Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Trommlerball kommt nach Hause
Freude pur: Nach 30 Jahren feiert das Trommlerkorps erstmals wieder in Ravensburg
(bas) - Zum Abschluss des Rutenfests feiert das „Troko“traditionell am Donnerstag danach mit dem Trommlerball ein rauschendes Fest. Und weil gar alles so prächtig zusammengefunden hat, blickt man überall in die strahlenden Gesichter von Trommlern, Ehemaligen, Eltern, Freunden und Bekannten. Alle hatten sie sich aufgerüscht, um dem Rutenfest 2018 mit dem Ball einen letzten Höhepunkt zu verpassen.
Viele Ahs und Ohs sind zu hören, am frühen Abend, als die Gäste auf das Gelände der Oberschwabenhalle drängen. Zum einen heißen Cocktailstände, eine Sektbar und ein hübsch beschirmter Dinnerbereich die etwa 800 Ballbesucher vor dem Haupteingang willkommen. Zum anderen gelten die anerkennenden Äußerungen der Clubversion der Oberschwabenhalle. Denn was viele nicht wissen: Die Halle kann durchaus schick sein. Die Betonränge sind abgehängt mit Hunderten von Metern an schwarzem Tuch, das Licht ist gediegen gedimmt, die Dekoration auf blau-weißes Heimatgefühl getrimmt. Von der Decke ringeln sich weiße Papierspiralen. Hallenmittig ist ein PVC-Teppich verklebt, der täuschend echtes Tanzparkett imitiert. Selbst die Getränkekarten kommen in edler Rutenfest-Optik daher. Zwischen den Gläsern liegen Puzzleteile. In Blau und Weiß.
Ein hartnäckiges Gerücht
Weitaus farbiger, aber nicht minder bestaunenswert sind die Roben der Damen. Die Trommlerbräute – zu erkennen an den Handsträußchen – huschen in glitzerndes Gold, edles Schwarz oder trendiges Nude gewandet durch die Menge an ebenso angehübschten Gästen: Mann trägt dunklen Anzug, gerne oben mit Krawatte und unten mit Budapestern. Handgenäht, wer es sich leisten kann. Die Damen führen ihre YSL-Tasche oder die Prada-Clutch zu High Heels und einem Red-Carpet-tauglichen Abendkleid aus. Immerhin gibt es im regulären Jahresturnus in Ravensburg selten Gelegenheit, die ganz großen Roben auszuführen. Hartnäckig hält sich das Gerücht, eine der Trommlerbräute habe ihr Kleid in Cannes gekauft. Wahrscheinlich, um den Shopping-Trip einer der letztjährigen Bräute nach New York zu toppen, tuschelt eine der Besucherinnen.
Otto Dämpfle, in der Troko-Gemeinde kurz „Humpi“genannt, steht noch lange zwischen den Gästen, während der Rest des Trokos dem Vernehmen nach in den Katakomben der Oberschwabenhalle vorglühe. Nervös sei er nicht, lässt er verlauten, dabei hätte er allen Grund. Schließlich ist es Dämpfle als Rutenhauptmann und Chef der 34 Mann starken Truppe, der für die Organisation des Trommlerballs verantwortlich zeichnet. Wohlerzogen, ja beinahe weltmännisch zieht der Abiturient (Schnitt 1,5) vor jedem Händedruck mit Gästen die weißen Handschuhe ab, begrüßt galant Damen und Herren von Rang und Namen, und auch die knapp 25-minütige Rede zu Beginn des Balls meistert er fehlerlos.
Dämpfle vergisst keinen der „Unterstützer und Gönner“, lässt seine Mannen den Zapfenstreich Nummer 18 für Oberbürgermeister Daniel Rapp und den kurzen mit der Nummer zwei für die Bredl-Familie Giesecke aufspielen. Auch für seine Trommlerfamilie hat der 19-Jährige liebevolle Worte parat: Die Gäste hören amüsiert von „Romanos niedlichem Grinsen“und Lucas harter und zeitaufwendiger Aufgabe beim Adlerschießen und applaudieren schließlich gerne Dämpfles gelungener Hommage an das Fest der Feste „in unserer geliebten Heimatstadt“. OB-Gattin Elisabeth Rapp eröffnet im Anschluss traditionell mit dem Schützenvater und einem Wiener Walzer den Ball, das Troko samt Bräuten tanzt wie immer die Francaise, die fünfköpfige Tanzband bringt Oldies von Julio Iglesias und Hildegart Knef zu Gehör.
Den vielleicht schönsten Moment des Abends aber beschert noch einmal das Troko selbst: Nach einer Tanzchoreografie auf Walt-DisneyKlassiker (bei der Tam Romano Wagner als Balu, der Bär, binnen eines kurzen Augenblicks das ganze Publikum bezirzt) bescheren die Top-drei (also die Oberchargen Otto Dämpfle, Luca Liewig und Romano Wagner) mit ihren Bräuten einen echten Gänsehautmoment. Die sechs jungen Menschen tanzen einen Contemporary. Ganz großes Kino am Ende eines gelungenen Rutenfests 2018. Dann erst fällt alle Anspannung ab. Dann erst entledigen sich alle Trommlerbräute ihrer langen Roben, schlüpfen in flache Schuhe. Dann erst wird so richtig Troko-like gefeiert. Bis zum traditionellen Trommlerball-Frühstück am Freitagmorgen.