Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
200 bunte Luftballons für Familie Muhaxheri
Hunderte schicken Botschaft gegen eine Abschiebung in den Himmel
LEUTKIRCH - Hunderte von Schülerinnen und Schülern der Leutkircher Gemeinschaftsschule am Adenauerplatz haben am Montag etwa 200 bunte Luftballons in den Himmel geschickt, um auf die Situation von Familie Muhaxheri aufmerksam zu machen. Deren Abschiebung steht nach bisherigen Erkenntnissen trotz vieler Proteste bevor.
Der Petitionsausschuss des Landes Baden-Württemberg hat demnach entschieden. Familie Muhaxheri, die 2014 nach Deutschland flüchtete und sich seither hier bestens integriert hat, muss zurück in ihr Heimatland, den Kosovo. Gegen diese Entscheidung haben am Montagmorgen zahlreiche Schüler der Gemeinschaftsschule am Adenauerplatz demonstriert und etwa 200 Luftballons mit einem kleinen Kärtchen „Bitte helft uns“und mit der Botschaft, dass die Familie in Deutschland bleiben darf, in den Himmel steigen lassen.
„Einfach schlimm“
Organisiert wurde die Aktion von Mitgliedern des Elternbeirates der Klassen 8b und 9a. „Viele Menschen, die sich für das Schicksal der Familie Muhaxheri einsetzen, dazu gehöre auch ich, können emotional und rational nicht nachvollziehen, warum Familien, die zu 100 Prozent integriert sind und einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten, in ihre Herkunftsländer zurückgehen müssen, selbst wenn es sich bei diesen Ländern um scheinbar sichere Länder handelt. Ich finde es einfach schlimm, dass da unsere Politik nicht differenziert“, erklärte Fürstin Martina von Quadt, die die Familie bereits seit einiger Zeit begleitet.
Seit der Antragsstellung auf ein Bleiberecht im vergangenen März sind nun vier Monate vergangen, in denen die Familie in Angst und Ungewissheit leben musste. Nun steht es fest, eine Abschiebung ist wohl unumgänglich. „In den Kosovo gehen wir nicht zurück, da haben wir einfach viel zu Schlimmes erlebt“, erklärt Vater Plerim, der für sich und seine Familie auf der Suche nach einer neuen Heimat ist, sollte die Abschiebung tatsächlich erfolgen. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.
Die größten Sorgen macht sich der Familienvater um seine kranke Frau Vjollca sowie um seine drei Kinder. „In einem Land wie dem Kosovo muss ich die Medikamente für meine Frau selber bezahlen – und ich weiß ja nicht mal, ob ich da überhaupt Arbeit finde“, erklärt Muhaxheri. Die Vorstellung, irgendwo anders eine neue Heimat zu finden, in der nicht seine Muttersprache oder Deutsch gesprochen wird, macht ihm große Sorgen. „Meine Kinder müssen dann wieder von vorne anfangen“, erklärt er.
Seine Tochter Anita, die aktuell die neunte Klasse der Gemeinschaftsschule am Adenauerplatz besucht und gerne eine Ausbildung zur Altenpflegerin machten möchte, quält sich ebenfalls mit dem Gedanken, Leutkirch und ihre Freunde verlassen zu müssen: „Eine Ausweisung wird für uns ganz schlimm, da wir in unserem Land keine Zukunft haben. Für mich persönlich ist das ein Alptraum“.
Unterstützt wurde die Aktion auch von der Firma Dethleffs. „Natürlich unterstützen wir alle Aktionen, die dazu beitragen, dass Herr Muhaxheri, der bei uns als sehr fleißiger und zuverlässiger Mitarbeiter gilt, mit seiner Familie, die ja offensichtlich bestens integriert ist, bleiben darf“, sagte Markus Reuhs, Personalleiter des Isnyer Unternehmens.
Unverständnis kommt auch von Brauereichef Gottfried Härle. „Es ist einfach unverständlich, dass man gut integrierte, ausländische Mitbürger in ihre ehemalige Heimat abschiebt. Das ist nicht nur inhuman, sondern schadet auch unseren Unternehmen.“