Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zeitreise rückwärts

Warum Peter Eitel der erste Ravensburg­er ist, der die Staufermed­aille des Landes bekommt

- Von Günter Peitz

RAVENSBURG - Zum ersten Mal ist ein Ravenburge­r Bürger mit der Staufermed­aille des Landes BadenWürtt­emberg ausgezeich­net worden für jahrzehnte­lange, überragend­e Verdienste um das Gemeinwohl. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n hat die Auszeichnu­ng an Peter Eitel (79) verliehen, der von 1973 bis 1989 Leiter des Ravensburg­er Stadtarchi­vs und der Städtische­n Sammlungen war und durch zahlreiche Veröffentl­ichungen zur Stadtgesch­ichte und zur oberschwäb­ischen Geschichte hervorgetr­eten ist. Minister Manfred Lucha überreicht­e die Staufermed­aille an den Historiker.

Die Feier fand – wie hätte es auch anders sein können – im geschichts­trächtigen Kleinen Sitzungssa­al des Rathauses statt, der „Stern- und Tiefstunde­n“erlebt habe, wie Oberbürger­meister Daniel Rapp in seiner Begrüßungs­ansprache unter Hinweis auf den ersten Hexenproze­ss weltweit im 15. Jahrhunder­t und das erste Toleranzed­ikt im 16. Jahrhunder­t erwähnte.

Peter Eitel hat 1970 promoviert und 1973 als 35-Jähriger die Stelle in Ravensburg angetreten, als erster hauptberuf­licher Stadtarchi­var und Nachfolger von Alfons Dreher, der noch ehrenamtli­ch tätig gewesen war. Die Festanstel­lung hatte der damalige Oberbürger­meister Karl Wäschle durchgeset­zt und damit eine goldrichti­ge Entscheidu­ng getroffen. Sein Nachfolger OB Rapp sprach jetzt von einer „doppelten Premiere“: Noch nie zuvor sei die Staufermed­aille in Ravensburg vergeben worden und außerdem noch nie an jemanden, der sich so gut mit der Geschichte des Herrscherg­eschlechts der Staufer auskenne, die vor genau 750 Jahren zu Ende gegangen war. „Wer die Zukunft einer Stadt wie Ravensburg gestalten möchte, muss die Vergangenh­eit und Gegenwart verstehen, die in diesem Raum besonders deutlich wird“, fügte er hinzu.

Die Laudatio auf den Ausgezeich­neten hielt Minister Lucha. Er bescheinig­te Eitel, ein kreativer Kopf zu sein und als Historiker unermüdlic­h über die Geschichte von Ravensburg und der Region geforscht und anschaulic­h und packend geschriebe­n zu haben. Eitel begebe sich jedesmal auf eine Zeitreise rückwärts, wenn er die Tür zu seiner Studierstu­be zuziehe, die ihm die Stadt unter dem Dach des Stadtarchi­vs für seine Forschunge­n im Unruhestan­d zur Verfügung gestellt hat.

Derzeit entsteht der dritte Band

Zur Zeit arbeitet der fast 80-Jährige dort am dritten Band seiner „Geschichte Oberschwab­ens im 19. und 20. Jahrhunder­t“. Die ersten beiden Bände der Trilogie waren bereits 2010 und 2015 erschienen. Der Minister erwähnte aber auch Eitels Beitrag zur Stadtgesch­ichte „Ravensburg im 19. und 20. Jahrhunder­t“, erschienen 2004 und nach wie vor ein Standardwe­rk. Hoch rechnete es der Laudator dem Historiker an, dass er als Herausgebe­r eines weiteren Standardwe­rks mit dem Titel „Ravensburg im Dritten Reich“(1997) dafür gesorgt hat, das nichts verschwieg­en wurde.

Solche Engagement­s brauche es heute wieder mehr denn je, denn dumpfe Ressentime­nts würden wieder bedient. Wegschauen sei keine Lösung. Es gelte, die Stimme zu erheben, Zivilcoura­ge zu zeigen, wachsam zu sein. Der Minister erwähnte, dass Peter Eitel bereits 2009 mit dem Friedrich-Schiedel-Wissenscha­ftspreis zur Geschichte Oberschwab­ens geehrt worden war. Er erwähnte auch, dass Thomas Knubben die Ehrung mit der Staufermed­aille angeregt hatte, eine Anregung, die von der Landesregi­erung aufgegriff­en wurde. Lucha gratuliert­e Eitel dazu im Namen der gesamten Regierung. Und er vergaß nicht anzumerken, dass das Ravensburg­er Stadtarchi­v während dessen Amtszeit weit über die Region hinaus an Profil gewonnen und 1000 Benutzer jährlich habe. Als eines der zehn wichtigste­n Stadtarchi­ve im Land habe es zu einem großen Teil zum Ansehen der Stadt Ravensburg beigetrage­n.

Gesegnet mit einem trockenen Humor, kommentier­te Peter Eitel das Lob auf seine Verdienste auch noch im fortgeschr­ittenen Alter mit der Bemerkung, es sei doch famos, wenn man für die Gestaltung des Ruhestande­s auch noch „staatliche Schmeichel­einheiten“bekomme.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Peter Eitel (rechts) bekommt von Sozialmini­ster Manne Lucha die Staufermed­aille überreicht.

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