Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zwischen Studium und Miss-Wahlen
Anna Hafner studiert an der PH und will im Internet Karriere machen
WEINGARTEN - Anna Hafner sitzt im Hörsaal und lächelt in die Kamera ihres Smartphones, den Arm weit von sich gestreckt. Noch kurz die Frisur korrigieren, dann drückt sie den Aufnahmeknopf. Es wird eine kurze Video-Nachricht an ihre Fans, bevor die Vorlesung beginnt. 60 000 Follower hat Anna Hafner auf Instagramm. Sie ist amtierende Miss Baden-Württemberg, studiert Lehramt an der Pädagogischen Hochschule in Weingarten und war bereits in der RTL-Show „Team Ninja Warrior“zu sehen. Jeden Tag veröffentlicht die 19-Jährige neue Fotos und Videos. Am Wochenende ist ihr Terminkalender meist prall gefüllt mit Events und Foto-Shootings.
„Ich will auf jeden Fall irgendwann in meinem Leben als Lehrerin arbeiten“, sagt Anna Hafner. „Vielleicht nicht jetzt sofort. Aber vielleicht, wenn ich später selbst einmal Kinder habe.“Denn bis dahin will sich Anna Hafner vor allem auf ihre Karriere im Internet konzentrieren. Während des Studiums arbeitet sie im Nebenerwerb als Influencerin – nach dem Bachelor soll es ihr Hauptberuf werden.
Ganz einfach ist es nicht, Studium und Internet-Karriere unter einen Hut zu bringen. Wenn eine Pflichtvorlesung und ein Instagramm-Termin aufeinanderprallen, muss Anna Hafner entscheiden, was ihr wichtiger ist. „Oft ist das dann Instagramm und ich hole die Vorlesung nach“, sagt sie. Ansonsten gilt: „Morgens Studium, nachmittags Influencer.“Denn zumindest bis zum Bachelor will Anna Hafner ihr Studium durchziehen – auch als Absicherung. Viele ihrer Freunde arbeiten bereits als Influencer. Erst vor Kurzem sei das Profil einer Freundin gehackt worden. Sie sei dann ganz plötzlich ohne Haupteinnahmequelle dagestanden.
Wenn Anna Hafner mittags von der Hochschule nach Hause kommt, kocht sie erst einmal. Immer dabei: das Smartphone. Denn oft bekommt sie von Lebensmittelherstellern Produkte zur Verfügung gestellt – Pizzaböden, Fitness-Getränke oder verschiedene Teesorten zum Beispiel. Sie soll die Produkte testen und auf ihrem Instagramm-Profil darüber berichten. Damit kann sie dann Geld verdienen. Also wird beim Kochen fleißig fotografiert, gefilmt und kommentiert.
„Ich mache immer vorher aus: Wenn ich meine Erfahrung berichte, dann auch die ehrliche“, sagt Anna Hafner. Ihr ist es wichtig, nur über Produkte zu schreiben, die sie vorher auch testen konnte. „Sonst wirke ich auch nicht mehr authentisch.“Weil sie immer ihre eigene Meinung berichten kann, findet Anna Hafner ihren Wunschberuf auch nicht oberflächlich. Vorurteile gibt es trotzdem immer wieder, weiß die junge Frau. Gemeine Kommentare lässt sie aber nicht mehr an sich heran. „Wenn die Kritik konstruktiv ist, versuche ich, mich zu verbessern“, sagt sie.
Auch ihre Eltern hätten zunächst Bedenken gehabt. „So ist es aber immer am Anfang“, findet sie. Der Beruf „Influencer“sei für viele einfach noch neu und fremd. Das Handy sei eben immer dabei – da schauen die Leute in der Stadt auch manchmal komisch. Anna Hafner selbst sieht in dem Job „eine künstlerische Art, sein Leben zu zeigen.“Sie findet es schön, „Morgens Studium, nachmittags Influencer“. Zwischendurch ist Anna im Fitnessstudio anzutreffen. Leute inspirieren zu können. „Man muss immer präsent sein“, sagt sie. „Aber wenn man es wirklich will, dann schafft man das auch.“ Im Mai wurde Anna Hafner in Köln zur Miss Baden-Württemberg gekürt.