Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Faible für gebrochene Gestalten
Der zweifache Oscar-Preisträger Robert De Niro wird heute 75
FRANKFURT (epd/dpa) - Mit Filmklassikern wie „Der Pate II“und „Taxi Driver“wurde er zur HollywoodLegende. Aber bekannt ist Robert De Niro, der heute 75 Jahre alt wird, nicht nur als Darsteller tougher Typen, sondern auch als scharfzüngiger Trump-Kritiker. Erst im Juni machte er Schlagzeilen, als er bei der Verleihung der Tony-Awards den US-Präsidenten mit „Fuck Trump!“attackierte. Das brachte ihm Standing Ovations des Publikums – und einen empörten Tweet von Donald Trump: De Niro habe wohl zu viele Schläge von echten Boxern abbekommen – eine Anspielung auf dessen Rolle im Boxerfilm „Wie ein wilder Stier“.
Vor der Kamera ist De Niro dieser Tage aktiver denn je. Neben der Großvater-Komödie „War With Grandpa“ist gerade „The Irishman“abgedreht. Mit De Niro, Al Pacino, Joe Pesci und Harvey Keitel hat Martin Scorsese für den Mafiathriller ein altbewährtes Team zusammengetrommelt. Es ist der neunte gemeinsame Spielfilm der Altmeister De Niro und Scorsese, nach Klassikern wie „Good Fellas“und „Casino“. De Niro spielt darin den Auftragsmörder Frank „The Irishman“Sheeran, dem nachgesagt wird, mehr als 25 Morde begangen zu haben. Der Film soll 2019 herauskommen.
Akribisch auf Rollen vorbereitet
Robert De Niro hat in rund 115 Filmen mitgespielt und viele durch seine intensive Darstellung geprägt. Er bereitet sich akribisch auf jede Rolle vor, hat den Ruf, sich gleichsam instinktiv in die jeweilige Figur zu verwandeln – in den psychisch gestörten Vietnam-Veteran Travis Bickle in „Taxi Driver“(1976)76) oder den psychopathischen Quälgeist Max Cady in „Kap der Angst“(1991). „Als Schauspieler kann ich ein ganz anderer sein, ohne einen großen Preis für dieses andere Leben zu zahlen“, sagt er über sich.
In dem Mafia-Film „Die Unbestechlichen“(1987) tritt er als Al Capone mit Halbglatze und so massig wie dieser vor die Kamera. Und um das tragische Scheitern des Boxers Jake LaMotta in Martin Scorseses Klassiker „Wie ein wilder Stier“(1980) überzeugend zu vermitteln, absolviert er ein Box-Training und futtert sich 30 Kilo Übergewicht an.
Geboren wurde Robert Anthony De Niro Jr. 1943 in New York. Für ihn ist das auch heute „die aufregendste Stadt derWelt“. Die Mutter schreibt, der Vater ist expressionistischer Maler und Bildhauer – „ein komplizierter Mann“, wie der Junior sagt. Ro- bert De Niro will Schauspieler werden. Er nimmt Unterricht, tingelt durch Provinztheater und geht zu allen offenen Castings: „Ich hatte nicht mal einen Agenten.“Der Durchbruch kommt 1970: Roger Corman engagiert den jungen De Niro für den Gangsterfilm „Bloody Mama“als drogensüchtigen Sohn der Bandenchefin Ma Barker. Bald darauf steht er im Großstadtdrama „Hexenkessel“neben Freund Harvey Keitel vor der Kamera. Unverwechselbar ist seine Stimme: rau, brüchig mit sarkastischem Unterton. Dieses ganz Besondere bringt Christian Brückner als De-Niro-Sprecher in der deutschen Synchronisation der Filme perfekt zum Ausdruck. Seit „Der Pate II“(1974) ist Brückner De Niros deutsche Stimme.
Komödiantische Ausflüge
Lange hatte er ein Faible für unangepasste, schwierige Charaktere, für gebrochene Gestalten und Außenseiter, für Macho-Typen. Doch 1999 entdeckte er ein neues Genre – die Komödie. Vergnüglich parodiert er sein Macho-Image. In „Reine Nervensache“glänzt er als Mafia-Boss, den Potenzprobleme zum Psychotherapeuten treiben. In „Meine Braut, ihr Vater und ich“ist er ein launischer Schwiegervater in spe. Einen PC-fernen Rentner, der dank einer Beschäftigungsinitiative für alte Menschen als Praktikant ausgerechnet in einer Online-Modefirma anheuert, gibt er in „Man lernt nie aus“(2015). Natürlich verzweifelt er am Bildschirm, kann aber seiner überlasteten Chefin mit praktischer Alltagsintelligenz helfen. Dabei spielte er auch die ein oder andere flachere Rolle, so etwa in „Dirty Grandpa“.
Mit seiner zweiten Frau Grace Hightower lebt der Schauspieler, Vater von fünf Kindern aus drei Beziehungen, in New York. Er hält der Stadt die Treue und betreibt dort mit seiner Produktionsfirma Tribeca das gleichnamige Filmfestival. De Niro hatte es nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 initiiert, um bei der Wiederbelebung der wirtschaftlich angeschlagenen Gegend im Süden von Manhattan zu helfen.
In seiner langen Karriere wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit zwei Oscars, für „Wie ein wilder Stier“und „Der Pate II“, einem Berlinale-Bären oder jüngst der Ehrendoktorwürde der Brown University. Eine Auszeichnung fehlte ihm indes noch – ein Stern auf dem legendären Hollywood Walk of Fame. Im kommenden Jahr wird De Niro auch diese Ehre zuteil.