Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ausflug in die Welt der Zauberei

Riesenappl­aus bei der Premiere des Ravensburg­er Rutentheat­ers

- Von Rosa Laner www.schwaebisc­he.de/ theater201­8

RAVENSBURG - Begeisteru­ngsrufe und anhaltende­n Riesenappl­aus gab es bei der Premiere für die Akteure des Rutentheat­ers „Zauber um Zinnober“– Bewunderun­g für die Leistung der vielen Kinder und Jugendlich­en von Theater, Orchester und Ballett. Beifall aber auch für die vielen guten Geister hinter der Bühne, ohne sie alle wäre dieser Hochgenuss nicht möglich.

„Hervorrage­nd und detaillier­t mit dem nötigen Ernst umgesetzt, eine Höchstleis­tung der Schauspiel­er, ein weiteres Glanzstück von Regisseur Bodo Klose“, lobte Martina Zeller am Ende. Sie hat die Gesamtleit­ung des Rutentheat­ers und sprach gewiss im Sinne aller Premiereng­äste. Streckenwe­ise war man so gefangen vom Geschehen auf der Bühne, dass man ganz vergaß, dass dieses Ensemble aus Schülern besteht. Alle spielten ihre Rollen so überzeugen­d und hochkonzen­triert, sprachen scheinbar mühelos ihre Texte, die Mimik und Gestik stets das Gesagte unterstrei­chend. Perfekte Kostüme und Maske entführen in die Zeit der Aufklärung.

An den Anfang. Der Vorhang öffnet sich zum Festakt. Ruatelige Stimmung vermitteln die bezaubernd­en Rutenkinde­r mit ihrem Magister und der Festmarsch der Rutentromm­ler. Am Rednerpult Dieter Graf, der Vorsitzend­e der Rutenfestk­ommission. Er begrüßt die Premiereng­äste, weist auf die lange Tradition des Rutentheat­ers hin, die immerhin bis 1697 zurückgrei­ft. „Dieses Brauchtum zu erhalten macht uns alle sehr glücklich. 90 Schauspiel­er, 80 Orchesterm­itglieder und 30 im Ballett, dazu unzählige Mitarbeite­r im Hintergrun­d erfreuen uns im Theaterspi­el.“Graf dankt auch allen Eltern für die Unterstütz­ung.

Aus dem Orchesterg­raben erobert die Bohemian Rhapsody den Saal. Zwischen überpropor­tionalen Büchern treten Schauspiel­er hervor, klein wirken sie angesichts der Dimensione­n. Erste Lacher, als Großfürsti­n Katharina die Grobe ihr Gesicht nachgepude­rt bekommt. Ihre Majestät verlangt nach etwas Neuem. Man könnte in Oberschwab­en die Aufklärung einführen, überlegt Premiermin­ister Dr. Josef Krötel. In einer aufgeklärt­en ANZEIGE Welt allerdings ist kein Platz für Zauberwese­n. Das Ministeriu­m für Wahrheit und Klarheit, schlicht und zugleich wirkungsvo­ll belegt durch eine Tafel, plädiert für die Vernunft und gegen den Aberglaube­n.

Doch die Welt der Zauberer und Feen, man ahnt es, existiert dennoch. Fee Rosabelver­de lässt einen Hut samt Perücke in die Luft fliegen, diesen Zauber muss sie noch loswerden.

Eine Romanze darf nicht fehlen

Kleine Zwiebelche­n tanzen. Sie bekommen einen Extraappla­us, zu goldig sind sie aber auch. Sie sind eingebunde­n in die nächste Szene, als der flegelhaft­e Klein Zaches seiner Mutter, der Zwiebelbäu­erin Liese Zachhuber, auf der Nase herumtanzt. Die überforder­te Mutter weint, da erscheint die Fee Rosabelver­de. „Wir schaffen das“, erklärt sie selbstbewu­sst mit „Merkel-Händen“, ein witziger Gag. In guter Absicht verzaubert sie den Tunichtgut. Fortan werden alle in ihm Großartige­s sehen. Da sein Haar durch den Zauber zinnoberro­t wird, heißt er Zinnober.

Jeder Zauber, und davon folgen noch so einige bis zum Ende, geschieht in einer Nebelwand. Die in die Handlung eingebunde­ne Liebesgesc­hichte sorgt für zusätzlich­e Spannung. So ist in der Universitä­tsstadt Kemmerlang mächtig was los. Der Student Balthasar Tieck ist hin und weg von der Professore­ntochter Candida Terpin. In einem Liebesgedi­cht drückt er sein inniges Gefühl aus, doch Zinnober wird gelobt für den göttlichen Genuss. „Verse wie Liebkosung, dafür wird der Waldschrat bewundert“, ärgert sich Balthasar. Zinnober blendet die Angebetete, sodass sie ihre Gefühle nun ihm schenkt. Nur gut, dass es da noch einen hilfreiche­n Prosper Alpanus gibt, umgeben von Feen, Einhörnern, Libellen und Käfern, die man allesamt sogleich ins Herz schließt.

Der Wechsel zwischen der nüchternen, grauen Welt der Aufklärung und der Welt der Zauberei wird mit dem multifunkt­ionalen Bühnenbild, Farbeffekt­en und Kostümen eindrucksv­oll dargestell­t. Natürlich täuscht Zinnober nicht nur Candida, er hinterläss­t eine Spur der Blendung, nur wenige erkennen sein wahres, verlogenes Ich. Ein Stück, das allzu gut in die heutige Zeit passt. Mehr wird nicht verraten, schon gar nicht wie sich das Ende gestaltet. Zum Schluss dürfen alle auf die Bühne, Schauspiel­er, Musiker und Ballett. Und das Team an Erwachsene­n.

Die Tänze der Zwiebelche­n, getanzte Liebe in Gedanken, magische Wesen und Buchstaben wie Zinnsoldat­en – entzückend und teilweise akrobatisc­h, lyrisch und kraftvoll, steuert die Ballettwer­kstatt Bettina Owczarek bei. Unter Musikdirek­tor Harald Hepner sorgt das Jugendblas­orchester der Musikschul­e Ravensburg mit einer herrlichen Musik und wunderbare­n Melodien für Fröhlichke­it und Spannung.

Die Geschichte ist Autor Ekkehard Zeim zu verdanken. Er hat „Zauber um Zinnober“, ein Märchen von E.T.A. Hoffmann, mit viel Satire und Charme zu einem perfekten Drehbuch umgeschrie­ben. Regisseur Bodo Klose hat das Ganze mit Liebe zum Detail umgesetzt.

Stellvertr­etend für das gesamte Team die beiden Regieassis­tentinnen Barbara Lämmle und Susanne Bendel: „Wir sind wie eine Familie, eine eingeschwo­rene Gemeinscha­ft. Das Rutentheat­er zieht einen so in Bann, dass man es nächstes Jahr wieder macht. Jetzt genießen und ernten wir die Früchte.“

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FOTOS: WYNRICH ZLOMKE Der Wechsel zwischen der nüchternen, grauen Welt der Aufklärung und der Welt der Zauberei wird mit dem multifunkt­ionalen Bühnenbild, Farbeffekt­en und Kostümen eindrucksv­oll dargestell­t.
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