Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ravensburgs jüngster Museumsführer
Gabriel Braig zeigt Besuchern die aktuelle Sonderausstellung im Humpisquartier
RAVENSBURG - Gabriel ist so ganz anders, als man sich einen Museumsführer vorstellt. Seine Haare sind lang und blond. Statt Anzug und Krawatte trägt er bunt gestreifte, kurze Hosen mit Flip-Flops und ist 13 Jahre jung. Seit Mai führt Gabriel Braig wieder durch das Museum des Humpisquartiers Ravensburgs und begleitet die aktuelle Sonderausstellung „Die Humpis in Avignon – Zucker erobert Europa“.
Sein Lieblingsfach ist Geschichte
Souverän bringt der 13-Jährige seinem Publikum die Bedeutung der berühmten Rhône-Brücke für den damaligen Handel, den Einzug der Päpste in ein Leben im Überfluss in Avignon und die Ankunft deutscher und italienischer Handelsfamilien nahe, während er sich beiläufig die Haare aus dem Gesicht schiebt. Damit ist der Spohn-Schüler mit Lieblingsfach Geschichte mit seinem Latein aber noch lange nicht am Ende. Weiter erörtert er die besondere Rolle des Luxusgutes in der damaligen Gesellschaft, dessen aufwändige Herstellung durch die Humpis-Familie im spanischen Valencia sowie seine Anwendung in der zeitgenössischen Kunst und Medizin. Den Niedergang des europäischen Zuckerhandels durch die in der neuen Welt entstehende Zuckerindustrie und den Wandel des exotischen Luxusgutes zum Massenprodukt.
Die Routine, mit der der junge Museumsführer vor der Gruppe steht, überrascht kaum, immerhin begleitet er bereits seit drei Jahren Sonderausstellungen. Im Jahr 2015 führte der damals Zehnjährige erstmals Besucher durch das Thema „Die Humpis in Barcelona“, im folgenden Jahr durch „1000 Jahre Spielkultur in Ravensburg“. „Am liebsten hätte ich auch eine Führung zum Hexenwahn gegeben, aber dabei ist meinen Eltern unwohl gewesen“, so der 13-Jährige. „Stattdessen wollte ich dann die Führung zum Dreißigjährigen Krieg machen, das hat mich dann selber überrascht, dass ich die Führung machen durfte. Aber die hat mir bisher auch am besten gefallen.“Die diesjährige Avignon-Ausstellung dagegen hält er für die bisher schwierigste Führung. Das liege an der Raumgestaltung, die es schwer machen würde, die Übergänge zwischen den Räumen zu gestalten.
Dabei hat Gabriel nicht nur langjährige Erfahrung, er ist auch immer gut vorbereitet. „Vor jeder neuen Ausstellung komme ich drei bis vier Mal ins Museum und gehe die Führung durch“, so der Schüler. Dazu kommen dann noch ein bis zwei Probeführungen, die er seinen Eltern gibt. Bei der ersten Führung sei er dann trotzdem sehr nervös. Aber das werde mit jedem weiteren Mal besser, erklärt der Junior-Museumsführer.
Dabei scheint seine anfängliche Unruhe unbegründet. Schließlich habe es in all den Jahren erst einmal eine Rückfrage während einer Führung gegeben, für die er aus dem Stegreif keine Antwort parat hatte. „Das war in einer Führung zum Dreißigjährigen Krieg“, erinnert sich Gabriel. „Da war im Hintergrund eines Gemäldes ein Bild von einer Schlacht, und ein älterer Herr wollte wissen, was für eine Schlacht das war.“
Die nächsten Führungen gibt Braig am 5. und 9. September jeweils um 11 Uhr.