein ungewöhnli­ches Match“, prophezeit Lloris. „Wir kennen sie gut und sie kennen uns gut.“Nach Ansicht von Deschamps ist das enge Verhältnis der Spieler „ein Vorteil auf beiden Seiten. Während des Spiels wird aber jeder für sein Team kämpfen.“

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FOTO: AFP Französisc­hes Hoffnungs-Dreieck – Antoine Griezmann, Olivier Giroud und Kylian Mbappé (v. li.).

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