Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schiff legt für zwei Fahrgäste erneut an

Erika und Herbert Achberger freuen sich, dass ein Schiff der Weißen Flotte in Meersburg auf sie wartet

- Von Barbara Baur

MEERSBURG - Damit haben Erika und Herbert Achberger nicht gerechnet: Als sie bei einen Ausflug mit dem Schiff in Meersburg umsteigen wollten, hat die „Zürich“nicht nur auf sie gewartet, sondern ist sogar extra einige Meter rückwärts gefahren, um nochmal anzulegen. Das Ehepaar aus Friedrichs­hafen war so perplex, dass es vergessen hat, sich direkt beim Kapitän zu bedanken.

Die Achbergers sind im Sommer viel mit ihren Fahrrädern unterwegs und machen dann schon auch gerne mal eine größere Tour mit den Schiffen der Weißen Flotte. Meistens radeln sie von Friedrichs­hafen nach Meersburg und gehen dann dort an Bord. Doch weil es am vergangene­n Montag so heiß war, entschiede­n sie sich, schon in Friedrichs­hafen aufs Schiff zu steigen. Über Meersburg sollte es in die Schweiz gehen. „Der Haken ist, dass man in Meersburg nur fünf Minuten Zeit hat, um umzusteige­n“, sagt Herbert Achberger. Und weil die Fahrradfah­rer erst nach den Fußgängern aussteigen dürfen, wurde die Zeit sehr knapp. Immerhin müssen die Fahrräder noch auf dem Landungspl­atz zwischen den vielen Leuten hindurch geschoben werden. Das Ehepaar hatte etwa die Hälfte des Wegs zum anderen Landeplatz zurückgele­gt, als das Schiff hupte und ablegte.

„Instinktiv haben wir gewunken“, berichtet Erika Achberger. Eigentlich seien sie nicht davon ausgegange­n, dass das etwas bewirken würde. „Ich habe meinen Augen nicht getraut, aber das Schiff ist dann tatsächlic­h zurückgefa­hren.“Zu diesem Zeitpunkt sei es zwar erst wenige Meter vom Landungspl­atz entfernt gewesen, aber eigentlich sei es doch unüblich, dass ein Schiff erneut anlegt. Immerhin habe es auch einige Minuten gedauert, bis das Schiff wieder vertäut und die Rampe wieder am richtigen Platz war, sodass die beiden Fahrgäste aus Friedrichs­hafen doch noch an Bord gehen konnten. Für das Ehepaar war das eine tolle Erfahrung. „Wir waren so beeindruck­t“, sagt Erika Achberger. „Das Bild habe ich seither immer wieder vor Augen.“Etwas Ähnliches sei ihnen noch nie passiert, obwohl sie mit ihrer Saisonkart­e viel Schiff fahren, ergänzt ihr Mann. Deshalb gelte dem Kapitän ein großes Dankeschön.

Tatsächlic­h ist es recht ungewöhnli­ch, dass ein Schiff, das bereits abgelegt hat, wieder zurücksetz­t. Die Kapitäne der deutschen BodenseeSc­hiffsbetri­ebe (BSB) machen das in der Regel nicht, wie Pressespre­cher Christophe­r Pape erläutert: „Eigentlich ist das nicht vorgesehen.“Die Schiffe seien an ihren Fahrplan gebunden, der auch mit anderen öffentlich­en Verkehrsmi­tteln abgestimmt sei. Schließlic­h benötige ein Schiff zum erneuten Anlegen auch eine gewisse Zeit, sodass die Verzögerun­gen zu groß werden.

Die Schweiz macht’s möglich

Anders ist es bei den Schiffen der Schweizeri­schen Bodensee Schifffahr­t (SBS), zu dem auch das Motorschif­f (MS) „Zürich“gehört, die in Meersburg auf das Ehepaar Achberger gewartet hat. „Wenn es zeitlich drin ist, setzen unsere Schiffe schon mal ein Stückchen zurück“, sagt SBSGeschäf­tsführerin Andrea Ruf. Wenn ein Kapitän bemerke, dass noch Fahrgäste herbeieile­n, könne es durchaus passieren, dass er warte oder sogar ein zweites Mal anlege. Allerdings sei das nicht grundsätzl­ich möglich, weil auch die SBSSchiffe nach einem getakteten und abgestimmt­en Fahrplan fahren. Würde die Verspätung dadurch also zu groß werden, fahre das Schiff weiter. Dies bestätigt auch Erich Hefti, der als Oberkapitä­n bei der SBS selbst auch Schiffe auf dem Bodensee steuert. „Wenn es von der Zeit her einigermaß­en verträglic­h und das Schiff noch nicht zu weit weg ist, machen wir das“, sagt er. Die Reaktionen darauf seien äußerst positiv: „Die Fahrgäste, die dann noch zusteigen dürfen, haben eine Riesenfreu­de.“

Bei dem Kollegen, der am Montag die „Zürich“steuerte, sei der Dank von Erika und Herbert Achberger übrigens schon angekommen, berichtet Hefti: „Er freut sich über solch eine positive Resonanz.“

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FOTO: BARBARA BAUR „Instinktiv haben wir gewunken“: Erika und Herbert Achberger freuen sich darüber, dass ein Schiff in Meersburg für sie noch einmal ein Stück zurückgefa­hren ist, damit sie mit ihren Fahrrädern noch an Bord gehen können.

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