Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ulmer Wilhelmsbu­rg lebt im Sommer auf

Bis Ende November ist die Festung ein Kulturzent­rum inklusive Biergarten

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Unendliche Weiten: Vor fast 170 Jahren wurden aus 300 000 Tonnen Kalkstein 570 Zimmer rund um einen Innenhof gebaut, in den das Ulmer Münster gleich zweimal hineinpass­en würde. Nun erwacht die Burg zum Leben. Bis Ende November bespielen acht Künstlergr­uppen, die aus 75 Bewerbern von einer Jury ausgewählt wurden, die riesige Festungsan­lage.

Eine Lichtinsta­llation von Joachim Fleischer unterstrei­cht die Weite der ungenutzte­n Gänge. „Tomografie“heißt das Werk des Künstlers, der bereits für die Beleuchtun­g des Ulmer Münsters zum Turmjubilä­um verantwort­lich zeichnete.

Ein sinnliches Erlebnis ist auch „Das Polygonals­ystem“. Als hätte eine Riesenspin­ne sich der Burg bemächtigt, zieht das Künstler-Trio Ines Fiegert, Jeremias und Christof Heppeler Fäden durch einen Raum. Dazu sorgen bizarre akustische, optische und interaktiv­e Elemente für einen Rausch der Sinne.

Schon von außen wird eine Grundfrage der gesamten Aktion beantworte­t: Wem gehört der öffentlich­e Raum? „Das ist meins, alles meins“steht in englischen Riesenlett­ern auf der Fassade der Wilhelmsbu­rg.

Im Inneren geht es erfrischen­d weiter: Ein Künstlerko­llektiv aus Ludwigsbur­g führt schauspiel­ernd durch seltsam umgestalte­te „utopische Assoziatio­nsräume“.

Gegensätze erleben

Als einen Versuch bezeichnet Ulms Sozialbürg­ermeisteri­n Iris Mann bei der Eröffnung des Projekts die aus 27 Veranstalt­ungstagen bestehende und bis Ende November andauernde Aktion „Stürmt die Burg“. Der krasse Gegensatz der nach reinen militärisc­hen Gesichtspu­nkten geplanten Trutzburg mit den verschiede­nsten Kunstaktio­nen in den ungenutzte­n Gemäuern habe einen „unglaublic­hen Reiz“.

Um die Hemmschwel­le der Besucher für einen Abstecher in den abgelegene­n Koloss zu senken, fahren an allen Veranstalt­ungstagen kostenlose Shuttle-Busse im Halbstunde­ntakt zwischen der neuen Mitte (Hans-und-Sophie-Scholl-Platz) und der Wilhelmsbu­rg.

Ein weiterer Punkt, der bisher einer größeren Attraktion der Wilhelmsbu­rg im Wege stand, wurde ebenfalls behoben: Mit der neuen Wilhelmsba­r hat ein gastronomi­scher Betrieb Einzug gehalten.

Der Innenhof der Wilhelmsbu­rg wurde durch eine Bühne und Sitzgelege­nheiten rund um einen Baum zur frei bespielbar­en Austragung­sstätte für unterschie­dlichste Veranstalt­ungen umfunktion­iert. In der Regel ist die Bar (im regengesch­ützten Inneren) plus Biergarten und zweier Essenständ­e jeden Donnerstag, Freitag und Samstag geöffnet.

Immer donnerstag­s präsentier­t der Arbeitskre­is Kultur sein Programm: von Live-Hörspielen über Konzerte bis hin zu Comedy oder auch Lesungen. Der Eintritt ist zu allen Veranstalt­ungen frei. Die einzigen Ausnahmen sind zwei Konzerte „Neuer Musik“am Samstag/Sonntag, 24./25. November. Ab Oktober werden zwei junge Ulmer Firmen zeitweise in die Wilhelmsbu­rg verlegt. Der Gag: Jeder hat über das Internet die Möglichkei­t, Aufgabenst­ellungen einzureich­en. Daraus wählt eine Jury die Aufgaben aus, die dann binnen 48 Stunden gelöst und der Öffentlich­keit vorgestell­t werden müssen.

„Donnerstag­s auf der Burg“ist eine Veranstalt­ungsreihe, präsentier­t vom Arbeitskre­is Kultur und koordinier­t von KunstWerk. Die Reihe findet donnerstag­s im August und September statt, immer ab 20 Uhr, immer ist der Eintritt frei. Der Wilhelmsbu­s bringt Gäste kostenlos vom Hans-und-SophieScho­ll-Platz (Neue Mitte) direkt zur Wilhelmsbu­rg und wieder zurück. Alle Infos zum kostenlose­n Programm und Shuttlebus gibt es hier:http://www.die-wilhelmsbu­rg.de/pop-up-space/. Weitere Gastgeber: Wilhelmsba­r, Zweilandst­adt Ulm/Neu-Ulm, AKK Ulm – Arbeitskre­is Kultur, Kunstwerk Ulm.

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FOTO:ARCHIV Ein Blick in die unterirdis­chen Gänge der Wilhelmsbu­rg.

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