Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hymer-Mitarbeiter zwischen Angst und Vertrauen
Betriebsversammlung des Reisemobilherstellers in Bad Waldsee sorgt für teilweise Entspannung – Mit Gerüchten wird aufgeräumt
BAD WALDSEE - Die Betriebsversammlung hat Hymer in diesem Jahr in der Produktionshalle im Werk abgehalten. Dabei ging es am Mittwochnachmittag unter anderem um die Zukunftspläne des Bad Waldseer Reisemobilherstellers. Bekanntlich befasst sich die Führungsspitze mit einem möglichen Börsengang und einem Anteilsverkauf. Bei einigen Mitarbeitern lösen die Pläne Bauchschmerzen und sogar Angst um den Job aus – andere vertrauen auf die Entscheidungsstärke der Führung.
Eine Stunde hat die Versammlung angedauert. In diesen 60 Minuten haben die knapp 1000 anwesenden Mitarbeiter Neuigkeiten zu den zukünftigen Unternehmensplänen erhalten. Wie die SZ in Gesprächen mit Mitarbeitern erfahren hat, wurden keine endgültigen Ergebnisse präsentiert. Der Börsengang werde weiter geprüft und Firmenanteile seien noch nicht verkauft worden. Die Stimmung während der Versammlung beschreiben die Mitarbeiter als gut. Die meisten Teilnehmer hatten nach der Informationsveranstaltung sogar ein besseres Gefühl als zuvor. Schließlich konnte mit einigen Gerüchten aufgeräumt werden. So hielt sich unter der Belegschaft zuletzt hartnäckig das Gerücht, das Gerda Hymer ihr Haus in Bad Waldsee verkaufen und sich absetze wolle. Das wurde während der Veranstaltung thematisiert und strikt verneint.
Spekulationen um die Zukunft
Vor der Betriebsversammlung war die Stimmung bei einigen Mitarbeitern angespannt. Langjährige „Hymerianer“fühlen sich in der Zeit zurückversetzt. Schließlich wagte sich der Reisemobilhersteller einst schon mal aufs Börsenparkett und beendete das Aktienkapitel dann wieder. Noch größere Angst löst bei einigen langjährigen Mitarbeitern ein Anteilsverkauf aus. Die damit verbundenen Sorgen: Zweckentfremdung, Markenverlust, Imageschaden und die Streichung des eigenen Arbeitsplatzes. Die Spekulationen über mögliche Veränderungen durch einen neuen Investor rufen bei ihnen schlechte Erinnerungen wach. So wie damals, als die Produktion der Eriba-Touring-Wohnwagen nach Frankreich ausgelagert wurde. Auch diese Entscheidung wurde später rückgängig gemacht und die Produktion zurück nach Bad Waldsee geholt.
Die Betriebsversammlung sorgte für grundsätzliche Entspannung, dennoch bleibt die Skepsis bei einigen vorhanden. Andere Mitarbeiter sehen der Hymer-Zukunft gelassener entgegen. Sie betonen die jahrelange wirtschaftliche Erfolgslage des Bad Waldseer Unternehmens und vertrauen den Entscheidungsträgern. Allen gemein ist, dass sie auf eine positive Zukunft im Hause Hymer hoffen und einen rücksichtslosen Finanzinvestor – auch bekannt als Heuschrecke – fürchten. Wie sich die strategische Ausrichtung im Detail präsentiert, ist ein gut behütetes Geheimnis der Unternehmensspitze.
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