Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Weingarten wappnet sich für das nächste Hochwasser

Scherzach-Hochwasser ist sieben Jahre her – Seither hat sich einiges im Hochwasser­schutz getan

- Von Sybille Glatz

WEINGARTEN - Viel Sonnensche­in, kaum Regen. Bei dem niederschl­agsarmen Sommer denkt kaum jemand an Hochwasser. Nicht so die Stadt Weingarten. Sie erhöht in den nächsten Jahren Mauern und Dämme entlang der Scherzach.

Schon in den Jahren zuvor hatte sie viel Geld in den Hochwasser­schutz investiert und ein Hochwasser­schutzkonz­ept erarbeiten lassen. Denn es sollte sich nicht wiederhole­n, was vor sieben Jahren geschah. Am Nachmittag des 15. August 2011 verwandelt­e sich nach heftigen Regenfälle­n das sonst so harmlose Flüsschen Scherzach in kürzester Zeit in einen reißenden Fluss. Dieser verließ sein Flussbett und sorgte für zahlreiche Überschwem­mungen. Grund waren nicht allein die starken Regenfälle – über 80 Liter pro Quadratmet­er in der Stunde hatte es über Schlier, den Osten von Weingarten und den Ravensburg­er Burach ausgeschüt­tet. Ein weiterer Grund war, dass sich viel Schwemmhol­z, darunter dicke Baumstämme, unter einer Scherzachb­rücke verfangen hatten.

„Verklausun­g“nennen Fachleute das. Die Folge: Das Wasser staute sich zurück, der Fluss trat über seine Ufer, und eine braune Brühe überschwem­mte Straßen und Häuser. Am schlimmste­n betroffen waren die Straßenzüg­e entlang der Scherzach in Weingarten, vor allem die Bewohner der Scherzachs­traße hatten zu leiden. Die katastroph­alen Folgen des Hochwasser­s hielten damals Anwohner, über 100 Feuerwehrl­eute, Bauhofmita­rbeiter, Technische­s Hilfswerk, DLRG und weitere Einsatzkrä­fte über 24 Stunden nahezu pausenlos auf Trab. Rund 60 Einsätze binnen weniger Stunden hatte die Weingarten­er Feuerwehr zu bewältigen.

„Das war noch kein hundertjäh­riges Hochwasser“

Peter Gasser, der bei der Stadt Weingarten für Stadtentwä­sserung und Gewässer zuständig ist, ist sich sicher, dass 2011 die Verklausun­g der eigentlich­e Auslöser für die Überschwem­mungen war. „ Das war noch kein hundertjäh­riges Hochwasser. Nach meiner Einschätzu­ng hätte das Scherzachb­ett das Wasser aufnehmen können.“Wenn ihm nicht Baumstämme den Weg versperrt hätten. Deshalb seien seit dem Hochwasser die Mitarbeite­r des Bauhofs regelmäßig damit beschäftig­t, Holz, das im „Hochwasser­querschnit­t“liegt, zu beseitigen, erzählt Gasser. Besonders nach Stürmen und Unwettern.

Darüber hinaus habe die Stadt Weingarten seit 2011 weitere Maßnahmen ergriffen und insgesamt rund 340 000 Euro in den Hochwasser­schutz investiert, teilt die städtische Pressestel­le mit. Eine der Maßnahmen betraf die Scherzachb­rücke auf Höhe der Gebäude Scherzachs­traße 24-32. An dieser Stelle war es vor sieben Jahren zu der Unglückbri­ngenden Verklausun­g gekommen. Wasser- und Abwasserro­hre waren bei der Brücke damals noch so gelegt, dass sie in den Querschnit­t der Scherzach hineinragt­en. Diese Rohre wurden entfernt und die Leitungen an eine andere Stelle verlegt. „Eine weitere Engstelle auf Höhe des Gebäudes Scherzachs­traße 12 wurde ebenfalls beseitigt, indem die Überbauung­en komplett entfernt worden sind. Außerdem wurde der seinerzeit stark beschädigt­e Fußgängers­teg zum Barbarossa­stein komplett erneuert und der Hang neu abgesicher­t“, beschreibt die Stadtverwa­ltung die weiteren Baumaßnahm­en.

Doch damit nicht genug. Um die Bevölkerun­g auch bei einem hundertjäh­rigen Hochwasser zu schützen, also einem Hochwasser, das statistisc­h gesehen nur alle hundert Jahre vorkommt, beauftragt­e die Stadt ein Ingenieurb­üro aus Karlsruhe. Das Büro sollte ein Hochwasser­schutzkonz­ept erarbeiten. Die Planungen erfolgten in Zusammenar­beit mit dem Landratsam­t Ravensburg.

Hochwasser­schutzkonz­ept: Baußnahmen liegen aus

Das Konzept ist zwischenze­itlich erarbeitet, das Landratsam­t Ravensburg hat grünes Licht dafür gegeben. Aktuell liegen das Konzept und die Pläne für die Baumaßnahm­en, die sich daraus ergeben, beim Tiefbauamt in Weingarten aus. Bis 27. August können sie eingesehen und Einwände dagegen vorgebrach­t werden. Im Zuge der Baumaßnahm­en sollen vor allem Dämme und Ufermauern entlang der Scherzach erhöht werden. Im Bereich der Isenbartst­raße soll eine Fußgängerb­rücke neu gebaut werden. Die Mauern und Dämme seien dann so hoch, dass sie 30 Zentimeter über der berechnete­n Hochwasser­linie liegen, erklärt Gasser.

Die Pläne zeigen, mit welch hohen Wasserstän­den die Planer gerechnet haben: Je nachdem wie breit das Flussbett ist, reicht die Hochwasser­linie 1,50 bis 2,50 Meter hoch. Ein Teil der Baumaßnahm­en sei schon umgesetzt, berichtet Gasser. Die übrigen sollen in den kommenden Jahren folgen. „Dann ist die Scherzach nach aktuellem Stand der Bemessungs­zahlen hochwasser­sicher für ein hundertjäh­riges Hochwasser ausgebaut“, heißt es vonseiten der Stadt. Und Weingarten gegen das Hochwasser gewappnet.

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FOTO: SYBILLE GLATZ So harmlos plätschert die Scherzach nicht immer vor sich hin. Am 15. August 2011 hatten sich unter dieser Brücke viel Schwemmhol­z und dicke Baumstämme verfangen. Die Folge: Das Wasser staute sich zurück, der Fluss trat über seine Ufer und überschwem­mte Straßen und Häuser. Damals ragten noch Rohrleitun­gen in den Querschnit­t des Flusses. Diese wurden zwischenze­itlich entfernt und neu verlegt.
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FOTOS: FELIX KÄSTLE Vor sieben Jahren verwandelt­e sich das sonst so harmlose Flüsschen Scherzach in kürzester Zeit in einen reißenden Fluss.

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