Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der eine Euro
Ein Euro. Was bekommt man heute nicht alles für einen Euro? Vielleicht eine Kugel Eis? Oder aber unzähligen Krimskrams, den kein Mensch braucht und der doch irgendwie nachgefragt wird. Anders wären die zahllosen Ein-Euro-Läden gar nicht zu erklären, die es mittlerweile in beinahe jeder Innenstadt gibt. Oder aber ungesundes Essen? Eine große Fastfoodkette hat gar ein ganzes Programm mit Burgern, Getränken oder Pommes für jeweils einen Euro aufgelegt.
In anderen Fällen wird der eine Euro als symbolischer Wetteinsatz für eine schier unschaffbare, völlig absurde oder unfassbar peinliche Aufgabe ausgelobt. In eine ähnliche Richtung geht wohl die jüngste Aktion der Stadtverwaltung beziehungsweise des Gemeinderats. Er hat Weingartens gesamtes Straßenbeleuchtungsnetz für einen Euro an die Technischen Werke Schussental (TWS) verkauft. Gut, damit werden jährliche Reparatur- und Wartungskosten im sechstelligen Bereich eingespart.
Dennoch taten sich auch viele Stadträte schwer, etwas für einen symbolischen Euro abzugeben, was der Stadt gehört – gerade angesichts der klammen Stadtkasse. Doch von solchen gedanklichen Barrieren muss man sich in der heutigen Welt einfach lösen. Schließlich haben früher auch immer Bettler gefragt: „Haste mal ne Mark? Das wäre heute sicherlich ein Euro. Wie manch ein Bettler wohl darauf reagieren würde, wenn man ihm das Weingartener Straßennetz anstelle eines Euros anbieten würde?