Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vergifteter Babybrei: Prozess beginnt
54-jähriger mutmaßlicher Erpresser steht am Landgericht Ravensburg wegen versuchten Mordes vor Gericht
FRIEDRICHSHAFEN/RAVENSBURG Der mutmaßliche Supermarkterpresser, der vor einem Jahr vergifteten Babybrei in Lebensmittelmärkten in Friedrichshafen platziert hat, muss sich vom 1. Oktober an vor dem Landgericht Ravensburg verantworten. Angeklagt ist er wegen versuchten Mordes in fünf Fällen, räuberischer Erpressung in sieben Fällen sowie gemeingefährlicher Vergiftung.
Ende September vergangenen Jahres hatte die Polizei den 54-jährigen Mann im Raum Tübingen festgenommen. Die entscheidenden Hinweise hatten die Ermittler wenige Tage nach der Veröffentlichung von Aufnahmen einer Überwachungskamera aus einem der betroffenen Geschäfte in Friedrichshafen erhalten. Nach seiner Festnahme gestand der Mann, insgesamt fünf mit Ethylenglykol vergiftete Gläser Babynahrung in verschiedenen Geschäften in Friedrichshafen platziert zu haben. Darüber hinaus hat er sich zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert.
Laut Anklage soll der Mann in einem per E-Mail verschickten Erpresserschreiben damit gedroht haben, 20 weitere vergiftete Lebensmittel in Geschäften im In- und Ausland in Umlauf zu bringen, falls ihm verschiedene Handelsunternehmen die von ihm geforderte Zahlung von 11,75 Millionen Euro verweigern sollten. Die ersten fünf Gläser Babynahrung sollten seiner Forderung Nachdruck verleihen. Laut Polizei wäre von den vergifteten Produkten, die in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt wurden, jede einzelne Portion tödlich gewesen. Weil die Staatsanwaltschaft das Vorgehen auch im strafrechtlichen Sinne als grausam einstuft und Habgier einer der Beweggründe gewesen sein soll, lautet die Anklage auf versuchten Mord.
Derzeit sitzt der Mann eine eineinhalbjährige alte Haftstrafe wegen versuchter Nötigung, Bedrohung, vorsätzlicher Körperverletzung sowie vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ab. Zu dieser hatte ihn ein Nürnberger Gericht im Spätsommer 2017 verurteilt. Dass er kurz nach dieser Verurteilung noch in Friedrichshafen Babybrei vergiften konnte, ist darauf zurückzuführen, dass das Urteil zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig war und er die Haftstrafe deshalb noch nicht angetreten hatte.
Die Schwurgerichtskammer am Landgericht Ravensburg hat für den Prozess insgesamt sieben Verhandlungstage angesetzt.