Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie weit darf der Sicherheit­sdienst gehen?

Besucher der Allgäuer Festwoche in Kempten werfen Sicherheit­sdienst vor, zu hart durchgegri­ffen zu haben

- Von Klaus Kiesel

KEMPTEN - Greift das Sicherheit­spersonal der Festwoche am Abend in manchen Situatione­n zu hart durch? Diesen Vorwurf erheben zumindest zwei Betroffene nach Vorfällen am ersten Wochenende. Ein Mann erlitt dabei einen Jochbeinbr­uch. Ein Bekannter des Besuchers kritisiert, dass ein Security-Mitarbeite­r mit Fäusten auf den Mann eingeschla­gen habe, als der am Boden lag. Zuvor hatte der alkoholisi­erte Besucher die Sicherheit­skraft gebissen.

42 000 Abendbesuc­her kamen bis Dienstagab­end auf die Festwoche. Größere Zwischenfä­lle waren dabei die Ausnahme. Diesen Eindruck hatten auch Mitarbeite­r unserer Redaktion bei einem Rundgang am Dienstagab­end. Sie beobachtet­en nur kleinere Delikte – so hatte beispielsw­eise ein Jugendlich­er zu tief ins Glas geschaut. Das Personal brachte ihn ins Sicherheit­szentrum, die Polizei stellte die Personalie­n fest und verständig­te die Eltern.

Dennoch bleibt die Frage, wie weit der Sicherheit­sdienst gehen darf, insbesonde­re wenn sich Betrunkene den Anweisunge­n der Mitarbeite­r widersetze­n. Eine Antwort darauf hat Markus Asbach, Vizechef der Polizeiins­pektion Kempten: Bei solchen Vorfällen gelte grundsätzl­ich das sogenannte Jedermanns­recht, das gesetzlich in der Strafproze­ssordnung verankert ist. Wenn ein Bürger – dazu zählt Asbach auch Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes – eine Straftat beobachtet, dürfe er den Täter festhalten, bis die Polizei kommt. Und zwar, wenn nötig, auch gewaltsam. Dieses Festhalten dürfe aber nicht mit allen Mitteln durchgeset­zt werden und nur so lange dauern, bis die Identität des Täters festgestel­lt ist.

Dabei gelte allerdings das „Prinzip der Verhältnis­mäßigkeit“, sagt Asbach: Begeht der Täter etwa eine relativ geringe Tat, so dürfe er keine schweren Verletzung­en davontrage­n. Greift ein Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdiensts zu hart ein, ermittle die Polizei im Nachhinein gegen ihn. Auch nach den jüngsten Vorfällen bei der Festwoche wurden bereits Zeugen vernommen. Erhärtet sich ein Verdacht, landet der Fall bei der Staatsanwa­ltschaft und gegebenenf­alls vor Gericht.

Bis zu 30 Beamte im Einsatz

Die Polizei ist laut dem Sicherheit­skonzept für die Festwoche mit 20 bis 30 Beamten, je nach Besucheran­drang, im Stadtpark und im Stadtgebie­t im Einsatz. An einzelnen Tagen hilft die Bereitscha­ftspolizei aus. Am Abend sind zudem zwei Streifen mit je zwei Mitglieder­n der Sicherheit­swacht unterwegs. Sie sollen auch außerhalb des Festgeländ­es Präsenz zeigen und sich um den Jugendschu­tz kümmern.

Darüber hinaus betreue ein Sicherheit­sdienst aus dem Unterallgä­u den Tag- und Nachtbetri­eb, sagt Festwochen­leiterin Martina DufnerWuch­er. Und für den Abendbetri­eb ab 18 Uhr sei seit 2013 ein Unternehme­n aus Memmingen zuständig. Diese Firma habe langjährig­e Erfahrung und unter anderem heuer das Kemptener Stadtfest betreut. Außerdem sei es bei Großverans­taltungen üblich, Subunterne­hmer zu beschäftig­en, eine Firma allein könne das Pensum nicht stemmen. Die Polizei prüfe im Vorfeld das Sicherheit­spersonal, das entspreche­nd geschult und ausgebilde­t sei. Hierbei gelten Vorgaben der sogenannte­n Bewachungs­verordnung und der Gewerbeord­nung. Die Mitarbeite­r müssten sich freilich an die Vorschrift­en halten.

Die Ausschreib­ung für den Sicherheit­sdienst enthält Dufner-Wucher zufolge „neben preisliche­n auch qualitativ­e Bewertungs­kriterien“. Diese haben einen Anteil von 60 Prozent und seien somit maßgeblich für die Vergabe. Wie viele Kräfte des Sicherheit­sdienstes im Einsatz sind, darf die Festwochen­leiterin „aus sicherheit­staktische­n Überlegung­en“nicht sagen. Sie arbeiten allerdings eng mit der Polizei zusammen und sprechen sich täglich ab.

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