Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Acht künstlerische Positionen
Neue kontrastreiche und kontroverse Ausstellung „8 Frauen“in der Galerie 21.06 eröffnet
RAVENSBURG - Acht Künstlerinnen versammelt die neue Ausstellung „8 Frauen“in der Galerie 21.06. Vier leben und arbeiten in Berlin, drei stammen aus der Region, sechs konnten zur gut besuchten Vernissage kommen. Ravensburg hat durch Ausstellungen und die Zusammenarbeit mit Andrea Dreher bereits seit Jahren für einige von ihnen seine Bedeutung. Ein weiteres Bindeglied in der „Brücke RavensburgBerlin“ist der CDU-Politiker Axel Müller, vorher Richter und Staatsanwalt in Ravensburg und seit Oktober 2017 Mitglied des Bundestags.
Beim Überblick über die bisher gezeigten Ausstellungen, so die selbst aus Berlin stammende Galeristin Stefanie Büchele in ihrer Begrüßung, sei ihnen beiden klar geworden, dass Künstlerinnen bisher unterrepräsentiert gewesen seien. In einem Vorgespräch in Berlin hätten sie zusammen mit den Künstlerinnen und einer Redakteurin vom Tagesspiegel die Frage erörtert, was Berlin für sie bedeute.
Axel Müller sah die Verbindung zwischen Berlin und Ravensburg als „Harmonie zwischen der Großstadt und der hiesigen Region“und die 2017 zur Sonnenwende eröffnete Galerie als einen „Ort der Kunst und der Magie“. Andrea Dreher übernahm die Vorstellung der Künstlerinnen, deren Arbeiten in den beiden Galerieräumen, der Kunst-Box und dem kleinen Showroom ihren Platz finden.
Der Blick fällt vom Eingang zunächst auf ein Großformat von Katharina Arndt, 1977 im sächsischen Oschatz geboren, in einer irritierenden Technik mit Lackstift und Acryl auf Lackfolie gemalt. „Girl with axe“von 2014 (170 x110 cm) zeigt ein Model-Geschöpf in weißem Stringbody mit einer langstieligen Axt über der Schulter. Keine Angst, alles Kunststoff, auch das Frauengesicht „Final girl“aus Farblinien in Lila, Rosa und Blau wirkt so real wie eine Leuchtreklame. In der Nähe hängt Arndts eigener Kommentar vor dem Fenster – ein Leuchtobjekt mit den Großbuchstaben „OMG“- oh, my God!, sie hat wohl Humor. Der wiederum verdüstert sich in ihren kleinen Schwarzweißbildern, gestischen und mimischen Studien mit weißem Lackstift auf schwarzer Folie.
Sabine Dehnel, die 2007 in der Columbus Art Foundation in Ravensburg ausgestellt hat, verfährt ganz anders mit ihren Modellen: Sie bemalt sie mit einer pastosen Farbe, bekleidet sie mit handgemachten Sachen und legt ihnen Medaillons mit Fotos berühmter Frauen um den kopflosen Hals. Eine metaphorische Ikone entsteht so in den Fotografien mit toniger Palette.
Größer könnte der Kontrast zu der in Bern arbeitenden Künstlerin Judith Zaugg und ihren illustrativen Comicszenen nicht sein. Ihre differenziert farbenfrohen, unplakativ witzigen Figuren ziehen nicht nur Kinderaugen magisch an. Bettina Sellmann nahm bereits an der Eröffnungsausstellung der Galerie teil: Wie flüchtig vorüberhuschende Schemen wirken die nur vage erkennbaren Figuren auf ihren Gemälden, mit verdünnter Acrylfarbe auf weißem Grund und zusätzlich mit einem Schleier verhüllt ist die „Dia-Ikone“.
Karin Brosa, aus Tettnang stammend, kam von der Pharmazie zu Malerei und Graphik und leitet an der Universität Duisburg-Essen die Druckwerkstätten. Ihre fein gearbeiteten Radierungen von Tieren und skurrilen Motiven rufen die Erinnerung an leider in Vergessenheit geratene Techniken wach.
Zwei Bildhauerinnen sind auch dabei: Susanne Kraisser steht für feingliedrige Bronzefiguren mit geschlossener Oberfläche und zeitloser Ästhetik, Silvia Jung-Wiesenmayer formt aus Stein eine wie Plissee gefaltete Figur oder ein Stück liegende Stoffdraperie, zurückhaltend in Farbe und Material und doch markant.
Mit Kathrin Landa ist eine gebürtige Ravensburgerin vertreten, die es ebenfalls nach Berlin zog. Ihre Portraits bezeichnet sie selbst als „naturalistisch“, aber ihre faszinierenden Ölgemälde, in denen sie die Farbe sinngebend einsetzt wie zum Beispiel in den himmelblau strahlenden Augen von „Roman Knižka“vor einem Delfter Fliesengrund, brauchen kein Label. Sie sind nichts anderes als genaue Darstellungen einer unverwechselbaren Persönlichkeit, eines lebendigen Menschen.