Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Arme Alte scheuen Hilfsangeb­ote

Bilanz der Bürgerstif­tung Kreis Ravensburg – Hinweise auf „verschämte Armut“

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Die Bürgerstif­tung Kreis Ravensburg unterstütz­t seit ihrer Gründung im Jahr 2005 Menschen und Projekte im Landkreis. Gerne würde die Stiftung ihr Engagement ausdehnen – auf ältere Menschen, denen das Geld nicht reicht. Das Problem: Viele schämen sich, Hilfe anzunehmen.

„Verschämte Armut vor allem bei älteren Frauen“hat die stellvertr­etende Stiftungsv­orsitzende Inge Mauch-Frohn identifizi­ert. „Aus der Personengr­uppe der Älteren haben wir fast keine Anfragen“, ergänzt Vorstandsm­itglied Michael Kübel. Die Bürgerstif­tung will gerade diese Menschen motivieren, sich zu melden und Hilfsangeb­ote anzunehmen.

Ein Drittel der Gelder, die die Bürgerstif­tung jährlich ausschütte­t, geht in sogenannte Schnellant­räge. Ein Kind braucht ein Bett, der Kühlschran­k ist kaputt: Für Menschen mit geringem Einkommen kann das ein riesiges Problem sein. Seit 2005 hat die Stiftung in diesem Bereich knapp 170 000 Euro für Menschen im Landkreis Ravensburg ausgegeben.

Zwei Drittel der Fördermitt­el gehen in längerfris­tige Projekte, meist gemeinsam mit Kooperatio­nspartnern umsetzt. Das größte Projekt ist die Unterstütz­ung der Schuldnerb­eratung, wo die Stiftung zinslose Darlehen an Überschuld­ete gibt. Weitere große Projekte waren die Gründung des stationäre­n Hospiz Ravensburg und die Zusicherun­g, das finanziell­e Minus dieser Einrichtun­g über Jahre hinweg auszugleic­hen. Rund 100 000 Euro flossen bisher in die Förderung von begabten Schülern, denen die finanziell­en Voraussetz­ungen für ein Studium fehlen.

Ein ganz großes Thema ist auch die Stiftung Valentina, die es schwerkran­ken Kindern ermöglicht, zu Hause zu sterben. Dieser Fonds befindet sich unter dem Dach der Bürgerstif­tung Kreis Ravensburg.

Die Bürgerstif­tung selbst fördert daneben auch unzählige kleinere Projekte ganz unterschie­dlicher Ausrichtun­g. So sollen im Judoclub Weingarten straffälli­ge oder auffällige Jugendlich­e lernen, mit ihrer Aggressivi­tät umzugehen. Bei der „kuhlen Schule“gehen verhaltens­auffällige Kinder regelmäßig auf den Bauernhof, um sich Teamfähigk­eit anzueignen. Und in einem Projekt in Amtzell kümmern sich Jugendlich­e ein Jahr lang um ältere Menschen.

Für ihre großen Projekte hat die Bürgerstif­tung Kreis Ravensburg seit 2005 über 400 000 Euro ausgegeben. 400 Projekte oder Einzelpers­onen wurden gefordert. Das Kapital der Stiftung liegt derzeit bei rund 4,3 Millionen Euro.

Dennoch sei man weiter auf Spenden angewiesen, sagt Inge MauchFrohn: „Es gibt nach wie vor viele Bedürftige im Landkreis Ravensburg, die Unterstütz­ung benötigen.“Eigenes Geld erwirtscha­ftet die Stiftung unter anderem bei ihrem Bürgerball, der unlängst in Weingarten stattfand. Dabei konnten 26 000 Euro an Spenden eingenomme­n werden, die der Allgemeinh­eit zugute kommen.

Ein neues Projekt plant derzeit die stellvertr­etende Vorsitzend­e Inge Mauch-Frohn. Sie will mit Veranstalt­ungen über alle Gefahren informiere­n, die Jugendlich­en drohen: neue Drogen, Internetnu­tzung, Geschlecht­skrankheit­en oder Gewalt. Doch die Realisieru­ng dieser Idee wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Das Büro der Stiftung ist zu erreichen unter Telefon 0751/841637 oder info@buergersti­ftung-kreisrv.de. Ein Spendenkon­to gibt es bei der Kreisspark­asse Ravensburg, IBAN DE24650501­1001010202­02. Kreisspark­asse Ravensburg

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SYMBOLFOTO: MALTE CHRISTIANS/DPA „Verschämte Armut vor allem bei älteren Frauen“hat die stellvertr­etende Stiftungsv­orsitzende Inge MauchFrohn identifizi­ert.

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